Für manche Kritiker sind Klimaschutzmaßnahmen und Wohlstand ein Widerspruch. Doch so einfach ist das nicht: Länder wie China zeigen, wie die Wirtschaft vom Klimaschutz profitieren kann – wenn die entsprechenden Investitionen getätigt werden.

Bei der diesjährigen Weltklimakonferenz in Brasilien drehen sich viele Debatten wieder um ein Thema: das Geld. Wer soll wie viel für den weltweiten Klimaschutz geben?

Wenn es ums Geld geht, behaupten in Deutschland Kritiker*innen immer wieder: Der Klimaschutz würde die Wirtschaft zerstören und Jobs vernichten. Es scheint, als müsse eine Wahl getroffen werden: Klimaschutz oder Wohlstand.

Ist das so? Eine Entweder-oder-Situation hält Wirtschaftsjournalist Nicolas Lieven hier nicht für funktional. "Es gibt immer Profiteure und es gibt diejenigen, die investieren müssen. Es gibt natürlich auch viele Menschen, die darunter leiden und viele Unternehmen, die unter der Last leiden", sagt er. Klar ist: Für viele Investitionen braucht es Weitsicht; sie rechnen sich erst im Laufe der Zeit.

Aktuell ist die wirtschaftliche Lage schwierig. Dafür Klimaschutzmaßnahmen verantwortlich zu machen, sei aber schief. Es lässt außer Acht, welchen Einfluss die amerikanische Zollpolitik, die weltweiten Handelskonflikte, der demografische Wandel und Abhängigkeiten von Ländern wie China auf unsere Wirtschaft haben, erklärt der Wirtschaftsjournalist.

"Auch Deutschland kann großer Profiteur sein, wenn wir uns auf neue, auf effektive Techniken konzentrieren."
Nicolas Lieven, Wirtschaftsjournalist

China ist beispielsweise einer der wichtigsten Absatzmärkte für die deutsche Autoindustrie. Mittlerweile wird China allerdings zunehmend zum Konkurrenten. Dort boomen E-Autos und deutsche Hersteller hinken hier hinterher.

Klimaschutz ja, aber bitte nicht jetzt?

In Deutschland haben einige Debatten hingegen das Ziel, weiter Zeit zu gewinnen. "Man hofft darauf, dass man mit ein bisschen mehr Zeit und vor allen Dingen mit kurzfristigen Einnahmen später alles besser hinbekommt", so Nicolas Lieven.

Ein Beispiel sei die wiederholte Diskussion über das Verbrenner-Aus. In der EU sollen eigentlich ab 2035 keine Autos und leichte Nutzfahrzeuge neu auf den Markt kommen, die CO2 ausstoßen. Die deutsche Autoindustrie will hier eine Lockerung und fordert, dass Hybrid-Fahrzeuge auch als emissionsfrei zugelassen werden sollen. Hybride haben zwei Motoren: Sprit und Strom.

Die Kritik an dieser Lockerung ist, dass die Autos hauptsächlich als Verbrenner genutzt würden, also mit Benzin oder Diesel als Kraftstoff. Frankreich und Spanien zum Beispiel haben sich aus diesem Grund schon gegen die deutsche Ausnahme-Forderung ausgesprochen.

Die Entwicklungen zeigen: Das deutsche Geschäftsmodell wird infrage gestellt. "Nun muss man allerdings auch sagen: Der Klimawandel ist kein neues Problem. Seit 20 Jahren wissen die Unternehmen, dass die Regeln verschärft werden, vor allem, was CO2 angeht und sie haben es zum Großteil lange schleifen lassen, obwohl sie fette Jahre hatten", sagt der Wirtschaftsjournalist.

"Ich würde sagen, es stellt sich nicht die Frage, ob es sich wirtschaftlich lohnt, sondern: Wer macht am Ende eigentlich das Geschäft?"
Nicolas Lieven, Wirtschaftsjournalist

Ähnlich sei auf politischer Ebene vieles versäumt worden, was sich heute in maroden Netzen und fehlender Infrastruktur für grüne Technologien wie Wasserstoffleitungen zeige.

Was jetzt hinzukomme, ist ein Konkurrenzdruck von außen durch Länder wie die USA, die ihre Investitionen statt in weltweite Klimaschutzmaßnahmen in ihre heimischen Industrien stecken. "So werden wir jetzt in die Zange genommen: Die USA machen richtig Druck, was die Kosten angeht. China macht richtig Druck, was erneuerbare Energien angeht", sagt Nicolas Lieven.

China mache deutlich, wie sehr Klimaschutz der Wirtschaft zugutekommen kann. Fast jedes Solarmodul komme aus China. Ähnlich präsent ist das Land bei Windkraftanlagen, Wärmepumpen und E-Autos. Laut dem Wirtschaftsjournalisten könnte Deutschland ebenso vom Klimaschutz profitieren. Dafür müsse man sich aber auf neue, effektive Technologien konzentrieren – wie etwa Batteriespeicher. Die Nachfrage ist da. Die Frage sei am Ende, wer sich wie schnell das Geschäft zu eigen mache.

Shownotes
Debatte
Klimaschutz: Der Mythos vom Wirtschaftskiller
vom 11. November 2025
Moderation: 
Christoph Sterz
Gesprächspartner: 
Nicolas Lieven, Wirtschaftsjournalist