Links, jung, muslimisch – Zohran Mamdani hatte fast niemand auf dem Zettel. Trotzdem könnte er jetzt New Yorks neuer Bürgermeister werden. Wenn der "Anti-Trump" gewinnt, könnte das auch Auswirkungen auf die demokratische Partei und die US-Politik haben.
Er war Rapper und nannte sich "Young Cardamom", später "Mr. Cardamom" – heute steht Zohran Mamdani kurz davor, Bürgermeister von New York zu werden. Der 34-Jährige, geboren in Uganda als Sohn indischstämmiger Eltern, lebt seit seinem siebten Lebensjahr in den USA. Sollte er am 4. November gewinnen, wäre er der erste muslimische Bürgermeister der Stadt – und einer der jüngsten.
Celine Wegert aus dem Unboxing-News-Team hat sich angeschaut, wie jemand, der einst Beats produzierte, plötzlich als politisches Phänomen gilt. Sie beschreibt Mamdani als Vertreter einer neuen politischen Generation: digital, spontan, nahbar.
"Er ist jung, witzig, sehr aktiv in Social Media – und hat seine Frau auf einer Dating-App kennengelernt. Das ist schon sehr relatable für junge Wählerinnen und Wähler."
Sie sagt, Mamdani nutze soziale Netzwerke gezielt, um Politik greifbar zu machen:
- etwa mit Videos, in denen er etwa im Anzug ins Meer springt, um symbolisch das "Einfrieren der Mieten" zu bewerben
- oder mit Straßenaktionen, bei denen er direkt mit Passantinnen und Passanten spricht
Beats, Busse und bezahlbares Wohnen
Mamdani versteht sich als demokratischer Sozialist, inspiriert von Bernie Sanders und Alexandria Ocasio-Cortez. Seine Schwerpunkte: bezahlbarer Wohnraum, kostenlose Busse, höhere Steuern für Reiche und faire Löhne.
"Every politician says, New York is the greatest city on the globe. But what good is that if no one can afford to live here?"
Er kritisiert, New York rühme sich gern als "beste Stadt der Welt", ohne sich darum zu kümmern, dass viele sich das Leben dort nicht mehr leisten können. Gerade diese soziale Perspektive spricht junge und migrantische Wählerinnen an. Laut eigenen Angaben hat Mamdani rund 90.000 Wahlkampfhelfer*innen – eine außergewöhnlich hohe Zahl für eine Stadtwahl.
Trump gegen den "Kommunisten"
Doch Mamdani polarisiert. Donald Trump nannte ihn kürzlich in einer Rede "den Kommunisten, der New York zerstören wird".
"End up with a communist man. It’s not even believable, my beautiful New York."
Trump behauptet, es sei "unglaublich", dass "seine geliebte Stadt" von einem "Kommunisten" geführt werden könnte. Celine Wegert sieht darin vor allem Wahlkampfrhetorik. Doch die Reaktion macht deutlich, wie sehr Mamdani auch seine Gegner mobilisiert:
Neben ihm tritt bei der Bürgermeisterwahl der ehemalige Gouverneur Andrew Cuomo an. Er bewirbt sich als Unabhängiger und setzt auf Erfahrung und Infrastrukturprojekte. Für die Republikaner geht Curtis Sliwa ins Rennen. Der Gründer der "Guardian Angels" kündigte einen Law-and-Order-Kurs an.
Nah dran – und bewusst anders
Giselle Ucar, Korrespondentin in New York, hat Mamdani auf einem Straßenfest im Stadtteil Harlem getroffen. Sie erzählt, er sei spontan aufgetaucht, mit wenigen Bodyguards – und mit spürbarer Offenheit für die Menschen um ihn herum.
"Er ließ die Leute ihn anfassen, machte Selfies, sprach mit allen. Die Begeisterung war greifbar."
Ucar schildert, dass Mamdani vor allem bei jungen Schwarzen und Muslimen Begeisterung auslöse. Viele empfänden es als starkes Signal, dass er sich zeigt, zuhört und eine andere Art von Politik anbietet. Seine Auftritte hätten etwas Nahbares – und seien damit das Gegenteil von der Distanz, die viele mit klassischer Politik verbinden.
"Er hat eine ziemlich positive Aura verströmt in Harlem. Die Menschen haben gespürt, dass er sie wichtig findet und ernst nimmt."
Diese Nähe sei typisch für Mamdani – und ein Grund, warum er als Hoffnungsträger gilt. Gleichzeitig, sagt Ucar, sei er einer der wenigen Politiker, die sich trauen, den Präsidenten offen herauszufordern.
"Er verspricht, dass er die Stadt – so gut er kann – vor dem US-Präsidenten schützen will."
Mit dieser Haltung positioniert sich Mamdani klar: gegen Trumps Rhetorik, gegen Ausgrenzung – und für eine Stadt, die sich selbstbewusst gegen politischen Druck aus Washington stellt.
Linker Hoffnungsträger – mit Grenzen
Innerhalb der Demokratischen Partei löst Mamdani unterschiedliche Reaktionen aus. Unterstützung erhält er vor allem vom linken Flügel um Kamala Harris, Bernie Sanders und Alexandria Ocasio-Cortez. Der moderatere Teil bleibt zurückhaltend.
Ein Grund sei, dass New York nicht repräsentativ für das Land ist, erklärt Ucar. In vielen Regionen seien Wähler*innen konservativer – und skeptisch gegenüber einem Politiker, der Reiche stärker besteuern und Unternehmen regulieren will.
Unsere Korrespondentin sieht in Mamdani dennoch ein interessantes Signal für die Partei. Sein Wahlkampf zeige, dass sich progressive Themen mit digitaler Kampagnenarbeit verbinden lassen – und dass direkte Ansprache auf der Straße noch immer Wirkung hat.
"Er hat eine Vision gezeichnet, die nicht von Angst lebt, sondern von einem Miteinander in einer vielfältigen Stadt."
Kritik an unrealistischen Zielen
Gleichzeitig wächst in New York auch die Kritik an Mamdanis politischen Forderungen. Viele halten sie für unrealistisch oder wirtschaftlich riskant.
"Er will Mieten einfrieren, Busse kostenlos machen und große Unternehmen stärker besteuern – das klingt gut, ist aber finanziell kaum durchzuhalten."
Ucar berichtet, dass besonders die Immobilienbranche und große Bauunternehmen verunsichert sind. Die Aussicht auf eingefrorene Mieten und zusätzliche Steuern habe dort für Unruhe gesorgt. Auch Investor*innen beobachten den Wahlkampf mit Skepsis, weil sie steigende Regulierung und geringere Gewinne fürchten.
Darüber hinaus gebe es auch bestimmte gesellschaftliche Gruppen, die Mamdanis Positionen misstrauisch sehen.
"Es gibt tatsächlich Bevölkerungsgruppen in New York, die sich Sorgen machen – vor allem Teile der jüdischen Gemeinde."
Hintergrund sind laut Ucar Mamdanis scharfe Äußerungen zur israelischen Regierungspolitik und sein offener Einsatz für palästinensische Rechte. Das habe bei vielen jüdischen Wählenden zu Irritationen geführt – in einer Stadt, in der die jüdische Community traditionell eine wichtige politische Rolle spielt.
Auch wirtschaftsliberale Demokrat*innen äußern Bedenken. Sie fürchten, dass Mamdanis linke Reformideen New Yorks Finanzsektor schwächen könnten – eine Branche, von der die Stadt in erheblichem Maße abhängt.
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