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Nach der Klimakonferenz in Belém ist der Frust groß. Dabei liegen die Lösungen längst auf dem Tisch – nur nutzen wir sie nur nicht genug, sagt Wissenschaftsjournalist Dirk Steffens. Eine motivierende Folge gegen Klimadepressionen.

Die Weltklimakonferenz in Brasilien war ein Flopp, das sagen nicht nur Klimaaktivist*innen und Forschende, sondern auch Dirk Steffens. Der Wissenschaftsjournalist beschäftigt sich seit über 30 Jahren mit Umweltthemen.

Er sieht aber seit ein paar Jahren ein strukturelles Problem der Konferenz: Die Fixierung auf eine gemeinsame Schlusserklärung. Daran würde dann, insbesondere in den Medien, gemessen, ob die Konferenz erfolgreich war oder nicht. "Das ist eine Einladung an die Lobbyisten der Welt, der fossilen Industrien und der Staaten wie Saudi-Arabien, Russland oder der USA, also die Länder, die jetzt viel Geld mit fossilen Energieträgern verdienen, genau diese Schlusserklärung zu torpedieren und damit den Fortschritt zu verlangsamen", sagt er.

Nach Ansicht von Dirk Steffens gibt es aber viele andere Möglichkeiten, Klimaschutz umzusetzen. Zieht der Wissenschaftsjournalist Bilanz der vergangenen Jahrzehnte, "dann haben wir sehr große Fortschritte gemacht". Beispiel: Im ersten Halbjahr 2025 wurde zum ersten Mal mehr Strom aus Wind und Sonne als aus Kohle produziert.

"Es gibt ökonomische und nationale Fortschritte, die in der Summe vielleicht sogar viel mehr bringen als das große internationale Verhandeln."
Dirk Steffens, Wissenschaftsjournalist

Aus der COP30 nimmt Dirk Steffens positiv mit, dass es nun mehr Geld für die Länder des globalen Südens für die Klimaanpassungen und für den Regenwald einen Waldfonds gibt, mit dem dessen Schutz finanziert werden soll. "Zum ersten Mal wurde jetzt auch die zentrale Rolle Indigener für den Klimaschutz bei dieser Konferenz festgeschrieben", ergänzt der Wissenschaftsjournalist.

Die Bedeutung der Weltklimakonferenz

Unsere Korrespondentin für die COP30, Anne Herrberg, hält die Weltklimakonferenzen nach wie vor für wichtig. Denn nur dort komme die Weltgemeinschaft zusammen, um gemeinsam Probleme und Lösungen auszuhandeln. Das bedeute eben auch, dass man mit Ländern wie Saudi-Arabien oder Russland an einem Tisch sitzen müsse.

"Das ist das einzige Forum, das wir auf dieser Welt haben, gemeinsam am Tisch zu sitzen und gemeinsam über gemeinsame Probleme zu sprechen."
Anne Herrberg, ARD-Korrespondentin für die COP30

Als Erfolg wertet die Korrespondentin, dass der Multilateralismus, also die Zusammenarbeit vieler Staaten, funktioniert trotz des Ausstiegs der USA aus den COP-Verhandlungen. Doch es habe sich gezeigt, dass der Ausstieg aus den fossilen Energiequellen ein zu dickes Brett für ein gemeinsames Abschlussdokument sei, beziehungsweise Staaten wie China auch deutlich machten, dass das eine rote Linie sei. Sie hätten sonst das Abschlussdokument nicht mitgezeichnet und die Konferenz wäre geplatzt, sagt Anne Herrberg.

Alternative zum Abschlussdokument

Deshalb bereite die brasilianische Präsidentschaft der COP30 ein Instrument vor, dass den Staaten ermöglicht, auf freiwilliger Basis aus den fossilen Energien wie Öl, Kohle und Gas auszusteigen.

Zu diesem freiwilligen Ausstieg aus den fossilen Energien wird 2026 in Kolumbien eine Konferenz stattfinden und das Thema wird auch die kommende Weltklimakonferenz beschäftigen. Anne Herrberg glaubt, dass in Zukunft immer mehr Staaten aus den fossilen Energien aussteigen werden, weil es sich auch wirtschaftlich rechnet.

Wachsende Wirtschaften wie Indien, mit mehr als einer Milliarde Menschen und damit dem größten Anteil der Weltbevölkerung, bauen auch erneuerbare Energien aus, aber eben auch die Kohleproduktion, weil das Land einen riesigen Energiebedarf hat, erklärt Anne Herrberg.

Umsetzung von Lösungen

Wegen des nicht vereinbarten Ausstiegs aus den fossilen Energien den Kopf in den Sand zu stecken, zu denken, jetzt sei alles zu spät und wir hätten gegen den Klimawandel verloren, sei keine Haltung, die in der Wissenschaft verbreitet ist, sagt Dirk Steffens. Sein neues Buch heißt auch "Hoffnungslos optimistisch". Denn es gebe für die globalen Herausforderungen der Klimakrise wissenschaftliche Lösungsansätze. Nur: "Wir sind bisher schlecht darin, diese Lösungsansätze umzusetzen", fasst der Wissenschaftsjournalist zusammen.

"Optimismus, der nur hofft und nicht handelt, der wäre idiotisch."
Dirk Steffens, Wissenschaftsjournalist

In Deutschland sieht Dirk Steffens das Problem, dass die Politiker*innen nicht handeln, weil "man möchte uns nichts zumuten". Dahinter stecke die Angst, abgewählt zu werden. Es fehle der Mut zu handeln. Stattdessen werde suggeriert, dass man die Klimakrise auch ohne große Anstrengungen schaffen könnte – im Sinne von: "Es wird nicht wehtun und alles wird gut."

"Wir können das Ruder herumreißen", davon ist Dirk Steffens überzeugt. Auch wenn wir schon einen Kipppunkt überschritten haben. Noch habe die Erde genug Resilienz, um "unser menschliches Fehlverhalten abzupuffern".

Wirkmächtige Erzählungen für den Klimaschutz

Deshalb sei jetzt auch jeder Mensch gefragt, seine Lebensweise zu verändern und auch strukturelle Veränderungen zu befördern. Noch nie habe die Menschheit so viele Möglichkeiten gehabt. Doch die menschliche Natur neige dazu, eher das Schlechte zu sehen, deshalb brauche es wirkmächtige positive Erzählungen für den Umwelt- und Klimaschutz.

Ihr habt Anregungen, Wünsche, Themenideen? Dann schreibt uns an unboxingnews@deutschlandradio.de

Shownotes
Enttäuschende COP30
Warum wir beim Klimawandel optimistisch bleiben sollten
vom 24. November 2025
Moderator: 
Marcel Bohn
Gesprächspartner: 
Dirk Steffens, Wissenschaftsjournalist
Gesprächspartnerin: 
Anne Herrberg, ARD-Korrespondentin für die COP30