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Gülkiz wurde von einer engen Freundin geghostet. Das Ende ohne Aussprache hat sie sehr mitgenommen, und sie hat lange gebraucht, um darüber hinwegzukommen. Warum Friendship-Break-ups so weh tun, warum sie aber auch eine Chance sein können.

Gülkiz, 28, und ihre Freundin hatten eine sehr tiefe, emotionale Bindung. "Wir waren wie Schwestern", erzählt Gülkiz. Irgendwann hat sich jedoch etwas verändert. "Die Gespräche hatten nicht mehr diese Tiefe und auch der Umgang wurde anders. Eine Art und Weise, die ich von ihr nicht kannte und die ich als unangenehm empfunden habe", erinnert sich Gülkiz.

Sie hatte das Gefühl, ihre Freundin zu nerven oder zu stören. Daraufhin suchte Gülkiz das Gespräch. In einem Telefonat erklärte sie ihrer Freundin, wie sie die Situation empfand, und fragte, ob sie möglicherweise etwas falsch gemacht habe. Ihre Freundin antwortete, dass nichts sei.

Wenn der Kontakt einseitig wird

Nach und nach wurde der Kontakt zu ihrer ehemals engen Freundin jedoch immer weniger. Er sei immer häufiger nur noch von ihr selbst ausgegangen, erzählt sie. Gülkiz merkte auch, dass sie den emotionalen Zugang zu ihrer Freundin immer mehr verlor – bis es schließlich zum Kontaktabbruch kam. Ihre Freundin blockierte Gülkiz auf allen Kanälen und antwortete ihr nicht mehr.

"Irgendwann, von einem Tag auf den anderen, wurde ich auf allen Social-Media-Kanälen gelöscht."
Gülkiz, wurde von einer langjährigen Freundin geghoset

Gülkiz erinnert sich, dass sie emotional sehr aufgewühlt war: "Ich war verwirrt, ängstlich und traurig, weil ich wusste, dass es das jetzt irgendwie war. Denn ich hatte schon beobachtet, dass sie auch andere Menschen auf diese Art und Weise aus ihrem Leben abgeschnitten hat."

Gründe für Kontaktabbruch

Im ersten Moment versuchte Gülkiz, zu verstehen, wie es dazu kommen konnte: "Vielleicht habe ich sie unbewusst vernachlässigt oder anders auf Dinge reagiert. Das kann ich aber nicht genau sagen, weil mir ja nichts gesagt wurde."

Gülkiz vermutet, dass ihre Freundin etwas verärgert hat – ohne es anzusprechen. "Ich glaube, an diesem Punkt hat sie den Kontakt auf emotionaler Ebene verloren, schleifen lassen und dann abgebrochen. Zumindest habe ich das nach zwei Jahren für mich so entschieden, dass es wahrscheinlich so gewesen sein muss", erzählt Gülkiz.

Freundschaften pflegen wie eine Liebesbeziehung

Da es kein klärendes Gespräch zwischen beiden gab, kennen wir nur Gülkiz' Seite der Geschichte. Für sie war es ein schwerer Break-up, zumal sie noch versucht hatte, mit ihrer Freundin zu klären, was los ist. Auch wenn es bei Gülkiz nicht geklappt hat, ist genau das der richtige Weg, sagt die Soziologin Andrea Newerla.

Damit wir gar nicht erst in die Situation kommen, Freundschaften zu beenden, sollten wir schon früh mit Freundinnen und Freunden Beziehungsgespräche führen, erklärt die Soziologin. Eine wichtige Frage in Freundschaften ist zum Beispiel: "Bist du für mich auch mitten in der Nacht da, wenn es mir richtig schlecht geht – darf ich dich dann anrufen?", so Andrea Newerla.

"Sprecht in Freundschaften an, was ihr voneinander erwartet. Was ist ein Wunsch, um die Beziehung aktiver und bewusster zu gestalten?"
Andrea Newerla, Soziologin, Autorin und Beziehungsberaterin

Wenn es dann doch mal zu einem Bruch in Freundschaften kommt, liegt das meist daran, dass sich unser Alltag verändert, erläutert die Soziologin. Studium, Jobwechsel, Umzug, Familiengründung – all das sind Umbrüche, die sich auch auf Freundschaften auswirken können.

In einigen Fällen laufen Freundschaften einfach aus, der Kontakt wird weniger – meist beidseitig. Bei Gülkiz wurde der Kontakt jedoch einseitig von ihrer Freundin abgebrochen. Sie wurde von ihr geghostet. Für Gülkiz wäre es einfacher gewesen, wenn es ein Trennungsgespräch gegeben hätte.

"Es hätte mir geholfen, wenn sie gesagt hätte: 'Ich möchte diese Freundschaft nicht mehr führen.'"
Gülkiz, wurde von einer langjährigen Freundin geghoset

"Gülkiz hatte eine Zeit lang die Hoffnung, dass sich ihre damalige Freundin doch noch meldet. Dazu kam es jedoch nicht. Seit dem einseitigen Kontaktabbruch haben sich die beiden sich nicht mehr gesehen. Gülkiz fragt sich aber bis heute, wie ein Wiedersehen ablaufen würde. "Diese Vorstellung fühlt sich nicht angenehm an. Ich wäre dann wieder in einer Situation, in der ich nicht weiß, was ich machen soll. Denn ich hatte ja kein Problem mit ihr", sagt Gülkiz.

Freundschafts-Break-up wie Trennung in Liebesbeziehung

Sie erzählt auch, dass sie sich zunächst schwer damit getan hat, neue Freundschaften einzugehen. Gülkiz wusste nicht genau, wie sie sich nach dem Bruch mit ihrer langjährigen Freundin verhalten sollte. Die Psychotherapeutin Ulrike Scheuermann rät dazu, alle Emotionen zuzulassen.

"Der Schmerz über die Trennung und den Verlust kann sehr heftig und tiefgreifend sein."
Ulrike Scheuermann, Psychotherapeutin und Sachbuchautorin

"Viele spielen das runter und sagen: 'War doch nur eine Freundschaft. Das muss ich doch nicht so hochhängen'", sagt Ulrike Scheuermann. Doch auch im Falle eines Freundschafts-Break-ups sei es wichtig, darüber zu sprechen und sich Zeit zu nehmen, um zu trauern. Helfen könne es zum Beispiel, Tagebuch zu schreiben oder einen Brief an die ehemalige Freundin oder den ehemaligen Freund zu verfassen. Ein Brief, der dann nicht unbedingt auch abgeschickt werden muss. Entscheidend sei auch viel Selbstliebe und Selbstmitgefühl.

Nach dem Bruch mit Freund*innen das Gespräch suchen?

Ob wir nach einem bereits beendeten Freundschaftsverhältnis noch einmal das Gespräch suchen sollten, hängt von verschiedenen Faktoren ab, findet die Psychotherapeutin: "Ich würde immer empfehlen, das davon abhängig zu machen, ob man wirklich das Gefühl hat, dass einem so ein Gespräch helfen würde. Und dann kommt es auch sehr auf die Art der Beziehung und die Art der Trennung an." Bei einem radikalen Kontaktabbruch könne man auch wenig machen, so Ulrike Scheuermann.

Wenn es für jemanden sehr wichtig ist, mehr über die Gründe für den Kontaktabbruch zu erfahren und die Gegenseite sich auch offen zeigt, kann ein klärendes Gespräch durchaus hilfreich sein, sagt die Psychotherapeutin: "Weil man sich dadurch vielleicht auch die Möglichkeit offenhält, später wieder anzuknüpfen. Wenn man sich zum Beispiel gegenseitig erzählt hat, was für einen schwierig war, öffnet sich ja eher eine Tür."

"Zeit heilt viele Wunden."
Ulrike Scheuermann, Psychotherapeutin und Sachbuchautorin

Je mehr Zeit nach einem Freundschafts-Break-up vergeht, desto besser wird es, meint die Psychotherapeutin. Wichtig sei es, in den Wochen und Monaten nach der Trennung die Freundschaft zu reflektieren und zu verarbeiten. Dabei können diese Fragen helfen:

  • Was war diese Freundschaft für mich?
  • Was habe ich an der Freundschaft geschätzt?
  • Was möchte ich in zukünftige Freundschaften mitnehmen?
  • Gibt es Beziehungsmuster, auf die ich nächstes Mal besser achten kann?

Im Gehirn laufen außerdem viele unbewusste Verarbeitungsprozesse ab, die dabei helfen, Wunden zu heilen. "Dazu sagt man: 'Die Zeit heilt alle Wunden.' Aber eigentlich sind es die Verarbeitungsprozesse. Und die finden vor allem im Schlaf statt. Vor allem im REM-Schlaf wird ganz viel Emotionales verarbeitet", erklärt Ulrike Scheuermann.

Jede Erfahrung bringt uns weiter

Am Ende sollten wir auch eine schlechte oder schwierige Beziehungserfahrung als Chance sehen, so die Psychotherapeutin: "All das ist Erfahrung und persönliches Wachstum und letztlich auch Weisheit, wenn wir Beziehungen sehr bewusst erleben und durchleben."

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Shownotes
Freundschaft beendet
Was hilft uns, wenn Friends Schluss machen?
vom 22. September 2025
Gesprächspartnerin: 
Gülkiz, wurde von einer langjährigen Freundin geghoset
Gesprächspartnerin: 
Ulrike Scheuermann, Psychotherapeutin und Sachbuchautorin
Gesprächspartnerin: 
Andrea Newerla, Soziologin, Autorin und Beziehungsberaterin
Autorin und Host: 
Caro Nieder
Redaktion: 
Lena Mempel, Jana Niehof, Ivy Nortey
Produktion: 
Jan Morgenstern