Ja, auch am Südpol der Sonne tanzt die Lava: Zum ersten Mal haben wir Bilder vom äußersten Süden des Sterns. Sie kommen von der Sonde Solar Orbiter. Und Astrophysiker Michael Büker weiß, wie sie entstanden und zu deuten sind.

Erstmals gibt es Bilder vom Südpol der Sonne: Die europäische Raumsonde Solar Orbiter hat sie zur Erde gefunkt. Und ist es dort besonders kühl? Nein, mit der irdischen Temperaturlogik braucht man der Sonne nicht zu kommen. "Es gibt keinen Grund, warum ihre Pole kälter sein sollten als der Rest", sagt der Astrophysiker und Wissenschaftsjournalist Michael Büker. Es sei davon auszugehen, dass die Polarregionen der Sonne wahrscheinlich viel weniger verschieden sind als jene auf der Erde.

Denn auch im äußersten Süden des Sterns herrscht absolute Hitze: "Die Sonne ist auch an ihrem Südpol so heiß wie überall an ihrer Oberfläche, nämlich rund 6.000 Grad Celsius".

"Wenn man den Südpol der Sonne sehen will, muss man raus aus der Äquatorebene, um den richtigen Blickwinkel zu haben."
Michael Büker, Astrophysiker und Wissenschaftsjournalist

Damit Solar Obiter überhaupt den Südpol der Sonne sensorisch erfassen kann, braucht die Sonde viel Treibstoff und eine ausgeklügelte Flugbahn. Nur ein einziges Mal, vor rund 30 Jahren, hat eine Raumsonde einen vergleichbaren Winkel zur Sonne eingenommen, und die hatte keine Kameras dabei, erinnert sich Michael Büker.

Neigungswinkel ist entscheidend

Zurück zum Heute: Über die kommenden fünf bis zehn Jahre ist geplant, dass die Raumsonde Solar Orbiter eine noch schrägere Umlaufbahn gegenüber dem Äquator der Sonne einnehmen soll. Sie wird dabei immer wieder den Nordpol und Südpol der Sonne untersuchen.

Von besonderem Interesse für die Forschenden ist das Magnetfeld der Sonne und seine Veränderungen. Da die Oberfläche des Sterns von Plasma bedeckt ist, also von elektrisch leitfähigem Gas, hat die Sonne auch ein sehr starkes Magnetfeld, erklärt Michael Büker.

Magnetfeld im Wandel

Das Magnetfeld der Sonne ähnele durchaus dem Erdmagnetfeld von der Stärke her, seine Struktur befindet sich allerdings in einem stetigen Wandel. Es kehrt sich sogar regelmäßig um, erklärt Michael Büker.

"Das Magnetfeld der Sonne kehrt sich ungefähr alle elf Jahre komplett um und nimmt dabei einen chaotischen Zustand ein, bei dem es nicht nur zwei Magnetpole gibt, sondern unheimlich viele."
Michael Büker, Astrophysiker und Wissenschaftsjournalist

In diesen chaotischen Phasen ist die Sonne dann auch besonders aktiv. Sie weist viele Sonnenflecken auf und emittiert besonders häufig starke Strahlung – regelrechte Stürme aus geladenen Teilchen, die auch auf der Erde messbar sind und Spuren hinterlassen können. "Diese Sonnenaktivität genauer zu verstehen, das ist das oberste Ziel der Sonnenforschung", erklärt Michael Büker.

Die neuen Bilder zeigen nun ganz klar, dass die Sonne in ihrer aktuell hochaktiven Phase keine klar abgegrenzten Magnetpole hat, sondern dass ihr Magnetfeld in einem chaotischen Zustand ist, sagt Michael Büker. Er ist überzeugt, dass die Daten von Solar Orbiter über die nächsten fünf bis zehn Jahre besonders wertvoll für die Forschung sein werden.

In dieser Zeit werde sich die Sonnenaktivität wieder beruhigen, und es dürften sich deutliche große Magnetpole ausbilden, bevor dann die nächste Aktivitätsrunde beginnt.

Hinweis: Wir haben die Sonne in diesem Beitrag mehrmals fälschlich als Planeten bezeichnet. Das ist nicht korrekt. Sie ist ein Stern. Wir haben das im Text korrigiert.

Shownotes
Weltraum
Erste Bilder vom Südpol der Sonne
vom 06. Juli 2025
Moderation: 
Nik Potthoff
Gesprächspartner: 
Michael Büker, Astrophysiker und Wissenschaftsjournalist
    Quellen des Beitrags: