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Freunde zu unterstützen, ist prinzipiell eine gute Sache. Ab einem gewissen Punkt merkt Fiona aber, dass ihr die Probleme einer guten Freundin zu viel werden. Sich abzugrenzen, ohne andere vor den Kopf zu stoßen, wie geht das? Zwei Expertinnen geben Tipps.

Immer wieder Liebeskummer und immer wiederkehrende und ähnliche Probleme mit Partnern. Fiona hat eine gute Freundin, die sich ihr anvertraut, wenn es ihr schlecht geht. Das geht über Jahre und Fiona merkt, dass der Stress ihrer Freundin auch sie selbst viel Kraft kostet.

Die Beziehung ist unausgewogen und Fionas "soziale Batterie" ist irgendwann leer. So beschreibt Fiona ihren Gemütszustand selbst. Sie will nicht mehr jeden Anruf annehmen, wenn diese Freundin anruft und distanziert sich etwas von ihr. Es ist eine enge Freundschaft und Fionas Freundin bemerkt die Veränderung. Sie spricht Fiona darauf an.

"Das macht Freundschaften aus, dass man für die andere Person da ist, wenn es ihr mal schlechter geht."
Fiona, hat irgendwann mal keine Kraft mehr, um sich die Probleme einer Freundin anzuhören

Fiona weiß zunächst nicht, wie sie mit der Situation umgehen soll. Sie vertraut sich anderen Freundinnen an. Doch ihr ist klar, dass sich die Situation nicht ändern kann, wenn sie ihrem Besti nicht erklärt, was Sache ist.

Mut zusammennehmen und das Problem offen ansprechen

Doch da ist auch die Angst, die Freundin vor den Kopf zu stoßen und schlimmstenfalls das Ende dieser Freundschaft zu riskieren. Aber weil ihr die Freundschaft so wichtig ist, fasst sich Fiona dann doch irgendwann ein Herz und spricht mit ihrer Freundin über die Situation.

Wenn man helfen möchte, aber merkt, dass man es nicht kann

Hinterher ist sie erleichtert. Denn die ganzen Sorgen, die sich Fiona vorab gemacht hat, waren unnötig. Ihre Freundin zeigt Verständnis und sieht ein, dass ihre Beziehung zu einseitig ist. Gemeinsam gelingt es ihnen, ihre Freundschaft nicht nur weiterzuführen, sondern noch besser zu machen.

"Man ist in diesem Zwiespalt: Man möchte helfen, merkt aber auch, man kann nicht."
Fiona, als sie merkt, dass sie sich in ihrer Freundschaft abgrenzen muss

Wir merken an minimalen Gesten und der Mimik, ob unsere Freunde unter Stress leiden. Das kann Mitgefühl bei uns auslösen, aber auch dazuführen, dass wir das Gefühl verinnerlichen. Wenn der Stress des anderen auch für uns zur Belastung wird, schüttet unser Körper Cortisol aus.

Aus Mitgefühl kann so empathischer Stress werden. Auf Dauer kann uns das auch gesundheitliche schaden, weiß die Psychologin Magdalena Degering, die am Universätsklinikum in Jena zum Thema Freundschaft und empathischer Stress forscht.

Auch Freundschaften brauchen klare Grenzen

Wenn es darum geht, sich zum eigenen Schutz abzugrenzen, gibt es die Redewendung: "Nein ist ein vollständiger Satz". Die Psychologin Ulrike Scheuermann ist nicht überzeugt von dieser Aussage. Sie sagt, dass wir versuchen sollten, sozial verträglich zu handeln, wenn wir uns von anderen abgrenzen wollen. Das bedeutet, behutsam mit anderen umzugehen und sie nicht vor den Kopf zu stoßen.

Ein "Nein" alleine reicht da nicht unbedingt aus, findet die Psychologin. Uns umsichtig abzugrenzen kann zum Beispiel gelingen, indem wir betonen, dass uns etwas an der Freundschaft liegt, selbst wenn wir uns in dem Moment distanzieren.

Für Ulrike Scheuermann gibt es viele Gründe, wieso es sehr wichtig sein kann, auch in Freundschaften klare Grenzen zu setzen. Zum einen für die eigene mentale Gesundheit. Zum anderen kann es auch durchaus sein, dass die Probleme des anderen so schwerwiegend sind, dass ein ständiges "darüber sprechen" sogar kontraproduktiv sein kann.

Vorbildfunktion einnehmen

Es kann herausfordernd sein, aber vielleicht hilft es unserem Freund oder unserer Freundin sogar, ihnen den Impuls zu geben, sich nach professioneller Hilfe umzusehen.

Und möglicherweise hat dieser Freund oder diese Freundin selbst ein Problem damit, sich abzugrenzen. Wenn wir uns dann abgrenzen, können wir dem anderen damit sogar als Vorbild dienen, sagt Ulrike Scheuermann.

Oft gibt es die Angst davor, dass wir eine Freundschaft riskieren, wenn wir Probleme ansprechen, wenn etwas in der Beziehung nicht stimmt. Sich zu distanzieren oder abzugrenzen, sollte in einer Freundschaft möglich sein. Wenn es das nicht ist, ist das ein Hinweis darauf, dass zwischen beiden Personen etwas nicht stimmt, sagt Ulrike Scheuermann.

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Shownotes
Grenzen setzen
Wie machen wir die Probleme unserer Freunde nicht zu unseren?
vom 08. Oktober 2025
Gesprächspartnerin: 
Fiona, hat sehr lange ihre Freundin bei starkem Liebeskummer unterstützt und war davon ausgelaugt
Gesprächspartnerin: 
Ulrike Scheuermann, Diplom-Psychologin und Autorin, mit Erfahrung in der Krisenberatung
Gesprächspartnerin: 
Magdalena Degering, Psychologin und wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Psychosoziale Medizin, Psychotherapie und Psychoonkologie, Universitätsklinikum Jena, Teil des Forschungsprojekts Friendship, Empathic Stress and Helping (FrESH)
Autorin und Host: 
Shalin Rogall
Redaktion: 
Ivy Nortey, Yevgeniya Shcherbakova, Stefan Krombach
Produktion: 
Hermann Leppich