Saskia hatte noch nie eine "ernste" Beziehung, aber bisher auch nicht die innere Motivation etwas daran zu ändern. Die Gesellschaft diskriminiert Singles oft, sagt ein Soziologe. Was zu tun ist, wenn Druck von außen kommt, erklärt eine Therapeutin.
Saskias Eltern warten schon sehr lange darauf, dass ihre Tochter mal einen Partner mit nach Hause bringt und ihnen vorstellt. Saskia ist jetzt 29 Jahre alt und hatte noch nie eine "ernstzunehmende" Beziehung, wie sie selbst sagt.
Wenn es nicht die Eltern sind, dann sind es oft die Freund*innen, die einen auf den eigenen Beziehungsstatus aufmerksam machen. In manchen Situationen kommt man sich mitunter vielleicht auch wie das fünfte Rad am Wagen vor: Beim Essengehen, im Kino oder auch beim Spieleabend.
"Eine ernstzunehmende Beziehung hatte ich nicht. Meine Eltern warten schon sehr lange darauf, dass ich ihnen jemandem vorstelle, aber eigentlich hat's nie jemand nach Hause geschafft."
Saskia sagt, dass sie sich ganz lange aus dem "Beziehungs-Game" herausgehalten hat. Sie hat sich gefreut, wenn Freund*innen mit jemandem zusammengekommen sind. Sie selbst hatte aber nie den inneren Antrieb, etwas an ihrer Situation zu ändern. Von Sprüchen wie: "Irgendwann kommt der Richtige" oder "Wenn man es am wengisten erwartet, findet einen die Liebe" hält Saskia nicht so viel.
Wie die Gesellschaft Singles diskriminiert
Der eine oder die andere kann sicherlich auch bestätigen, dass der Druck über die Jahre steigt. Ungebetene Verkupplungsangebote, besorgte Nachfragen – das kann schon sehr nerven. Saskia ist es gewohnt, dass fast alle nachfragen. Sie bleibt entspannt und ist offen, egal, ob neue Bekannte oder alte Freunde nachfragen.
Wenn jemand sich als Single benachteiligt fühlt, dann überrascht das den Soziologen Elyakim Kislev nicht. Er sagt, dass es viele Lebensbereiche gibt, in denen die Gesellschaft Singles diskriminiert.
Veranstaltungen sind auf Paare und Familien ausgerichtet
Beispielsweise richten sich Veranstaltungen oft an verheiratete Menschen oder Menschen mit Familien. Singles werden manchmal nicht eingeladen, weil Leute glauben, dass das awkward werden könnte, sagt der Soziologe. Das ist die gesellschaftliche Ebene, erklärt er.
Doch es gibt auch eine politische Ebene: Die Politik wisse mehr über Familien und Paare Bescheid, aber in der Regel nicht, was Alleinstehende brauchen, sagt Elyakim Kislev.
So wie es jetzt ist, muss es aber nicht bleiben. Denn: Singles zählen zu der Gruppe, die am schnellsten wächst, sagt der Soziologe.
Guten Umgang mit sich selbst finden
Julia Henchen ist Paar- und Sexualtherapeutin. Sie arbeitet unter anderem mit Menschen, die schon länger keine oder auch noch nie eine Beziehung hatten.
Wichtig ist, für sich einen guten Umgang mit den eigenen Gefühlen, aber auch mit Erwartungen von anderen zu finden, sagt die Therapeutin. Aussagen von anderen kann man nicht kontrollieren, da kann man sich im Zweifel nur Antworten zurechtlegen, empfiehlt die Therapeutin. Auch wenn man bei Fragen mal überreagiere, sei das nicht schlimm und durchaus menschlich, sagt Julia Henchen.
Sie hält es für wichtig, für sich selbst einige Fragen zu klären:
- Fühle ich mich einsam?
- Was fehlt mir wirklich?
- Möchte ich eine Beziehung oder möchte ich einfach nur nicht allein sein?
- Gibt es Menschen, mit denen ich Dinge erleben kann, die man in einer Partnerschaft erlebt, zum Beispiel einen Filmabend?
- Falls ich mich einsam fühle: Gibt es jemanden, den ich kontaktieren kann – zum Beispiel eine Freundin?
Einen Realitätsabgleich zu machen und zu schauen, wie es wirklich ist, kann dabei helfen, eigene Bedürfnisse zu erkennen, sagt die Therapeutin. Sind diese erst erkannt, kann man sich nach Wegen umschauen, um diese Bedürfnisse zu befriedigen.
"Dass man für sich erst einmal ein guten Umgang mit diesen Gefühlen findet – wenn solche Aussagen oder solche Erwartungen von außen kommen."
Hat man diese Fragen für sich selbst beantwortet, ist es wahrscheinlich auch einfacher, Grenzen zu ziehen. Wenn jemand nach einer Beziehung oder Partnerschaft fragt, kann man ehrlich antworten und sagen, wie es einem geht und wie man sich fühlt. Julia Henchen betont aber: Es ist genauso in Ordnung zu sagen: Ich möchte nicht darüber sprechen.
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