Ein Snack am Abend oder in der Nacht, wenn wir nicht schlafen können? Das kennen viele und das stört meist nicht. In manchen Fällen aber wird das nächtliche Essen zum Problem. Wie weit kann das gehen?
Schlaf und Essen beeinflussen sich gegenseitig. Eigentlich ist die Nacht eine Zeit, in der wir nichts essen, weil wir schlafen und auch gar nichts essen wollen. Der Körper ist auf Schlaf gepolt. Wir haben keinen Hunger. Das liegt daran, dass in der Nacht mehr der Hormone ausgeschüttet werden, die uns satt machen. Außerdem fährt der Stoffwechsel in der Nacht herunter, so dass der Körper weniger Energie verbrennt und auch gut die etwa acht Stunden ohne Essen klarkommt.
Beim sogenannten Night-Eating-Syndrom ist das anders. Betroffene essen nachts oft so viel und so große Mahlzeiten, dass sie teils mehr als ein Viertel der Gesamtkalorien eines Tages in der Nacht zu sich nehmen. Eine repräsentative Umfrage aus Deutschland schätzt, dass ein Prozent der Menschen Night-Eater sind. Schlafforscherin Christine Blume von der Uni Basel sagt, dass Betroffenen stark darunter leiden.
"Einerseits kann das den Schlaf deutlich beeinträchtigen und es kann zu einer Gewichtszunahme führen. Auch darunter leiden die Betroffenen."
Es gibt noch eine andere Form des Essens in der Nacht – und zwar eine, bei der die Menschen nicht wach sind. Sie wissen nicht, was sie tun. Auch sie sind nachts am Kühlschrank oder wo auch immer sie etwas Essbares finden. Es handelt sich um Parasomnie, die Sleep Related Eating Disorder genannt wird. Eine Parasomnie bedeutet: unerwünschtes Verhalten oder unerwünschte Ereignisse im Schlaf.
Nächtliche Nahrungsaufnahme
Wer betroffen ist, befindet sich wie Schlafwandelnde auch, in einem Zustand zwischen Wachsein und Schlafen. Zwischen einer und drei Stunden nachdem die Betroffenen ins Bett gegangen sind, stehen sie auf und fangen an, nach Essbarem zu suchen. Manchmal essen sie nur Snacks, manchmal beginnen sie aber auch zu kochen oder essen etwas, das eigentlich ungenießbar ist, beispielsweise Seife oder rohes Fleisch.
Meist erinnern sich die Betroffenen nicht, dass sie in der Nacht wach waren und gegessen haben. Sie finden zum Beispiel die Küche verwüstet vor und merken nur dadurch, dass etwas nicht stimmt. Auch dieses Verhalten und vor allem die Folgen sind für Betroffene sehr belastend.
"Gewichtszunahme, man schämt sich. Die Folgen sind ähnlich wie beim Night-Eating-Syndrom. Wenn das Essen im Schlaf und nicht bewusst stattfindet, ist es noch weniger kontrollierbar und kann gefährlich sein."
Häufig wird Betroffenen empfohlen, ihren Kühlschrank oder sogar die ganze Küche nachts zu verschließen und den Schlüssel so zu lagern, dass er in der Nacht nicht verfügbar ist. Außerdem sollte die Wohnung gut gesichert werden, damit sich Betroffene nicht verletzten.
Schlafordnung ist hilfreich
Schlafforscherin Christine Blume erklärt, wie sich das Verhalten langfristig in den Griff bekommen lässt.
"Ausreichend Schlaf, ein regelmäßiger Schlaf-Wach-Rhythmus, keine Reize, die Aufwachen fördern, zum Beispiel Lärm, Licht, Schmerzen oder Hitze."
Je stabiler der Schlaf, desto geringer ist die Wahrscheinlichkeit, dass jemand nachts erwacht – oder auch nur halbwach zum Kühlschrank geht. Geht jemand im wachen Zustand zum Kühlschrank und isst, ist der Person ihr Verhalten also bewusst, dann kann eine Therapie helfen.
"Zum Beispiel kognitive Verhaltenstherapie. Da geht es um die Verbesserung des Schlafs, auch um einen gesunden Umgang mit Stress oder Emotionen. Man lernt, die nicht nur übers Essen zu regulieren."
In dieser Folge Über Schlafen sprechen Ilka Knigge und Schlafforscherin Christine Blume auch darüber, ob nächtliches Essen in der Familie liegen kann und wie Angehörige damit umgehen können, wenn sie mit einem Night Eater wohnen, der im nicht-wachen Zustand kocht.
Wir freuen uns über euer Feedback und Themenvorschläge an ueberschlafen@deutschlandfunknova.de.
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