Angesichts des Leids durch Krieg und Terror fühlt es sich für manche im ersten Moment falsch an, auszugehen, zu feiern oder den Urlaub zu planen. Doch unser Leben geht weiter. Wie können wir die Normalität und diese bedrückenden Ereignisse vereinbaren? Genau darum geht es in dem Gespräch mit der Psychologin Denise Ginzburg.
"Es ist schwierig für uns, diese Situation klarzukriegen", sagt die Psychologin Denise Ginzburg. Wir sehen auf der einen Seite das Leid, das zum Beispiel durch den Krieg gegen die Ukraine verursacht wird. Gleichzeitig leben wir unser Leben weiter. "Wir müssen erst einmal eine Haltung dazu finden", glaubt die Psychologin.
Schuld- und Ohnmachtsgefühle überwinden
Bei manchen entstehen auch Schuld- und Ohnmachtsgefühle: Wir können hier weiter Spaß haben und gleichzeitig nichts gegen den Krieg unternehmen. Denise Ginzburg rät, aus dieser Haltung herauszugehen und sich klarzumachen, dass es Dinge gibt, die jeder tun kann, wie demonstrieren gehen und für die Werte der westlichen Welt einstehen. Gleichzeitig können wir genau diese Welt, für die wir uns stark machen, auch genießen. Sich komplett zurückzuziehen, würde an der Situation nichts ändern.
"Trotzdem kann ich das Leben, für das wir alle kämpfen, auch genießen."
Das, was jeder tun kann, um sich gegen das Leid einzusetzen, sollte er tun. Deswegen müsse sich niemand schlecht fühlen. Für jeden Menschen können das ganz unterschiedliche Dinge sein wie Spenden, Demonstrieren oder Geflüchteten helfen. Genauso unterschiedlich fühlen Menschen auch, ob sie trotzdem ausgelassen feiern oder lieber etwas zurückhaltender sein möchten.
Nicht in eine Negativ-Spirale geraten
Einige haben vielleicht auch erlebt, wenn sie sich mit Freunden und Freundinnen getroffen haben, dass es nur noch dieses eine Kriegsthema gibt. Aber nicht jeder Mensch verkraftet solche Gespräche gleich gut. Deshalb rät die Psychologin, wenn jemand merkt, es wird zu bedrückend, das auch anzusprechen und vorzuschlagen, über andere Dinge zu sprechen und auch den gemeinsamen Abend zu genießen: "Wir vergessen nicht, aber wir leben trotzdem jetzt und hier".
"Es ist wichtig, nicht in eine negative Spirale zu geraten."
Jeder Mensch hat eine Art mit Schrecken oder schwierigen Situationen umzugehen, sagt die Psychologin. Manche können ganz klar darüber kommunizieren und über ihre Gefühle sprechen, andere distanzieren sich oder blenden das Geschehen ganz aus. Für andere sind Witze oder Sarkasmus eine Art, schreckliche Ereignisse zu verarbeiten.
Menschen mit Ängsten beistehen
Wiederum andere haben so große Sorgen und Ängste, dass sie Menschen brauchen, die ihnen jetzt zur Seite stehen. Das sei auch eine Art, jetzt in dieser Krise etwas zu tun. Denn Kinder, Jugendliche und auch Erwachsene können die Nachrichten und Bilder vielleicht nicht gut einordnen oder verarbeiten. Ihnen das Gespräch anzubieten und ruhig auf die Ängste einzugehen, könne helfen.
"Diese Menschlichkeit ausstrahlen: Du, ich bin für dich da. Das ist ganz viel, was wir geben können."