Russland will den Bevölkerungsrückgang aufhalten und Frauen motivieren, schwanger zu werden. Teils sind die Ideen absurd – und ziemlich frauenfeindlich und sexistisch.
Die Geburtenrate ist in Russland mit 1,42 Kindern pro Frau nicht niedriger als in vielen europäischen Ländern. Im Vergleich: Die Geburtenrate in Deutschland liegt bei 1,39. Das Problem in Russland ist die hohe Sterblichkeit, insbesondere bei Männern.
Russische Männer sterben im Schnitt zwölf Jahre früher als Frauen. Und mehr als die Hälfte erreicht nicht das Alter von 65 Jahren. Gründe sind Alkoholismus, Rauchen, Unfälle und seit 2022 auch der russische Angriffskrieg in der Ukraine.
Wie Russland Schwangerschaften fördern will
Nun sollen also die russischen Frauen ihre Reproduktionsleistung steigern und mehr Kinder bekommen. In der Nähe Moskaus hatte ein Stadtrat den Frauen vorgeschlagen, kürzere Röcke zu tragen, berichtet ARD-Korrespondentin Stefanie Markert. Ein Bürgermeister einer südrussischen Stadt hat in einer Videobotschaft den Männern vorgeschlagen, sich abends öfter an die Liebste heranzuschleichen.
"Sie sollten sich doch mal am Abend an die Liebsten heranschleichen und dann hätte man in neun Monaten zum Jahresende nicht 700 Neugeborene, sondern 10.000 in dieser Stadt."
Abgeordnete der Staatsduma, dem Unterhaus des russischen Parlaments, haben für Frauen eine Arbeitszeitverkürzung vorgeschlagen, damit sie abends nicht so müde nach Hause kämen. Oder es solle sonntags kein Alkohol mehr verkauft werden, um so den Ehefrieden zu fördern.
In der Werbung sollen vor allem kinderreiche Familien gezeigt werden. Außerdem solle es eine Lotterie für Neugeborene geben, bei der die Eltern eine Wohnung oder ein Auto gewinnen können. Weitere krasse Vorschläge sind eine Neugeborenenquote für Firmen, die Mitarbeitende erfüllen sollen, oder Schuldiscos für Teenager-Schwangerschaften.
Geld, Druck, Überwachung von Frauen
Neben diesen Vorschlägen gibt es aber auch schon Maßnahmen, die umgesetzt werden:
- Stipendien und Zusatzpunkte bei Prüfungen für Studentinnen mit Kindern
- Regionale Prämien für Schwangere von umgerechnet bis zu 1000 Euro
"Die Prämien gibt es teilweise sogar für Schülerinnen, also für Teenager-Schwangerschaften, und das ist natürlich moralisch und medizinisch problematisch."
Außerdem wird Druck auf Ärzt*innen ausgeübt, die Schwangerschaftsabbrüche vornehmen. Ihnen wird gedroht, dass sie ihre Lizenz verlieren könnten, sodass sie sich nicht mehr trauen, welche vorzunehmen. Unter staatlichem Druck verweigern immer mehr private Kliniken die Durchführung von Abreibungen oder verzögern sie, sagt Stefanie Markert. In Westsibirien haben Betroffene berichtet, dass bei ihnen zwar eine Abtreibung vorgenommen wurde – aber ohne Narkose.
Einige Abgeordnete schlagen wohl vor, dass der Staat die schwangeren Frauen, die abtreiben möchten, bezahlen soll, sodass sie das Kind doch austragen und dann das Kind dem Staat zur patriotischen Erziehung übergeben.
Wie unter Stalin
Manche fordern aber auch ein generelles Abtreibungsverbot, das es schon einmal 1936 unter Josef Stalin gab, der von 1927 bis 1953 die Sowjetunion diktatorisch regierte. Damals durfte nur aus medizinischen Gründen, wenn eine gesundheitliche Gefahr für die schwangere Frau drohte, abgetrieben werden.
Bei der ersten Tagung des neuen russischen Demografierats Ende Oktober wurde bekannt gegeben, dass es ab März 2026 ein neues Register geben soll, in dem Daten über schwangere Frauen und Neugeborene gesammelt werden. Offiziell will man so Risiken frühzeitig erkennen und gezielte Sozialmaßnahmen ergreifen. So ein Register könne aber auch zur Überwachung von schwangeren Frauen eingesetzt werden und auch um Druck gegen die Frauen auszuüben, die abtreiben wollen.
