Studium fertig, Bewerbungen raus – dann Funkstille. Besonders in Medien, Beratung oder Kommunikation ist der Einstieg hart. Laut Bundesagentur für Arbeit hat sich die Zahl arbeitsloser Akademiker in drei Jahren mehr als verdoppelt – das verunsichert.

"Ich bin ein bisschen aufgeregt, warte auf die E-Mail, checke das die ganze Zeit", sagt Caro. Die 26-Jährige hat Sustainable Business Innovation studiert und ihren Master sogar mit "Summa cum Laude" abgeschlossen. Trotzdem sucht sie seit sechs Monaten einen Job. Gerade wartet sie wieder mal auf die Mail mit einer Zu- oder Absage. Es ist Bewerbung Nummer 43.

"Ich versuche mir zu denken, dass ich es nicht bekomme, weil ich Angst habe, dass ich sonst enttäuscht bin."
Caro, Akademikerin auf Jobsuche

Caro versucht, sich einzureden, dass sie die Stelle nicht bekommt, um eine mögliche Enttäuschung zu vermeiden. Einen Tag später kommt die Mail – wieder eine Absage.

Schwächelnde Konjunktur und große Unsicherheit auf den Weltmärkten

Caro ist kein Einzelfall. In Deutschland hat sich die Zahl der Akademikerinnen und Akademiker, die arbeitslos sind und Bürgergeld beziehen, mehr als verdoppelt – auf fast 138.000. Das zeigen Zahlen der Bundesagentur für Arbeit. Grund dafür sei vor allem die aktuell instabile Weltlage, sagt Pascal Hess, der am Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung arbeitet.

"Der internationale Markt von Unsicherheit geprägt und das schlägt sich dann halt auf die Erwartungen der Unternehmen nieder."
Pascal Hess, Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung

Der Experte erklärt, die schwächelnde Konjunktur, die internationale Marktlage sowie die wirtschaftliche Ausrichtung der USA und Chinas und der russische Angriffskrieg führten zu großer Unsicherheit auf den Weltmärkten. Diese Unsicherheit wirke sich spürbar auf die Erwartungen der Unternehmen aus.

Weniger Stellen für akdemische Berufe

Da viele Unternehmen aufgrund der unsicheren Lage geschwächt sind und sparen müssen, trifft es besonders Berufseinsteigerinnen. Statt bestehende Mitarbeiter zu entlassen, werden häufig offene Stellen gestrichen – Kündigungen würden die Firmen nämlich noch teurer zu stehen kommen.

Die Zahl der offenen Stellen für akademische Berufe ist laut dem Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung seit 2022 um ganze 40 Prozent eingebrochen. Der Druck auf junge Berufseinsteigende ist relativ groß. Wer nach Studium oder Ausbildung noch kein Jahr sozialversicherungspflichtig gearbeitet hat, bekommt kein Arbeitslosengeld I, sondern nur Bürgergeld. Rund 563 Euro im Monat plus Miete – das ist oft zu wenig.

Arbeitslosigkeit hat gesundheitliche Folgen

Arbeitslosigkeit kratzt vor allem am Selbstwert. Laut Pascal Hess wird darauf noch zu wenig darauf geachtet. Er warnt, Arbeitslosigkeit habe stets negative Folgen – sie mindere die Lebenszufriedenheit und könne auch gesundheitlich und psychisch belasten. Das dürfe nicht unterschätzt werden. Die Bundesregierung solle dem Thema mehr Aufmerksamkeit schenken.

"Arbeitslosigkeit hat immer negative Folgen, für die Lebenszufriedenheit, gesundheitliche Folgen, aber auch psychisch."
Pascal Hess, Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung

Caro sorgt sich vor allem um die Motivation ihrer Generation und darum, dass wachsende Arbeitslosigkeit alte Vorurteile gegenüber jungen Menschen weiter verstärkt. Die aktuelle Situation nehme vielen jungen Menschen Motivation und Energie. Entgegen dem Klischee, ihre Generation habe keinen Bock, erlebe sie in ihrem Umfeld großes Interesse, beruflich durchzustarten und Leidenschaft in der Arbeit zu finden.

Bei der Jobsuche über den Tellerrand schauen

Pascal Hess empfiehlt, sich auch auf Stellen zu bewerben, die nicht vollständig den eigenen Vorstellungen entsprechen. Außerdem rät er Berufseinsteigenden, flexibel zu bleiben, Praxiserfahrung zu sammeln und sich aktiv weiterzubilden. Auch solle man den Jobsuchprozess analysieren, um zu erkennen, an welchem Schritt Scheitern droht.

Noch ist unklar, wann sich die wirtschaftliche Lage verbessern wird. Fest steht jedoch, dass selbst hoch qualifizierte junge Menschen die schwierige Situation in Deutschland spüren. Caro wird weiterhin Bewerbungen schreiben und darauf hoffen, irgendwann eine Zusage zu erhalten.

Shownotes
Berufseinstieg
Arbeitslos trotz guter Ausbildung
vom 27. Oktober 2025
Moderation: 
Christoph Sterz
Autorin: 
Franziska Schork
Gesprächspartner: 
Pascal Hess, Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung