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Die AfD baut eine neue Jugendorganisation auf – vermutlich ähnlich extrem wie die alte. Jean-Pascal Hohm soll an der Spitze stehen, er hat gute Kontakte zur Identitären Bewegung. Wie gefährlich ist das und warum wird das als Neustart inszeniert?

Am 29. und 30. November soll in Gießen die neue Jugendorganisation der AfD unter dem Namen Generation Deutschland gegründet werden. Wesentlicher Unterschied zu der Vorgängerorganisation Junge Alternative ist neben der Namensänderung, dass die Mitglieder alle auch AfD-Mitglied sein müssen, sagt Nadine Lindner. Für 14- bis 18-Jährige soll es eine Ausnahme geben. Ansonsten können alle U-36-AfD-Mitglieder bei der Jugendorganisation mitmachen. Bei der Jungen Alternativen, die ein Verein war, war die Parteimitgliedschaft keine Voraussetzung.

AfD-Jugendorganisation als "Kaderschmiede"

Entscheidend bei der Parteimitgliedschaft ist, dass dann auch Mitglieder der Jugendorganisation bei Fehlverhalten durch die Parteigremien sanktioniert werden können bis hin zum Parteiausschluss, erklärt Nadine Lindner. Sie arbeitet im Hauptstadtstudio des Deutschlandradios und beobachtet die AfD seit ihrer Gründung vor zwölf Jahren.

Wie sich die neue AfD-Jugendorganisation genau positionieren will, ist noch nicht klar, meint Nadine Lindner. Auf der Tagesordnung stehen nur zwei formale Punkte: das Jugendstatut und der Bundesvorstand. Das Jugendstatut ist die Satzung, die der Organisation als Handlungsgrundlage dient. "Da werden dann formale organisatorische Fragen geregelt", sagt Nadine Lindner. Aber ein Programm würde nicht beschlossen werden. Die Jugendorganisation habe laut Satzung auch den Auftrag, das AfD-Programm zu verbreiten, politische Bildung durchzuführen und in internationalen Netzwerken aktiv sein.

"Alice Weidel, Co-Parteichef und Co-Fraktionschefin, hat gesagt, sie will eine Kaderschmiede für die Partei."
Nadine Lindner, Korrespondentin des Deutschlandradio Hauptstadtstudios

Die AfD verfolge das Ziel zu regieren, wofür die Partei viele Menschen braucht, um die anfallenden Posten zu besetzen wie Referenten oder Pressesprecher. Das Personal dafür soll die Jugendorganisation hervorbringen, erklärt Nadine Lindner. Deshalb war es für die AfD auch wichtig, einem möglichen Verbot der Jungen Alternative zuvorzukommen und sie aufzulösen.

Laut Verfassungsschutz galt der Verein Junge Alternative als rechtsextrem und hätte durch das Bundesinnenministerium verboten werden können. "Das wollte man verhindern", sagt Nadine Lindner. Deshalb findet die Neugründung der AfD-Jugend auch als Teilorganisation der Partei statt. So werde ein Verbot schwieriger und die Partei hat mehr Kontrolle über die Jugend.

Rechtsextremer will Vorsitzender der AfD-Jugendorganisation werden

Wenn wir uns das Personal anschauen, dass jetzt für den Bundesvorstand der neuen AfD-Jugendorganisation vorgesehen ist, lässt sich vermuten, dass auch diese ähnlich rechtsextrem eingestellt sein wird wie die Junge Alternative.

Jean-Pascal Hohm kandidiert als Vorsitzender der Generation Deutschland. Er ist 28 Jahre alt, mit 17 in die AfD eingetreten, sitzt für die Partei in Brandenburg im Landtag und hat vor zehn Jahren Demos gegen eine geplante Aufnahmeeinrichtung für Asylbewerber organisiert. Er war als Schüler Gründungsmitglied der Jungen Alternativen.

Jean-Pascal Hohm kleidet sich gerne förmlich mit Anzug und Krawatte. Er spielt Fußball im Verein, ist auch Fan eines Clubs, tierlieb und hat einen Hund. Beruflich arbeitet er als Mediengestalter und Webdesigner.

"Der Verfassungsschutz stuft Jean-Pascal Hohm als Rechtsextremisten ein."
Celine Wegert, Deutschlandfunk-Nova-Reporterin

Die Ansichten Jean-Pascal Hohms sind rechtsextremistisch. Beispielsweise spricht er davon, dass es in Deutschland einen "Bevölkerungsaustausch" gebe. Laut Verfassungsschutz ist das ein Narrativ der Neuen Rechten. Die Wurzeln des Narrativs gehen zurück auf die Nazis, die von "Umvolkung" sprachen. Außerdem spricht Jean-Pascal Hohm davon, dass Städte mit "Millionen Kulturfremde geflutet" würden, die sich "wie Eroberer verhalten" würden.

Jean-Pascal Hohm hat sehr gute Verbindungen zu rechtsextremen Organisationen wie dem rechtsextremen Verein "Zukunft Heimat". Er hat auch an einem Vernetzungstreffen des Jungeuropa Verlags teilgenommen, bei dem frühere NPD-Leute, Neonazis von Kameradschaften, die mittlerweile auch verboten sind, und auch Leute von der Identitären Bewegung dabei waren. Auch zu dem rechtsextremen Verein Ein Prozent hat er gute Kontakte, bei dem er vor acht Jahren ein Praktikum gemacht hatte.

"Jean-Pascal Hohm hat auch mal in einem Tagesthemen-Interview gesagt, wie wichtig er die Identitäre Bewegung findet und das, obwohl die auf der Unvereinbarkeitsliste der AfD steht."
Celine Wegert, Deutschlandfunk-Nova-Reporterin

Jean-Pascale Hohm hält die Identitäre Bewegung für eine "Vorfeldorganisation, die wichtige Arbeit leistet und da würde ich mich niemals von der Identitären Bewegung distanzieren", sagt er im Interview. Er ist dafür, dass Jugendliche Kampfsport machen sollen, um "wehrhaft" zu werden, und vertritt einen extrem konservativen Heimatbegriff, der die Vergangenheit verklärt.

Personal mit rechtsextremer Gesinnung

Stellvertreter Jean-Pascal Hohms soll Jan Richard Behr werden, AfD-Mitglied aus Worms. Für Jan Richard Behr gilt der 8. Mai nicht als Tag der Befreiung von der Nazi-Herrschaft, sondern als Tag der Niederlage. Kevin Dorow kandidiert ebenfalls für den Vorstand der AfD-Jugendorganisation. Er ist Schriftleiter der Burschenschaftlichen Blätter und spricht auf Tiktok vom "ethnisch deutschen Volk".

Nadine Lindner sieht bei diesem Personal keine Neuausrichtung der AfD-Jugendorganisation und keine Abkehr vom verfassungsfeindlichen Handeln.

"Ich sehe eher Leute, die genau diese Nähe zur Identitären Bewegung ganz bewusst suchen."
Nadine Lindner, Korrespondentin des Deutschlandradio Hauptstadtstudios

Diese doch offen rechtsextreme Ausrichtung der sich neugründenden AfD-Jugend als Teilorganisation der Partei könnte in der Diskussion um ein AfD-Verbot besonders relevant werden. "Wenn die Jugendorganisation Teil der Partei ist, kann auch der Gesamtpartei dann leichter das zugerechnet werden, was in der Jugendorganisation gesagt und getan wird", sagt Nadine Lindner.

Die neue AfD-Jugendorganisation wird 2026 im Wahlkampf zu den Landtagswahlen, insbesondere in Sachsen-Anhalt, eine wichtige Rolle spielen, wo die AfD mitregieren will, sagt Nadine Lindner. "Ich kann mir gut vorstellen, dass es Kampagnen geben wird, die genau diese Gruppe – die 18- bis 24-jährige Männer – ansprechen, um sie noch enger an die Partei zu binden". Denn bei der Bundestagswahl war es genau diese Gruppe, die mit 27 Prozent für die AfD gestimmt hat.

Ihr habt Anregungen, Wünsche, Themenideen? Dann schreibt uns an unboxingnews@deutschlandradio.de

Shownotes
Generation Deutschland
Wie radikal wird die neue AfD-Jugend?
vom 27. November 2025
Moderator: 
Nik Potthoff
Gesprächspartnerin: 
Nadine Lindner, Dlf-Korrespondentin Hauptstadtstudio
Gesprächspartnerin: 
Celine Wegert, Deutschlandfunk-Nova-Reporterin