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Premierminister Sébastien Lecornu tritt zurück, Frankreich steht ohne Regierung da. Schon wieder. Und das nur einen Tag nach Ernennung eines neuen Kabinetts. Jetzt muss Staatspräsident Emmanuel Macron handeln. Wie wird es in Frankreich weitergehen?

Frankreich steckt in einer politischen Endlosschleife: Kaum hat Präsident Emmanuel Macron einen Premierminister ernannt, muss er schon wieder einen neuen suchen.

Nur 27 Tage nach seiner Ernennung ist Premierminister Sébastien Lecornu zurückgetreten. Für viele war das keine Überraschung, sondern das nächste Kapitel einer Dauerkrise, die das Vertrauen in die Politik weiter erodieren lässt.

Für viele Französinnen und Franzosen ist dieser Rücktritt ein Schock, aber kein unerwarteter. Der 19-jährige Jura-Student Nicolas Fonkou studiert in Saarbrücken, kommt aber aus Paris und verfolgt das Geschehen genau. Er sagt, dass ihn die Nachricht zwar nicht überrascht, aber frustriert habe.

"Ich bin ein bisschen traurig und angestrengt, weil das alles eher unangenehm ist. Man muss sich ständig informieren, wer jetzt wieder Premierminister ist."
Nicolas Fonkou, 19, Jura-Student in Saarbrücken

Nicolas meint, trotz allem bleibe er hoffnungsvoll – bei jeder neuen Nominierung wünsche er sich, dass die Regierung diesmal länger halte.

"Jedes Mal, wenn eine neue Nominierung kommt, habe ich Hoffnung, dass der Premierminister länger bleibt als der vorherige."
Nicolas Fonkou, 19, Jura-Student in Saarbrücken

"Auf wackeligen Beinen"

Auch für Deutschlandfunk Nova-Korrespondentin Christiane Kaess kam der Rücktritt schon überraschend, obwohl Lecornu von Beginn an keine stabile Mehrheit gehabt habe. Zudem hätte er ständig unter Druck gestanden – sowohl aus der Opposition als auch aus dem eigenen Lager.

"Wir wussten alle, dass es schwierig wird. Diese Regierung stand auf wackeligen Beinen, sie hatte keine Mehrheit und musste sich jede Zustimmung mühsam zusammensuchen."
Christiane Kaess, DLF Nova Korrespondentin in Paris

Lecornu habe selbst betont, dass er kompromissbereit gewesen sei, andere aber nicht. Damit habe er den politischen Partnern vorgeworfen, ihre Machtinteressen über die Regierungsfähigkeit zu stellen.

"Er sagte, man könne nicht Premierminister sein, wenn die Bedingungen nicht stimmen. Er war zu Kompromissen bereit – aber alle anderen nicht."
Christiane Kaess, DLF Nova Korrespondentin in Paris

Frankreichs Systemkrise

Christiane beschreibt die tieferliegende Ursache: eine zersplitterte Nationalversammlung, drei große Blöcke und kaum Bereitschaft zu Kompromissen. In Frankreich gelte Kooperation schnell als Schwäche – ein Gegensatz zu Deutschland, wo Koalitionen Alltag sind.

"Frankreich tut sich unglaublich schwer mit Kompromissen. Viele Politiker hier sehen Kompromisse als Schwäche, nicht als Stärke.“
Christiane Kaess, DLF Nova Korrespondentin in Paris

Das Misstrauen der Bevölkerung wachse, Macrons Zustimmungswerte lägen bei nur 17 Prozent. Auch Nicolas Fonkou spürt, dass seine Generation das Vertrauen verliert. Immer weniger glaubten, dass Politik tatsächlich noch Lösungen bringe.

Jetzt richtet sich alles auf Präsident Emmanuel Macron. Christiane Kaess sagt, er könne einen neuen Premier ernennen, Neuwahlen ausrufen oder selbst zurücktreten – wobei Letzteres als unwahrscheinlich gilt. Noch halte Macron an seinem Mandat bis 2027 fest, doch sein Handlungsspielraum werde enger.

"Macron hat drei Optionen: einen neuen Premier, Neuwahlen oder selbst den Rückzug. Im Moment spricht vieles dafür, dass er bleibt – aber der Spielraum wird kleiner."
Christiane Kaess, DLF Nova Korrespondentin in Paris

Ihr habt Anregungen, Wünsche, Themenideen? Dann schreibt uns an unboxingnews@deutschlandradio.de

  • Unboxing News
  • Moderation: Ilka Knigge
  • Gesprächspartnerin: Christiane Kaess, Deutschlandfunk-Korrespondentin in Paris
  • Gesprächspartner: Nicolas Fonkou, 19 Jahre, studiert in Saarbrücken Jura