Die Vogelgrippe breitet sich immer weiter aus. Tausende Wildvögel – vor allem Kraniche – sind verendet. Auch Landwirt Malte Voigts musste seine Enten und Gänse töten. Warum schlägt das Virus dieses Mal so zu? Und was bedeutet es für uns Menschen?
Malte Voigts nennt seine Gänse "treue Gefährten". Er ist geschäftsführender Gesellschafter eines Spargelhofs in Brandenburg – und selbst auch direkt betroffen. Die Vogelgrippe, die sich in Deutschland zurzeit rasant ausbreitet, hat auch Malte Voigts Betrieb erfasst. In der Fachsprache wird sie als Aviäre Influenza (AI) oder Geflügelpest bezeichnet.
Alle Bundesländern bis auf Bremen sind vom H5N1-Virus betroffen. Auch 15 weitere EU-Staaten haben damit zu kämpfen.
Vogelpest: Hoch ansteckende Virusvariante HPAIV
Das Virus breitet sich zurzeit so schnell aus, weil viele infizierte Kraniche in Vogelzügen über Deutschland fliegen. Tausende sind bereits verendet. Das Friedrich-Löffler-Institut (FLI), ein Forschungsinstitut für Tiergesundheit, hat die aktuelle Virusvariante HPAIV als hoch ansteckend klassifiziert.
Überall dort, wo das Virus nachgewiesen wird, müssen alle Hühner, Puten, Enten und Gänse vorsorglich getötet werden. Rund 200.000 Tiere waren es allein in diesem Herbst, schätzt das FLI.
"Dann gab es die Hiobsbotschaft, als am Samstagmorgen unsere Hauptkraft in einer Gänseherde den Kadaver eines Kranichs gefunden hat."
An einem Samstagmorgen (18:10.2025) wird ein toter Kranich in einer von Malte Voigts Gänse-Gehege entdeckt. Der majestätische Vogel lag mitten im Gänsegehege – vermutlich war er schon im Flug verendet oder kurz vor seinem Tod dort gelandet. Eine Nacht lang blieb der tote Vogel auf der Wiese liegen, berichtet Malte Voigts.
Gänse sind neugierige Tiere, sagt Malte Voigts. Das ist in diesem Fall problematisch: Man habe sehen können, dass die Gänse am Kadaver dran waren, daran gezuppelt haben, sagt er. Zu ihrem Unglück haben die Nutzvögel den toten Kranich inspiziert und sich dabei infiziert.
"Die Gänse werden in den Wiesen eingesammelt. Wenn man das sieht, kriegt man feuchte Augen, denn Gänse sind einfach so treue Gefährten."
Kraniche symbolisierten einst das Glück. Aber der verendete Vogel bringt nun großes Unglück über Maltes Hof. Ein Test bestätigt: Einige der Gänse haben sich infiziert. Der Tierarzt informiert das Veterinäramt.
Die Konsequenz ist für Malte Voigts dramatisch: Denn das Veterinäramt ordnet die Keulung an. Über 5.000 Gänse und mehr als 3.500 Enten müssen getötet werden. Das Einsammeln der arglosen Tiere lässt Malte Voigts Tränen in die Augen steigen.
In einem geschlossenen Container werden die Gänse und Enten erst mit Gas betäubt und schlafen ein, bevor der Sauerstoff ausgeht und sie verenden, beschreibt er die Keulung.
"Natürlich halten wir Nutztiere, um sie nachher dann auch zu essen und zu verkaufen. Aber das ist aus meiner Sicht noch etwas anderes, als wenn jemand hierher kommt und Tiere ratzfatz keult."
Auch einige Schau- und Ziergeflügelarten – Pfauen, Fasane, Perlhühner –, die er für Besucher hält, müssen getötet werden, obwohl sie getrennt gehalten wurden und ihre Tests negativ waren.
Malte Voigts kämpt darum, diese Vögel am Leben zu halten, aber ihr Todesurteil ist schon besiegelt.
Auch negativ getestetes Geflügel muss gekeult werden
Der Schutz von Nutz- und Wildvögel ist in diesem Fall vorrangig. Selbst negativ getestetes Geflügel muss getötet werden, wenn sich das Virus in der Umgebung nachweisen lässt. Das soll verhindern, dass sich die Krankheit weiter ausbreitet.
Alles in allem ist das nicht nur ein immenser wirtschaftlicher Schaden für viele Landwirte, sondern in Malte Voigts Fall ist der Vorlust all seines Geflügels auch emotional sehr aufreibend.
Bisher beläuft sich die Entschädigungszahlung auf 50 Euro. Das entsprechende Ministerium hat bei der EU den Antrag gestellt, den Betrag auf 110 Euro zu erhöhen.
Vogelgrippe schon seit 2004 global verbreitet
Die Vogelgrippe tritt weltweit seit 2004 immer wieder auf, erklärt Wissenschaftsjournalist Volkart Wildermuth. Warum es aktuell besonders viele Fälle in Brandenburg gibt, ist noch unklar.
Schon 2008 kam es in Israel zu einem großen Ausbruch bei Kranichen, zwei Jahre später starben in Ungarn rund 20.000 Tiere. In Deutschland kreuzen sich verschiedene Zugrouten der Kraniche – einige kommen aus Skandinavien, andere aus Polen und dem Baltikum. "Und das sind die Kraniche, die jetzt bei uns verenden", sagt Volkart Wildermuth.
Übetragungen der Vogelgrippe auf Nerzfarmen in Spanien und Rinder in den USA hat es bereits gegeben. Auch bei Menschen, die eng mit Geflügel zu tun haben, gab es bereits Infektionen.
Wie hoch ist die Gefahr für den Menschen?
Damit das Virus sich von Mensch zu Mensch ausbreiten könnte, müsste es sich vermutlich mit Viren vermischen, die bereits an den Menschen angepasst sind, sagt Volkar Wildermuth. Experten sind über diese potenzielle Gefahr durchaus besorgt, obwohl dieser Fall seit 2020 noch nicht eingetreten ist. Man muss keine Albträume deswegen haben, sagt Volkart Wildermuth, aber ausgeschlossen ist es dennoch nicht.
Vogelkadaver gefunden - was tun?
Wer einen verendeten Kranich oder anderen Wildvogel findet, sollte keinesfalls selbst Hand anlegen. Stattdessen gilt:
- Nicht anfassen.
- Fund dem örtlichen Veterinäramt melden.
Außerdem empfehlen Fachleute, die Schuhe nach einem Spaziergang zu reinigen oder zu desinfizieren – möglicherweise trägt man Reste von infiziertem Kot an der Sohle. Auch Hunde sollten keine toten Vögel ins Maul nehmen, rät der Naturschutzbund.
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