Die Insel war unter anderem holländisch, chinesisch und japanisch. Und damit beginnt sie dann eigentlich erst: Die andauernde Zeit taiwanesischer Unabhängigkeit. Einblicke in die verworrene Geschichte des Inselstaats Taiwan.
Bei den alliierten Nachkriegskonferenzen geht es 1945 nicht nur um Europa, sondern auch um die Zukunft Japans und des ostasiatischen Raums, in dessen Mitte die Insel Taiwan liegt. Einst wurde sie "Ilha Formosa", "Schöne Insel", genannt – portugiesische Seefahrer hatten ihr im 16. Jahrhundert diesen Namen gegeben. Sie waren die ersten Europäer, die die Insel entdeckten – sie ließen sich aber nicht dauerhaft dort nieder.
Erst in holländischem Kolonialbesitz, später 212 Jahre Bestandteil des chinesischen Kaiserreichs
Ganz im Unterschied zu den Niederländern, die dort 1624 die Kolonie Niederländisch-Formosa etablierten, die bis 1662, also 38 Jahre lang, Bestand hatte.
Danach gehörte Taiwan 22 Jahre lang zum Königreich Tungning, das der chinesische Kriegsherr Zheng Chenggong gegründet hatte.
Weit über 200 Jahre, von 1683 bis 1895, gehörte Taiwan dann zum Kaiserreich China – 1885 wurde es offiziell zur 22. Provinz des Reiches erklärt. Doch schon zehn Jahre später änderte sich die politische Lage: Nach dem japanisch-chinesischen Krieg, den China verlor, wurde Taiwan 1895 von Japan annektiert.
"Taiwan ist seit den 90er-Jahren auch sehr eng mit dem chinesischen Festland verbunden."
Bis 1945 bleibt Taiwan japanische Kolonie. Während Japan auf Taiwan das Sagen hatte, rumorte es in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts auf dem chinesischen Festland. 1912 endete mit Puyi als letztem Monarch der Qing-Dynastie die Kaiserzeit in China.
1895-1945: Taiwan als japanische Kolonie
Es folgte die Gründung der Republik China, an die sich einige Jahre später ein erbitterter Bürgerkrieg zwischen den von Stalin unterstützten und von Mao Zedong angeführten Kommunisten und den Regierungstruppen der Kuomintang anschloss. Deren Anführer war Chiang Kai-shek (unser Foto oben), der später Taiwan teilweise diktatorisch regierte.
Nach den Abwürfen der beiden Atombomben über Hiroshima und Nagasaki hatte der Zweite Weltkrieg im Pazifik mit der japanischen Kapitulation Anfang September 1945 geendet. Danach entschieden die Alliierten, dass Japan die Insel Taiwan an China zurückgeben muss.
Ende des Bürgerkriegs
Der Bürgerkrieg in China ging aber auch noch nach dem Zweiten Weltkrieg weiter. Am 1. Oktober 1949 endete er mit der Ausrufung der Volksrepublik China mit dem großen Vorsitzenden Mao Zedong an der Spitze.
Taiwan als abtrünnige Provinz
Die Verlierer des chinesischen Bürgerkriegs, Chiang Kai-shek und seine Anhänger, flohen nach Taiwan und beanspruchten, die rechtmäßigen und vor allem frei gewählten Repräsentanten des gesamten chinesischen Volks zu sein. Im Kontrast zur Volksrepublik nannten sie die Insel Republik China.
"Die Bevölkerung Taiwans möchte kein Teil der Volksrepublik China sein. Weil man ganz andere Bürgerrechte hat und die Menschenrechte stärker beachtet."
Bis heute betrachtet Festland-China Taiwan als abtrünnige Provinz und macht aus der Absicht keinen Hehl, die Insel – wenn es sein muss, auch mit militärischen Mitteln – zurückzuholen.
Ihr hört in Eine Stunde History:
- Der Chinakenner Thomas Weyrauch blickt auf die bewegte Taiwans im Schatten Festlandchinas zurück.
- Der Tübinger Sinologe Gunter Schubert erläutert die Politik Taiwans unter General Chiang Kai-shek.
- Der Philosoph und Schriftsteller Stephan Thome lebt auf Taiwan und schildert die aktuelle Lage angesichts der chinesischen Interventionsdrohungen.
- Der Deutschlandfunk Nova-Geschichtsexperte Matthias von Hellfeld blickt zurück auf die Zeit, in der Taiwan am Ende des 19. Jahrhunderts offiziell eine chinesische Provinz wurde.
- Deutschlandfunk-Nova-Reporter Tobias Sauer erinnert an die Rückgabe der Insel an China Ende Oktober 1945.
Hinweis (06.11.2025): In einer früheren Version dieses Textes und auch im Audio waren Fehler. Unter anderem hieß es, Taiwan sei in portugiesischem Kolonialbesitz gewesen und jahrhundertelang niederländische Kolonie. Beides ist falsch. Wir haben die Fehler im Audio und im Text inzwischen korrigiert und bitten das zu entschuldigen.