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Der britische Premierminister Keir Starmer steht unter Druck. Erst 2024 gewann seine Labour-Partei die Wahlen mit absoluter Mehrheit. Doch inzwischen ist die Partei in Umfragen abgestürzt. Und Starmer ist einer der unbeliebtesten Premiers ever. Was ist da los?

"Mister Boring" und "No Drama Starmer": Die Spitznamen des aktuellen Premierministers im Vereinigten Königreich Keir Starmer sind wenig schmeichelhaft, bringen aber ganz gut auf den Punkt, wofür er im Sommer 2024 mit absoluter Mehrheit gewählt wurde: Stabilität und Ordnung. "Das Land war müde von 16 Jahren Tories und damit von Skandalen, Korruption und einem ständigen Wechsel an Premierministern", erklärt Deutschlandfunk-Nova-Reporter Jens Többen. Doch ein Jahr später liegt Labour in Umfragen nur noch bei 20 Prozent, die rechtspopulistischen Reform UK von Nigel Farage hingegen bei 30 Prozent.

Starmer schafft es nicht, für seine Politik zu begeistern

Schon der Anfang seiner Amtszeit war holprig, sagt Jens Többen. Starmer wollte die Winterhilfe für Rentner. Statt pauschaler Heizkostenzuschüsse sollten nur noch Bedürftige Unterstützung erhalten. Zeitgleich war herausgekommen, dass der Premier VIP-Tickets für Taylor Swift und Fußballspiele erhalten hatte. Das ist zwar legal, erläutert der Reporter, hat aber an Starmers seriösem Image gekratzt.

"Für manche macht Starmer den Eindruck, dass er nicht nur langweilig ist, sondern auch sozial kalt."
Jens Többen, Deutschlandfunk-Nova-Reporter

Hinzu kamen gleich mehrere Rücktritte von Ministern wegen Korruptions- und Steuervorwürfen. Am schwersten wog wohl der Rücktritt seiner Stellvertreterin Angela Rayner. "Das klingt alles nicht nach Stabilität", sagt Többen, "Kritiker werfen Starmer daher, zu viele Personalwechsel in so kurzer Zeit vor."

Erfolge bleiben unsichtbar

International hingegen hat Starmer durchaus Erfolge vorzuweisen. Er hat einen besseren Zoll-Deal für Großbritannien ausgehandelt als die EU. "Aber die innenpolitischen Probleme überwiegen", fasst der Reporter zusammen.

Der Labour-Parteitag in Liverpool Ende September 2025 war für Starmer daher entscheidend. "Am Anfang dachte ich, das ist typisch Starmer: ruhig, fast wie ein Priester von der Kanzel", berichtet London-Korrespondentin Christine Heuer. "Aber nach einer halben Stunde drehte er auf. Am Ende hat er sich regelrecht in Rage geredet." Starmer habe Nigel Farage angegriffen, nannte ihn einen "Quacksalber" und warf ihm eine Politik vor, die rassistisch sei und die Menschen spalte.

Labour schmiert ab, Rechtspopulist Nigel Farage profitiert

Beim Parteitag hat Starmer also zumindest innerhalb der Partei punkten können. Doch damit wird es sich nicht lange Luft verschafften, meint Christiane Heuer. In Wales und Schottland stehen im Mai 2026 Wahlen an. "Die Umfragen sind eindeutig: Labour verliert massiv, Reform UK gewinnt", sagt die Korrespondentin.

"Viele sagen: Die Sozialdemokraten schaffen es auch nicht. Dann probieren wir eben Nigel Farage."
Christine Heuer, Korrespondentin

Ein Grund für die massive Enttäuschung ist neben den Skandelen, dass die regierende Partei bislang keinen sichtbaren Wandel geliefert hat, so Christiane Heuer: "Die Menschen haben die Sozialdemokraten gewählt, um zu schauen, ob sie liefern können. Das konnten sie in der kurzen Zeit nicht. Daher denken die Menschen nun: Dann nehmen wir die, die noch nie regiert haben: Reform UK und Nigel Farage."

Zudem verkauft Starmer seine Politik und seiner Erfolge viel zu schlecht, erklärt Christiane Heuer. Fortschritte gebe es, aber sie seien zu kleinteilig, zu unspektakulär, zu schlecht verkauft.

"Es gibt Fortschritte, aber damit dringt Starmer nicht durch. Er kommt vor wie der Staatsanwalt, der am Schreibtisch sitzt und die Gesetze durchgeht."
Christine Heuer, Korrespondentin

Wie es weitergeht? Innerhalb seiner Partei ist umstritten, ob Starmer nach rechts rücken soll, um Farage zu stoppen. "Die Meinungsforscher sagen: Wer Farage will, wählt nicht die Kopie, wenn man auch das Original haben hat", erklärt Christiane Heuer. Gleichzeitig verliere Labour Stimmen an Liberale, Grüne und die neue Linkspartei von Jeremy Corbyn. Und so bleibt es ausgerechnet für den "No Drama Starmer" weiterhin dramatisch spannend. Seine Zukunft, so Christiane Heuer, ist mindestens ungewiss.

Ihr habt Anregungen, Wünsche, Themenideen? Dann schreibt uns an unboxingnews@deutschlandradio.de

Shownotes
Großbritannien
Big Drama, Keir Starmer
vom 01. Oktober 2025
Moderation: 
Rahel Klein
Gesprächspartnerin: 
Christine Heuer, Korrespondentin in London
Gesprächspartner: 
Jens Többen, Deutschlandfunk-Nova-Reporter