Alice und Yaz sind beste Freundinnen – und streiten sich auch mal. Am Anfang war das schwierig für sie. Denn die beiden sind unterschiedliche Streittypen. Wie sie damit umgehen, und warum Freundschaften von Streitigkeiten sogar profitieren können.
Konflikte mit dem Partner oder der Partnerin kennen viele von uns. Aber sich mit guten Freunden zu streiten? Bei den besten Freundinnen Alice und Yaz kommt es durchaus zu Konflikten. Und jede übernimmt dann eine bestimmte Position, erzählt Alice: "Ich bin jemand, der auf jeden Fall Dinge ausdiskutieren möchte – am besten sofort. Und Yaz ist jemand, die immer sehr gerne die Dinge erst mal verarbeitet, sich erst mal zurücknimmt und sagt: 'Okay, mich überfordert diese Situation. Lass uns am besten morgen sprechen.'"
"Ich gehe in den Angriff und Yaz in den Rückzug."
Wenn unterschiedliche Streittypen aufeinandertreffen
Yaz erklärt das so: "In solchen akuten Situationen kann ich meine Gedanken nicht sortieren. Ich weiß auch in dem Moment nicht, was ich fühle. Ich werde dann auch bockig und kriege mich in dem Moment nicht gut reguliert." Deshalb braucht sie Abstand, um durchzuatmen.
"Im Streit kann ich unfassbar eklig werden und das will ich nicht."
In Streitsituationen argumentieren wir für unsere eigene Perspektive, sagt Alice. Sie findet es deshalb gut, dass Yaz sich in solchen Situationen erst mal zurücknimmt. "Ihre Herangehensweise ist da sehr viel sinnvoller nicht aus dieser Wut heraus zu agieren." Nach etwas Abstand können sich die beiden in der Regel auch viel besser in die Lage der anderen hineinversetzen, erklärt Alice.
Sie beschreibt es als Prozess, zu realisieren, dass sie und Yaz solche Streitsituationen meistern können. Die beiden versuchen inzwischen besser auf die Bedürfnisse der anderen einzugehen und Grenzen zu akzeptieren. Das hat dazu geführt, dass die beiden sich inzwischen deutlich seltener über banale Dinge streiten, sagt Alice.
"Wenn wir uns streiten, sind es wirklich so existenzielle Fragen – eigentlich wie in einer Beziehung."
Wie Freundschaften von Streit profitieren
Dass in Freundschaften Konflikte so ausgetragen werden wie bei Alice und Yaz, ist allerdings gar nicht so üblich, sagt Dominik Krinninger. Er ist Kulturwissenschaftler und Pädagoge an der Uni Osnabrück und erklärt, dass Freundschaften sehr viel stärker durch Freiwilligkeit geprägt sind.
Freunde, streitet euch!
"Wir führen unsere Freundschaften, weil wir sie führen wollen. Und dem widerspricht es dann natürlich, sich dauernd mit den Freunden in die Haare zu kriegen." Wenn Freundschaften eher von Konflikten geprägt sind, werden sie häufiger aufgegeben als partnerschaftliche Beziehungen, so Krinninger. Er findet deshalb, dass wir uns mit Freunden und Freundinnen streiten sollten und diese Konflikte auch richtig klären sollten. Für ihn ist das eine Form der Wertschätzung.
"Das ist Wertschätzung. Ich würde auch sagen, dass Freundschaften Konflikte durchaus vertragen können."
Wenn Freunde einen Streit oder einen Konflikt gut bearbeiten und wieder einfangen können, dann profitieren Freundschaften sogar davon, meint Krinninger: "Das macht die Freundschaft stark, wenn man zurückblicken kann und sagen kann: 'Weißt du noch damals, wie wir uns in die Haare gekriegt haben und ich dich nicht verstanden habe oder wie du mir vorgeworfen hast dies und so weiter.'"
Arbeit an Streitdynamik hat gefruchtet
Alice und Yaz finden, dass sie sich auch nach Jahren der Freundschaft immer noch besser kennenlernen. Und dazu tragen auch Situationen bei, die nicht so harmonisch sind. "Das wichtigste Fazit für uns: Wir versuchen nicht gegeneinander, sondern gemeinsam gegen das Problem zu streiten. Uns ist beiden bewusst: Wir wollen einander nicht verlieren." Heißt: Wenn die beiden ein Problem haben, wollen sie auch gemeinsam daran arbeiten.
Wie wir lernen, in Konflikten zu kommunizieren
Kommunikation spielt in Konflikten eine große Rolle, die eigentlichen Herausforderungen sind aber die Emotionen, sagt Franziska Holzheimer. Sie bietet Systemische Psychotherapie für Paare, Einzelpersonen, erwachsene Familienmitglieder und Befreundete an. Die Psychotherapeutin hält es für einen großen Vorteil, wenn wir in der Lage sind, konstruktive Konfliktgespräche zu führen.
"Zu sagen: 'Ich mag, dass es wieder gut ist zwischen uns.' setzt einen ganz anderen Ton für das Gespräch.
Starten könnten wir etwa mit: "Mir ist da etwas sauer aufgestoßen und ich merke, dass es mich beschäftigt. Ich merke, ich bin reservierter und eigentlich möchte ich das nicht. Und ich glaube, ich brauche, dass wir darüber kurz sprechen, weil ich mag, dass es zwischen uns wieder so ist wie vorher." Aus Sicht der Psychotherapeutin sorgen solche Worte für Zugewandtheit und dass Menschen sich weniger angegriffen fühlen.
Wenn die Fronten verhärtet sind, Pause machen
Sollten beide Konfliktparteien gerade zu stark an ihrer eigenen Position festhalten, rät die Psychotherapeutin dazu, eine Pause einzulegen. Das kann helfen, den Druck rauszunehmen, auf Biegen und Brechen eine Lösung zu finden und ein Konfliktgespräch zu entspannen. "Wenn man gelassen sagen kann: 'Wir kommen hier gerade nicht auf einen Nenner, können wir als Befreundete trotzdem in Verbindung bleiben und klären es vielleicht wann anders."
"Wenn man in ein Konfliktgespräch mit der Idee geht, sein Recht durchsetzen, hat man eigentlich schon verloren."
Die Psychotherapeutin rät auch dazu, in ein Konfliktgespräch nicht mit der Haltung zu gehen: Ich möchte jetzt unbedingt mein Recht durchsetzen. Das sorge am Ende nämlich nur für mehr Konflikte. Wichtiger sei es, zu versuchen, sich in die Gedankenwelt der anderen Person hineinzuversetzen. "Das heißt nicht, dass ich das übernehmen oder damit einverstanden sein muss. Aber schaffe ich es, neugierig zu sein und mein Gegenüber zu fragen: Wie hast du das denn erlebt und wie denkst du denn?"
Wann steht eine Freundschaft vor dem Aus?
Wenn wir in diese Haltung kommen, ist es leichter zu sagen: Da sind wir total unterschiedlich und ich finde das fordernd, aber ich kann es akzeptieren, meint Franziska Holzheimer. Wenn Freundschaft von beiden Seiten allerdings unterschiedlich verstanden wird und es dauerhaft an Akzeptanz fehlt, sei es auch legitim, einen Schlussstrich zu ziehen.
Redaktioneller Hinweis: Auf dem Bild ganz oben sind nicht Alice und Yaz zu sehen.
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