Yaz hatte genug von der Selbständigkeit und wollte wieder angestellt sein. Dass ihr manche Skills fehlen, hat sie bei Bewerbungen mitunter unterschlagen. Mit Erfolg. Wann es sich lohnen kann, sich bei fehlenden Qualifikationen trotzdem zu bewerben.
Englischkenntnisse: fließend oder verhandlungssicher? Was war noch mal der genaue Unterschied? Ahh, der Arbeitgeber wünscht sich Sprach-Skills auf C3-Level.. Was heißt das noch mal? - Oft müssen wir uns erst im Netz schlau machen, wenn wir eine Bewerbung für eine bestimmte Stelle anpassen wollen.
"Ich würde schon sagen, dass ich zu 95 Prozent ehrlich gewesen bin, was meine Fähigkeiten angeht."
Computerkenntnisse? Jein. Textverarbeitung ist kein Probleme, eine Excel-Tabelle zu erstellen schon eher. – Auch Yaz hat ihre Probleme mit Computerprogrammen, als sie sich auf die Jobsuche begibt. Vieles, was gefordert wird, hatte sie in ihren bisherigen Jobs gar nicht gebraucht. Aber bei einer Bewerbung zugeben, dass man nur über geringe MS-Office-Kenntnisse verfügt? Da wäre die Absage bei einem Bürojob ja schon fast sicher.
"Meine Microsoft-Office-Kenntnisse habe ich auf jeden Fall besser dargestellt, als sie sind. Aber das kann man ja auch alles lernen. Dementsprechend würde ich schon sagen, dass ich sehr ehrlich war."
Yaz bewirbt sich nicht auf alle Stellen, die sie anfangs ins Auge fasst. Sie müsse sich "eingeladen" fühlen, um sich tatsächlich an den Laptop zu setzen und eine Bewerbungsschreiben zu verfassen. Ob in einer Ausschreibung drinsteht, dass ein Studium "vorteilhaft" oder "notwendig" ist, macht dabei für Yaz auch einen Unterschied. Denn ein Studienabschluss hat sie nicht.
"Für mich war zum Beispiel wichtig zu sehen: Okay, Quereinsteiger dürfen sich überhaupt bewerben. Wenn das nicht drin stand, dann habe ich mich nicht getraut, mich zu bewerben."
Ursprünglich hat Yaz "Operationstechnische Assistentin" gelernt und als Berufseinsteigerin in dem Job auch gearbeitet. Die Arbeitsbedingungen waren ihr aber langfristig zu aufreibend, sodass sie sich mit einer Freundin dazu entschieden hat, sich als Podcast-Host selbständig zu machen.
Etwa vier Jahre lang hat sie das durchgezogen. Dann war ihr Wunsch nach mehr finanzieller Sicherheit so groß, dass sie sich als Quereinsteigerin für Jobs im Bereich Sales umgesehen hat.
"Wir haben uns gut verstanden und ich hatte das Gefühl, mich gut verkauft zu haben. Und dann kam am nächsten Tag einfach direkt die Absage ohne Begründung, ohne alles."
Manchmal fühlt sich für sie ein Vorstellungsgespräch wie ein Match an, aber schon am nächsten Tag kommt dann die Absage. Das führte zu einer gewissen Verunsicherung, sagt Yaz. Zeitweilig zweifelt sie, ob sie überhaupt eine Stelle im "Sales"-Bereich findet.
"Wenn ich wirklich klar herauslesen konnte, ich erfülle die Anforderungen definitiv nicht, dann hab ich mich darauf auch nicht beworben."
Durch Fehler bei Vorstellungsgesprächen lernte Yaz hinzu. Und am Ende zahlte sich ihre Hartnäckigkeit auch aus.
Selbstbewusstsein spielt bei der Jobsuche eine wichtige Rolle
Absagen können verunsichern, keine Frage. Ein gewisses Selbstbewusstsein in der Jobsuche ist aber wichtig. Tanja Hentschel ist Psychologin und lehrt an der Uni Amsterdam. Sie verweist auf eine Studie ihres Kollegen Richard Ronay, in der es auch darum geht, wie stark Selbstbewusstsein eine Bewerbung beeinflusst.
Es hilft uns, den bestmöglichen Eindruck bei den potenziellen Arbeitgebern zu hinterlassen. Die Psychologin sagt, dass wir mit dem gewissen Selbstvertrauen ...
- ... eine bessere Leistung zeigen – zum Beispiel bei einem Job-Pitch.
- ... uns eher Führungsqualitäten zugeschrieben werden.
- ... andere sich von unserem Selbstvertrauen mitunter blenden lassen und weniger auf unsere tatsächlichen Kompetenz achten.
"Mein Kollege Richard Ronay hat eine Studie gemacht und gezeigt, dass Personen mit übermäßigem Selbstvertrauen auch eher ausgewählt werden in Bewerbungssituationen."
Auch von den Anforderungen in einer Jobausschreibung sollten wir uns nicht zu sehr einschüchtern lassen: Die zu 100 Prozent zu erfüllen, ist sicherlich nicht notwendig, sagt Alexandra Redel von Arbeiterkind.de, eine gemeinnützigen GmbH, die Menschen unterstützt, die als Erste in ihrer Familie studieren.
Ihr müsst nicht immer alles können
Sie selbst hat erlebt, dass bei manchen Ausschreibungen, bei denen sie dachte, dass es nicht so gut passt, erfolgreicher war, als bei anderen, die sie für passender hielt. Um herauszubekommen, worauf der jeweilige potenzielle Arbeitgeber besonders wert legt, empfiehlt Alexandra Redel, die Ausschreibungen systematisch von oben nach unten durchzugehen. Sie sagt, dass oben meist die wichtigeren Dinge stehen, die unwichtigeren weiter unten.
"Ganz oben stehen meistens die Dinge, die wirklich wichtig sind, die unabkömmlich sind, um eine Stelle machen zu können."
Um tatsächlich einzuschätzen, welche Eigenschaften und Fertigkeiten bei einer Bewerbung den Unterschied machen können, gehört etwas Übung dazu. Dabei sollten wir auf unser Bauchgefühl hören, empfiehlt Alexandra Redel.
Und auch eine Recherche zum Arbeitgeber kann helfen herauszufinden, welche Fähigkeiten wir in unserer Bewerbung hervorheben sollten, sagt Alexandra Redel. Manchmal kann es also offenbar zielführender sein, den Fokus auf die richtigen Skills zu legen, als zu übertreiben, um besonders gut rüberzukommen.
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