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Josef Mengeles Aufstieg bei den Nazis ist rasant. Nach seinem Examen wird er Assistenzarzt, später wechselt er als Lagerarzt ins KZ Auschwitz-Birkenau – und tötet tausendfach. 1985 werden die Überreste eines der meistgesuchten NS-Verbrechers gefunden.

Es ist eine makabre Situation, die sich am 6. Juni 1985 auf dem Friedhof von Embu – rund eine Autostunde entfernt von der brasilianischen Metropole Sao Paulo – abspielt: In einem weißen Plastiksarg steht ein Mann in Jeans und Pullover. An einem Handgelenk baumelt eine Kamera, mit der anderen zeigt er den anwesenden Journalisten einen Totenkopf. Der Mann ist Gerichtsmediziner und steht am geöffneten Grab Nummer 321. Darin befindet sich das Skelett eines der meistgesuchten NS-Verbrechers: Josef Mengele.

Mitte der 1930er-Jahre hat Josef Mengele sein medizinisches Staatsexamen abgelegt, absolviert anschließend ein Praktikum in einer Kinderklinik und übernimmt 1937 eine Assistentenstelle am Universitäts-Institut für Erbbiologie und Rassenhygiene in Frankfurt am Main. Dort arbeitet der Rassenhygieniker Otmar Freiherr von Verschuer, der als Leiter des Instituts zum Lehrmeister für Josef Mengele wird. Beide unterstützen vorbehaltlos die nationalsozialistische Rassenhygiene, nach der das Starke geschützt und gefördert, das Schwache aber eliminiert werden soll.

Das Schwache eliminieren

In diese verbrecherische Ideologie stellt Mengele seine medizinische Karriere. Er wird erst Frontarzt und wechselt dann im Mai 1943 als Lagerarzt nach Auschwitz-Birkenau. Dort macht er hemmungslos Menschenversuche an Kindern und vor allem an Zwillingen. Er lässt Bluttransfusionen durchführen und injiziert Fremdstoffe und Krankheitserreger, um Inkubationszeiten und andere Reaktionen zu dokumentieren.

Mengele schreckt auch nicht davor zurück, Zwillinge töten zu lassen, um sie anschließend parallel zu sezieren. Nach 1945 gilt er als einer der am meisten gesuchten NS-Verbrecher – trotzdem kann er sich einige Jahre unter falschem Namen als Knecht auf einem Hof in Oberbayern verstecken, ehe er im Sommer 1948 nach Südamerika flieht.

Das Schild mit dem Wort Stop auf Deutsch und Polnisch im deutschen Nazi Konzentrationslager Auschwitz Birkenau
© picture alliance / imageBROKER | Piotr Dziurman
Das Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau: Hier ermordete der Lagerarzt Josef Mengele unzählige Menschen.

Die nächsten 20 Jahre lebte Mengele in verschiedenen Ländern Südamerikas, bis er am 7. Februar 1979 beim Baden an einem Schlaganfall stirbt. Einen Tag später wurde er unter falschem Namen im Grab 321 auf dem Friedhof von Embu beerdigt.

Sechs Jahre später führen Recherchen der Staatsanwaltschaft Frankfurt auf den kleinen Friedhof von Embu. Drei Wochen später kommt eine internationale Expertengruppe zu dem Schluss, dass es sich bei dem exhumierten Leichnam um Josef Mengele handelt. Eine DNA-Analyse bestätigt 1992 dieses Ergebnis.

Ihr hört in Eine Stunde History:

  • Der deutsch-polnische Historiker und Mengele-Biograf Bogdan Musiał beschreibt Charakter und Motive des Lagerarztes von Auschwitz-Birkenau.
  • Der stellvertretende Direktor des Frankfurter Fritz-Bauer-Instituts Tobias Freimüller erläutert die Rolle der Ärzte und des Gesundheitswesens im Nationalsozialismus.
  • Der Aachener Medizinethiker Dominik Groß beschäftigt sich mit den Ärzteprozessen und den Nachkriegsgeschichten von NS-Ärzten in der BRD und der DDR.
  • Der Deutschlandfunk-Nova-Historiker Dr. Matthias von Hellfeld erläutert die nationalsozialistische Rassenpolitik zur "Ausmerzung lebensunwerten Lebens".
  • Deutschlandfunk-Nova-Reporterin Grit Eggerichs erzählt, wie der Leichnam des Josef Mengele sechs Jahre nach seinem Tod in der Nähe von Sao Paulo exhumiert wurde.
Shownotes
NS-Kriegsverbrecher
Wie Auschwitz-Arzt Mengele in Südamerika abtauchte
vom 06. Juni 2025
Moderation: 
Steffi Orbach
Gesprächspartner: 
Dr. Matthias von Hellfeld, Deutschlandfunk-Nova-Geschichtsexperte
Gesprächspartner: 
Bogdan Musiał, deutsch-polnischer Historiker und Mengele-Biograf
Gesprächspartner: 
Tobias Freimüller, Historiker und stellvertretender Direktor des Frankfurter Fritz-Bauer-Instituts
Gesprächspartner: 
Dominik Groß, Arzt und Medizinethiker
Gesprächspartnerin: 
Grit Eggerichs, Deutschlandfunk-Nova-Reporterin
  • Bogdan Musiał
  • Tobias Freimüller
  • Dominik Groß