Wir brauchen wieder mehr Wachstum – aber bitte nicht in Form einer wachsenden Weltbevölkerung, denn diese würde zu einer Übernutzung des Planeten führen. Die Völkerrechtlerin Dana Schmalz nimmt dieses Argument unter die Lupe.
Die Frage nach der Anzahl der Menschen auf der Erde liegt nah. Denn mehr Menschen, könnte man denken, verbrauchen mehr Ressourcen als weniger Menschen. Dana Schmalz dröselt diesen Zusammenhang in ihrem Vortrag auf – und stellt fest: So einfach ist es nicht.
"Bevölkerungswachstum ist eine große Geschichte der Moderne."
Sie schaut sich die Faktoren für Bevölkerungswachstum und dessen Verlauf genau an – es ist ein Wechselspiel aus Geburtenrate und Kindersterblichkeit.
Wechselspiel aus Geburtenrate und Kindersterblichkeit
Die größte Steigerung des Bevölkerungswachstums – etwa zwei Prozent – liegt bereits hinter uns und fand in den 1960er-Jahren statt. Heute ist die Zuwachsrate deutlich zurückgegangen, sie liegt noch bei etwa 0,9 Prozent. Die Spitze der Weltbevölkerung wird, je nach Prognose, bei etwa zehn oder elf Milliarden Menschen liegen – und das noch in diesem Jahrhundert. Das Ende des Wachstums ist also in Sicht.
"Wenn sich die gegenwärtigen Entwicklungstrends fortsetzen, wird die Welt im Jahr 2000 noch überbevölkerter, verschmutzter, ökologisch noch weniger stabil und für Störungen anfälliger sein."
Im Laufe des 20. Jahrhunderts rückt die Größe der Weltbevölkerung zunehmend in den Blick von Wissenschaft und Politik, etwa 1968 im Buch "Die Bevölkerungsbombe" des US-Biologen Paul R. Ehrlich. Dana Schmalz konstatiert, dass dieses vielschichtige Thema manchmal verkürzend dargestellt und diskutiert wurde – beispielsweise, wenn ein konkreter Zusammenhang zwischen Bildung und Geburtenrate aufgemacht wurde.
Dieser Zusammenhang kann zwar bestehen, ist aber nicht normativ auszulesen, also nicht in dem Sinne, dass jede Frau mit vielen Kindern über wenig Bildung verfügt.
Harte Maßnahmen gegen Bevölkerungswachstum
Politisch wurde angesichts wachsender Bevölkerungszahlen in einzelnen Staaten zu rigiden Mitteln gegriffen: Sterilisationskampagnen in Indien, Zwangssterilisationen in Peru oder die Ein-Kind-Politik in China zwischen 1979 und 2015.
Auch im Hinblick auf die Endlichkeit globaler Ressourcen wurde auf die wachsende Weltbevölkerung verwiesen. Und damit auf die Gefahr, dass zu viele Menschen den Planeten rasch übernutzen. Auch der Club of Rome, ein Zusammenschluss von Forschenden, nennt das Problem "Überbevölkerung" in seinem 1972 veröffentlichten Bericht "Die Grenzen des Wachstums" an erster Stelle – vor der Nennung weiterer Problemfelder.
Ablenken von der eigenen Verantwortung
Laut Dana Schmalz wurde das Bevölkerungsargument auch genutzt, um von eigener Verantwortlichkeit und eigenen Handlungsmöglichkeiten abzulenken. Demnach schauten große CO2-Emittenten gerne in (vor allem afrikanische) Staaten, in denen viele Kinder zur Welt kamen.
"Der wichtigste Indikator für Emissionen ist: Wohlstand."
Der afrikanische Kontinent verzeichnet seit 1980 zwar den steilsten Bevölkerungszuwachs aller Kontinente. Doch heute, so die Völkerrechtlerin, verursacht der gesamte Kontinent insgesamt "nur" 1,5 Milliarden Tonnen CO2-Emissionen pro Jahr – das ist weniger als ein Drittel des Volumens der USA, während auf dem afrikanischen Kontinent vier Mal so viele Menschen leben wie in den Vereinigten Staaten.
Dana Schmalz konstatiert: Das reichste ein Prozent der Menschheit verursacht fast 17 Prozent der Emissionen weltweit. Individueller finanzieller Wohlstand sei der stärkste Faktor für die Belastung des Planeten. Rückblickend stellt sie fest: Eine Wachstumskritik, die sich vor allem als Bevölkerungs-Wachstumskritik versteht, ist nutzlos.
Dana Schmalz ist Völkerrechtlerin am Max-Planck-Institut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht in Heidelberg. 2025 erschien ihr Buch "Das Bevölkerungsargument. Wie die Sorge vor zu vielen Menschen Politik beeinflusst". Am 19. September 2025 hat sie auf unsere Einladung beim Beats'n'Bones Wissenschaftspodcast-Festival vorgetragen, im Museum für Naturkunde Berlin.
- Gespräch mit Dana Schmalz
- Vortragsbeginn
- Fragen an Dana Schmalz
- Veranstaltungstipp
