Ein kleines Dessert, das wie Obst aussieht, sorgt für volle Cafés und Instagram-Posts. Aber warum? Hinter Foodhypes steckt weit mehr als nur Zucker: Es geht um Geschichten, Status, Exklusivität – und um das Gefühl, bloß nichts zu verpassen.
Vor einem Kölner Café hat sich eine lange Schlange gebildet. Viele wollen eines der täuschend echten Fruchtdesserts probieren – eine Erfindung des Pariser Konditors Cédric Grolet, die Instagram erobert hat.
"Ich glaube, ich bin auch so ein kleines Trendopfer. Wenn mir das in den Algorithmus geschossen wird, dann muss ich das ausprobieren."
Jenny interessiert sich für Foodtrends. Paris sei für sie zu weit, sagt sie. Aber Köln biete eben die Gelegenheit, das Trendgebäck endlich Mal selbst zu testen.
Auch Café-Betreiber Batuhan Kotsch setzt bewusst auf den Hype.
"Es sieht visuell ansprechend aus. Kleine Früchte, schön farbig – und die Resonanz war super."
Er betont, dass es ihm weniger um den Umsatz gehe, sondern darum, bei seinen Gästen und Followern im Gespräch zu bleiben.
Mehr als nur ein Törtchen
Doch was macht ein Dessert zu einem Phänomen? Konsumforscher Tim Gensheimer erklärt, dass man seiner Ansicht nach nicht nur ein Stück Gebäck kauft, sondern immer auch ein Erlebnis, eine besondere Ästhetik und eine Geschichte.
"Am Ende kauft man nicht nur ein Törtchen, sondern ein Erlebnis, eine Ästhetik, eine Story."
Seiner Einschätzung nach geht es bei Foodtrends weniger um den Geschmack selbst, sondern vor allem um die Geschichte, die man damit verbindet. Der Hype lebt also quasi vom Spektakel drumherum.
Anstehen als Ritual
Ein weiterer Faktor sei die künstliche Verknappung. Damit beschreibt Gensheimer, dass soziale Bestätigung und die Angst, etwas zu verpassen, wichtige Treiber sind. Auch das lange Anstehen werde für viele zu einem Ritual, das den Moment noch wertvoller macht.
"Wer ein Trendprodukt früh kauft und zeigt, dass er dabei war, bekommt Anerkennung und gilt als Trendsetter."
Für Gensheimer ist das kleine Törtchen deshalb ein Symbol, das weit über seinen Biss hinausgeht.
Status, Zucker, Glücksgefühl
Neben der Exklusivität spielt auch der Preis eine Rolle. Ein hoher Wert steigert das Gefühl von Prestige, so Gensheimer. Betreiber Batuhan hat dazu noch eine andere Theorie: Er vermutet, dass genau diese Mischung aus Zucker, Geschmack und Gruppendruck dafür sorgt, dass der Hype anhält.
"Der Körper schüttet Endorphine aus, wenn er Zucker bekommt. Das gibt ein Glücksgefühl. Vielleicht werden die Leute sogar süchtig danach."
Für Kundin Corinna, die gerade ein Mangotörtchen bestellt hat, zählt aber noch etwas anderes: Sie ist davon überzeugt, dass viele Menschen in einer von negativen Nachrichten geprägten Welt nach kleinen Momenten suchen, die wie ein kurzer Urlaub wirken.
