Dass Wälder einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz leisten, ist bekannt. Aber es gibt noch andere Biotop-Arten, die riesiges Potential haben. Der Biologe und Schriftsteller Bernhard Kegel erklärt, wie uns Pflanzen im Kampf gegen den Klimawandel helfen könnten.
Artensterben, Biodiversitätsverlust, Klimawandel: Der Zustand unseres Planeten kann ziemlich deprimieren. Aber es gibt Hoffnung, sagt der promovierte Biologe und Schriftsteller Bernhard Kegel.
"Es ist immer von Artensterben und Biodiversitäts-Krise die Rede: Das sind Begriffe, die die Dramatik des Geschehens eigentlich nur unvollkommen wiedergeben."
Um die Klimaziele zu erreichen, müssen Riesenmengen an CO2 aus der Atmosphäre entfernt werden. Zum Glück haben wir sehr talentierte Helfer auf unserer Seite, wenn wir sie denn helfen lassen. Die Rede ist von Pflanzen. Sie sind wahre "Meister der Kohlenstoffbindung", sagt Bernhard Kegel in seinem Vortrag.
"Vegetation hat einen deutlich sichtbaren Einfluss auf den CO2-Gehalt der Atmosphäre. Da liegt natürlich der Gedanke nahe, ob man sich diesen Effekt nicht zunutze machen und verstärken könnte."
Das gilt nicht allein für Bäume, von denen viel die Rede ist, wenn es um Klimaschutz geht. Auch Pflanzen, die in Mooren oder im Meer wachsen, können Kohlenstoff fixieren, viel mehr noch als Bäume. Schon jetzt binden Pflanzen einen signifikanten Teil der CO2-Emissionen, erklärt der Biologe und Schriftsteller anhand von Zahlen.
Nicht allein Bäume binden CO2
Gleichzeitig sorgt der Mensch aber schon lange dafür, dass diese natürlichen Kohlenstoffsenker zu Kohlenstoffschleudern werden, indem wir Wälder unter Stress bringen, Moore trockenlegen oder durch Düngemittel, das in Küstengewässer gespült wird, Seegraswiesen zerstören.
"Pflanzen retten die Welt schon seit Jahrzehnten, ohne dass wir es großartig merken. Wenn das nicht der Fall gewesen wäre, stünden wir heute schon vor noch viel größeren Problemen."
Was also muss getan werden? Bestehende Wälder müssen erhalten und klimaresistent gestaltet werden, erklärt Bernhard Kegel. Verlorene Wälder müssen renaturiert werden und neue Wälder aufgeforstet. Letzteres allerdings unter großer Vorsicht, denn Grün ist nicht gleich Grün. Falsche Aufforstung könne sogar mehr Treibhausgase produzieren, warnt Kegel.
Moore: elemantare Bedeutung für den Klimaschutz
Weniger bekannt als die Rolle der Wälder für den Klimaschutz ist noch immer die Rolle der Moore. Global bedecken sie nur drei Prozent der Landfläche, so Kegel, doch sie speichern doppelt so viel Kohlenstoff wie alle Wälder der Welt zusammen.


Voraussetzung ist: Wir lassen die Moore in Ruhe, sonst kehrt sich ihr Nutzen um. In Deutschland etwa wurden mehr als 90 Prozent der Moore trockengelegt. Während nasse Moore hervorragende Kohlenstoffsenken sind, beginne durch die Trockenlegung die mikrobielle Zersetzung – und damit die Freisetzung von viel CO2.
"Allein die deutschen trockengelegten Moore verursachen sieben Prozent der deutschen Treibhausgasemissionen. Das entspricht den gesamten Emissionen des deutschen Luftverkehrs."
Es gibt aber auch good news: Wenn wir die Moore wieder vernässen, stoppt die Freisetzung sofort wieder. Dafür gibt es eine Vielzahl an Methoden, die sogar weiterhin Landwirtschaft in den Mooren ermöglichen. Stichwort: Paludikultur. Denn die trockengelegten Moore werden zu großen Teilen bewirtschaftet, und den Landwirt*innen würden immense Einkommenseinbuße drohen, würde man die Moore ohne Plan B wieder unter Wasser setzen.
Klimaschützer unter Wasser: Blue-Carbon-Ökosysteme
Noch weniger bekannt als die Rolle der Moore für den Klimaschutz ist die der pflanzendominierten Ökosysteme in den Meeren, auch Blue-Carbon-Ökosysteme genannt. Sie sind vor allem an den Küsten zu finden. Mangroven gehören zum Beispiel dazu oder Seegraswiesen. Auch sie speichern auf gleicher Fläche viel mehr Kohlenstoff als Wälder, erklärt der Biologe.
Auch in diesem Bereich gibt es viele Initiativen, so Kegel in seinem Vortrag. In Deutschland forscht zum Beispiel das Geomar Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel zu Seegraswiesen, die sehr effizient sind bei der Aufnahme von CO2 sowie der Speicherung von Kohlenstoff in ihrer Biomasse und dem Boden.
Wälder, Moore, Seegras, Algen: großes Potential für Klimaschutz und Artenvielfalt
Alleine retten Pflanzen die Welt nicht, so das Fazit von Bernhard Kegel – aber ohne sie, schaffen wir es definitiv nicht. In seinem Vortrag legt er anhand vieler Fakten dar, wie gebeutelt die verschiedensten Lebensräume weltweit mittlerweile sind, ob auf der Erde oder im Meer. Ebenso erklärt Kegel im nächsten Schritt, wie und welche Pflanzen CO2 binden, um anhand von vielen Beispielen zu zeigen, was konkret getan werden könnte, um tatsächlich mit Land- und Wasserpflanzen den Klimawandel effektiv zu verlangsamen.


Bernhard Kegel hat Chemie und Biologie studiert und 1991 zum Thema Nebenwirkungen von Pflanzenschutzmitteln auf Bodentiere promoviert. Heute arbeitet er als Schriftsteller und Autor. Bernhard Kegel hat zahlreiche Sachbücher geschrieben, zuletzt "Mit Pflanzen die Welt retten. Grüne Lösungen gegen den Klimawandel" (2024, DuMont), das für den Deutschen Sachbuchpreis 2025 nominiert war.
Zum Thema des Buches hielt er den gleichnamigen Vortrag "Mit Pflanzen die Welt retten?" am 24. April 2025 am Institut für Biologie der Freien Universität Berlin im Rahmen der diesjährigen Haberlandt-Vorlesung.




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