Vom Ahrtal nach Valencia – zwei Deutsche helfen Flutopfer dort mit Hilfsgütern, Schaufeln und Karnevals-Perücken. Die Betroffenen der Fluten spüren die Klimawandel-Folgen hautnah, doch wie sehr beeinflussen solche Katastrophen die Klimakonferenz?
Noch immer herrscht in der Region Valencia nach der Flutkatastrophe Ende Oktober dieses Jahres großes Chaos: Verwüstete Landschaften, gestapelte Autos, Menschen räumen weiterhin Schlamm aus Kellern, berichtet ARD-Korrespondent Marius Reichert. In Tiefgaragen werden weiter Tote gefunden. Nach offiziellen Angaben liegt die Zahl der Opfer bei 200, weiterhin gibt es Vermisste.
Die Menschen sind verzweifelt, fühlen sich von der Regierung im Stich gelassen und nicht wahrgenommen. Sie klagen über zu späte Warnungen und fehlende Hilfe. Auf spontanen Demos zeigen sie ihre Wut. In der Stadt Valencia, nur 20–30 Minuten von den besonders betroffenen Vororten entfernt, herrscht dagegen weitestgehend Normalität.
Flutkatastrophe - Erinnerungen werden wach
"Diese Zerstörung, auch diese Gerüche, vor allem der beißende Elektroschrott-Geruch, der mir nicht aus der Nase geht", sagt der ARD-Reporter Marius Reichert. Er kommt aus dem Ahrtal, wo er selbst vor mehr als drei Jahren von der großen Flut betroffen war. Was er in der Region Valencia sieht, erinnert ihn daran. Das gilt aber auch für die große Solidarität und Hilfsbereitschaft der Menschen.
"Das ist eins zu eins das, was wir im Ahrtal erlebt haben."
In Spanien gibt es Parallelen zum Ahrtal: Kritik an fehlendem Krisenmanagement, verspäteten Warnungen, nicht rechtzeitig ausgelöstem Katastrophenalarm. Und auch hier wird hinterfragt, wo die Verantwortlichen waren. Das wirft die Frage auf, ob europaweit bessere Vorbereitungen nötig sind, meint Marius.
Zwei deutsche Helferinnen in Spanien
In Valencia helfen auch Elke und Daniela, die schon bei der Flutkatastrophe im Ahrtal mit angepackt haben. 1700 Kilometer haben die beiden mit einem vollgepackten Kastenwagen zurückgelegt, um jetzt in einer nahe gelegenen Gemeinde bei Valencia zu unterstützen. Hier helfen sie unter anderem Keller und Tiefgaragen auszupumpen.
"Wir haben festgestellt, dass Schlamm und Wasser in die Elektroleitungen gelaufen ist und auch in die Kanalisation ist mittlerweile völlig verstopft. Das wird noch ein großes Problem werden."
Nur mit dem Hochdruckreiniger durch die Keller zu gehen, bringe nichts, sagen sie. Schlamm und Wasser seien in die Elektroleitungen sowie in die Kanalisation eingedrungen, die inzwischen völlig verstopft ist. Das sei ein großes Problem. Hinweise wie diese treffen auf große Dankbarkeit bei den Menschen.
Wertvolle Tipps haben die Beiden aus ihren Erfahrungen auch im Umgang mit überforderten und erschöpften Betroffenen. Oft helfe es, sie aus dem Stress zu holen, sich mit ihnen hinzusetzen, einen Kaffee zu trinken, zuzuhören und einfach mit ihnen zu reden, sagen sie. Vor Ort haben sie einen Spezialauftrag: Ein schwer betroffener Theaterverein erhält gesammelte Kostüme und Perücken, die die Karnevalistinnen mitgebracht haben.
Finanzen im Fokus der Weltklimakonferenz COP 29
Georg Ehring ist Leiter der Umweltredaktion beim Deutschlandfunk und zurzeit in Baku, der Hauptstadt von Aserbaidschan. Dort geht die Weltklimakonferenz Cop 29 in die zweite Woche. Ging es vergangenes Jahr in Dubai vor allem um Treibhausgasemissionen, stehen in Baku Finanzfragen im Fokus – etwa, wie viel Industrieländer zahlen, um Entwicklungsländer bei der Klimaanpassung zu unterstützen. Auch geht um Investitionen in Wind- und Solarenergie, sowie um Zahlungen für Schäden durch Katastrophen, die dort Existenzen bedrohen, so der Journalist.
"Auf der Weltklimakonferenz geht es um Finanzfragen. Wie viel sind die Industrieländer für die Entwicklungsländer zu zahlen?"
Entwicklungsländer fordern jährlich Billionen zur Bekämpfung von Klimaschäden und für Investitionen, was durch Gutachten unterstützt wird. Industrieländer wollen die Kosten gemeinsam mit Schwellenländern und der Privatwirtschaft tragen. Hier liegen die Positionen noch weit auseinander, so Georg Ehring.
Finanzielle Unterstützung für Entwicklungsländer
Die Katastrophe in Valencia wird auch in Baku diskutiert. Länder, die um Unterstützung im Klimawandel kämpfen, fordern Hilfen von den Industrieländern. Ironischerweise warnen auch die Länder, die wenig tun wollen vor den Folgen, schlagen aber Lösungen vor, die nur unzureichend oder kaum geeignet sind.
"Wer das Geld erhalten soll, das sind Länder wie der Tschad zum Beispiel, die unter noch krasseren Katastrophen gelitten haben."
Nach Umweltkatastrophen könnten Entwicklungsländer künftig unkompliziert Finanzhilfe erhalten, aber nicht Industrieländer wie Spanien, die zur Klimaerwärmung beitragen. Die internationale Finanzierung ist vor allem für arme Länder wie den Tschad vorgesehen oder auch für Länder in Westafrika, die unter extremen Katastrophen leiden.
Die Klimakonferenz ist unerlässlich
Im Bereich der Anpassung an den Klimawandel gibt es die wenigsten Fortschritte, meint Georg Ehring. Maßnahmen wie städtische Begrünung, Deiche oder künstliche Bewässerung sind vielfältig und hängen oft von der Zahlungsbereitschaft der Industrieländer ab. Diese ist bisher geringer als bei Maßnahmen zur CO2-Minderung wie zum Beispiel durch den Bau von Solaranlagen in Entwicklungsländern.
"Klimakonferenzen sind unerlässlich. Sie sind aus der Sicht der Dritten Welt das einzige Forum, wo sie auf ihre Probleme der Klimaerwärmung aufmerksam machen."
Auch wenn die Verhandlungen mühselig sind, die Klimakonferenzen sind für die Dritte Welt entscheidend, um auf die Folgen des Klimawandels aufmerksam zu machen. Das betont auch der Vertreter aus Samoa, deren Inseln vom Untergang bedroht sind, bericht unser Umweltexperte.
Kritisiert wird, dass die Konferenzen immer größer werden, das Klimaproblem aber auch. Es gibt Forderungen nach Reformen, aber eine Abschaffung der Konferenz würde nur den Klimaleugnern zugutekommen. Die Minderung der Treibhausgase soll im nächsten Jahr bei der Klimakonferenz in Brasilien wieder im Mittelpunkt stehen. Bis dahin müssen sämtliche Staaten ihre Klimaziele nachbessern, weil die bisherigen völlig unangemessen sind angesichts der Bedrohung.
Ihr habt Anregungen, Wünsche, Themenideen? Dann schreibt uns an Info@deutschlandfunknova.de