Haftbefehl in Deutsch, Musik oder Politik? Unbedingt, sagt der Stadtschülerrat in Offenbach. Argument: "Hafti ist die kulturelle DNA unserer Stadt, unsere Generation, unsere Lebensrealität." Das hessische Kultusministerium winkt ab: Der Rapper stehe für Kriminalität und Drogen, das gehöre nicht in die Schule.

Bildungsjournalist Armin Himmelrath versteht beide Seiten. "Natürlich soll Schule auch zeigen, was junge Leute erleben. Aber der Lehrplan kann nicht jede Woche je nach Trends aktualisiert werden." Haftbefehl gehöre für diejenigen, die den Lehrplan konzipieren, sicherlich nicht zur Mainstream-Kultur, mutmaßt der Journalist.

Schule ist oft von Lebensrealität der Schüler*innen entfernt

Zudem argumentiert das von der CDU-geführte hessische Kultusministerium: "Schule ist kein Wunschkonzert."

Das stimmt natürlich, sagt Himmelrath, weil Lehrpläne bestimmten Kriterien unterliegen müssen. Sie müssen beispielsweise über Schulen und Städte hinweg vergleichbar sein. Zudem dauere es oft Jahre, Lehrpläne zu erstellen oder zu verändern, erklärt Himmelrath. Verglichen damit verändere sich Jugendkultur sehr schnell.

"In den Sechzigern waren es die Beatles, in den Neunzigern Kurt Cobain, in den Nullerjahren Eminem", zählt der Bildungsjournalist auf. Die meisten Lehrer*innen seien schon damals nicht auf die Idee gekommen, deren Kunst im Unterricht zu thematisieren. Und heute sei es eben Haftbefehl. Dabei gibt es sehr gute Gründe, aktuelle Musik und Trends in den Unterricht einfließen zu lassen, meint Himmelrath.

"Der Ruf nach mehr Lebensrealität ist alt. Seit 200 Jahren sagen Schüler*innen: Wir wollen mitbestimmen, was wir lernen. Und dieser Ruf ist berechtigt."
Armin Himmelrath, Bildungsjournalist

Es kommt auf die Initiative jeder einzelnen Lehrkraft an

Aus seiner Sicht liegt es an den Lehrkräften selbst: Entscheidet sich eine Lehrkraft dazu, Haftbefehl oder eine(n) andere(n) Künstler*in im Unterricht zu behandeln, ist das der einfachste und schnellste Weg, um Themen einzubringen, die für Schüler*innen wirklich relevant sind.

"Schüler*innen müssen gehört und ihre Interessen eingebaut werden."
Armin Himmelrath, Bildungsjournalist

Denn Themen, die die Schüler*innen interessieren, aufzugreifen bringt Vorteile mit sich, erklärt der Bildungsjournalist. "Wer Interesse an einem Thema hat, lernt auch besser." Im Fachjargon heiße das Co-Konstruktion. In der Erziehungswissenschaft und Schulforschung sei diese Erkenntnis längst Standard.

Diese Interessen im Abgleich mit dem Lehrplan und anderen schulischen Vorgaben auszutarieren, sei im Grunde die Herausforderung der Institution Schule und damit jeder einzelen Lehrkraft.

Shownotes
Deutscher Rap
Schüler wollen "Haftbefehl" im Lehrplan sehen
vom 07. November 2025
Moderation: 
Thilo Jahn, Jenni Gärtner
Gesprächspartner: 
Armin Himmelrath, Bildungsjournalist