• Deutschlandfunk App
  • ARD Audiothek
  • Spotify
  • Apple Podcasts
  • Abonnieren

Unser Denken wird durch eine Vielfalt komplexer neuronaler Verbindungen ermöglicht. Von diesem Netzwerk versuchen Forscherinnen und Forscher nun, eine Karte zu erstellen. Ein Vortrag des Neurowissenschaftlers Moritz Helmstaedter.

Unsere Großhirnrinde ist nur drei bis vier Millimeter dick, und doch findet all unser Denken dort statt. Die Pfade, Verbindungen, Kommunikationswege und -arten in unserem Gehirn sind unglaublich komplex. Um zu verstehen, wie wir denken, lernen oder uns erinnern, müssen wir diese Struktur unseres Gehirns entschlüsseln.

"Ich hoffe, Sie sind alle wahnsinnig stolz auf ihre Großhirnrinde. Denn das ist der Ort, wo wir denken, planen und interessante Ideen haben."
Moritz Helmstaedter, Neurowissenschaftler

Genau das versucht Moritz Helmstaedter. Er hat Medizin und Physik studiert und ist Direktor des Max-Planck-Instituts für Hirnforschung. Mit seinem Team versucht er, die neuronalen Kommunikationsverbindungen im Gehirn zu kartografieren. "Connectomics" heißt dieses relativ neue Gebiet der neurowissenschaftlichen Grundlagenforschung.

Was unterscheidet das Gehirn von Menschen und Mäusen?

Dabei geht es auch darum, die Unterschiede in den Gehirnstrukturen von Menschen und anderen Säugetieren zu erfassen. Unser Gehirn ist zum Beispiel vom Volumen her ungefähr eintausend Mal so groß wie das einer Maus.

Aber unterscheidet sich ein menschliches Gehirn auch auf der neuronalen Ebene vom Mäusehirn? Also darin, wie die Nervenzellen miteinander kommunzieren? Ja, das tut es tatsächlich – und zwar auf unerwartete Weise, erklärt Moritz Helmstaedter.

"Die Maus merkt sich Dinge. Aber dass sie den aktuellen Sinneseindruck nochmal kontempliert – das ist wahrscheinlich nicht so."
Moritz Helmstaedter, Neurowissenschaftler

Sowohl Menschen als auch Mäuse, haben erregende und hemmende Nervenzellen. Doch Menschen haben viel mehr hemmende Nervenzellen als Mäuse. Diese Entdeckung war für die Forschenden eine große Überraschung, sagt der Neurowissenschaftler. Wir Menschen haben also so eine Art "Stotterbremse" im Gehirn.

Hemmende Nervenzellen, die "Stotterbremse" im menschlichen Gehirn

Unser Gehirn ist so geschaltet, dass Signale gebremst und wieder losgelassen und wieder gebremst werden. Das Gehirn der Maus funktioniert nicht so. Es könnte daher sein, so Moritz Helmstaedter, dass dieser Mechanismus dazu beiträgt, dass wir Gedanken länger im Kopf behalten können als Mäuse.

"Eine 'Stotterbremse' verlangsamt den Zeitverlauf eines Bremsvorgangs. Das könnte dazu beitragen, dass die Dauer unserer Gedanken länger sein kann."
Moritz Helmstaedter, Neurowissenschaftler

Moritz Helmstaedter hat Physik und Medizin studiert und ist Direktor am Max-Planck-Institut für Hirnforschung in Frankfurt am Main. Seinen Vortrag mit dem Titel "Connectomics: Kartografie des Denkens" hat er am 2. April 2025 in Frankfurt am Main im Rahmen der Vortragsreihe "Faszination Gehirn" gehalten. Organisiert hat diese Reihe die Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung in Kooperation mit der Hertie-Stiftung.

Shownotes
Neuronale Netze
Warum Menschen anders denken als Mäuse
vom 23. Mai 2025
Moderation: 
Sibylle Salewski
Vortragender: 
Moritz Helmstaedter, Neurowissenschaftler, Max-Planck-Institut für Hirnforschung, Frankfurt am Main