"Die Ausweichschule" von Kaleb Erdmann ist ein auto-fiktionaler Roman, in dem ein Schriftsteller das Wagnis auf sich nimmt, von einem Amoklauf zu erzählen, ohne dabei wie der Host eines True-Crime-Podcasts zu klingen.
Der namenlose Erzähler in Kaleb Erdmanns Roman "Die Ausweichschule" denkt bei Erfurt an das Jahr 2002. Er war damals – wie Erdmann selbst – elf Jahre alt und schrieb gerade eine Kurzarbeit über Pinguine, als ein ehemaliger Schüler das Gutenberg-Gymnasium betrat und nacheinander sechzehn Menschen und schließlich sich selbst tötete.
"Er sieht in den Spiegel. Er sieht lila Augenringe und madenweiße Haut. Er sieht ungesund aus, aufgequollen von Alkohol, Apfeltaschen und Angstattacken."
Der namenlose Erzähler im Zentrum des Romans ist ein Überlebender, ein Künstler und ein junger Mann mit einer Angststörung. Er hatte immer wieder mal überlegt, ob er das Erlebte von damals in einen Roman einfließen lassen sollte, aber wusste nicht wie. Er hatte unzählige Notizen angehäuft, und auf seinem Rechner existieren mehrere Erfurt-Dateien.
"Die Ausweichschule" von Kaleb Erdmann: Kein Voyeur sein und kein Opfer
Aber: Er will kein Voyeur sein, kein Krisen-Reporter und auch kein Opfer. Er will sich erinnern, aber selbst das ist schwierig. Welche Perspektive bleibt ihm? Und welche Erinnerungen entsprechen der Realität? Damals war er noch ein Kind.
Was befindet sich am Boden des Abgrunds?
Als ihn ein Mann vom Theater anschreibt und ihn um ein Gespräch bittet, weil er ein Stück über den Amoklauf plant, geht eine Tür auf, hinter der sich ein Abgrund auftut. Die Frage ist nicht, ob der namenlose Erzähler den Abgrund überwindet, ob er weit und hoch genug springt. Die Fragen sind, wie tief der Abgrund ist, ob er bis auf den Boden sehen kann und: was sich dort befindet.
Das Buch:
"Die Ausweichschule" von Kaleb Erdmann, park x ullstein (Imprint vom Ullstein-Verlag, 300 Seiten, gebundene Ausgabe (Hardcover): 22 Euro, eBook: 17,99 Euro. Das Hörbuch wurde gelesen von Pascal Houdus, circa 6,5 Stunden lang; Erscheinungstermin: 31.07.2025
Der Autor:
Kaleb Erdmann, Jahrgang 1991, studierte Literarisches Schreiben am Deutschen Literaturinstitut Leipzig, sowie Soziologie und Politische Theorie in München und Frankfurt am Main.
Er war Finalist des "open mike – Wettbewerb für junge Literatur", wurde für sein Theaterstück "Unten" für den Retzhofer Dramapreis nominiert und war als Autor und Redakteur Teil verschiedener Fernseh- und Unterhaltungsformate.
Sein erster Roman "Wir sind Pioniere" wurde mit dem Debütpreis der LitCologne ausgezeichnet. Zuletzt schrieb er für das Berliner Ensemble das Stück "Always Carrey On". Kaleb Erdmann lebt und arbeitet in Düsseldorf.
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