Drogen sind in Medien oft ein Thema. Die aktuelle Haftbefehl-Doku hat eine heftige Diskussion angefeuert: Schreckt Drogenkonsum in Filmen und Co. ab oder stiftet er an? Die Antwort: Beides. So hängen Medien und Drogen zusammen.

Die Netflix-Doku "Babo" schlägt derzeit ordentlich Wellen. Es geht darin um die wilde Karriere des Rappers Haftbefehl und seinen Absturz. Im Mittelpunkt: die Droge Kokain.

Drogen in Medien: Abschreckend oder anstiftend?

Einerseits wird der Film mit Lob überschüttet und mancherorts an Schulen sogar als Präventionsangebot gegen Drogenmissbrauch verwendet. Andererseits gibt es starke Kritik daran und die Warnung, der Film verleite im Gegenteil zu Konsum.

Welchen Zusammenhang gibt es aber tatsächlich? Kann uns die Darstellung von Drogenkonsum in Filmen oder Musik wirklich dazu bringen, selbst Drogen zu nehmen? Oder es zu lassen?

"Nur, weil wir einen Krimi gucken, werden wir nicht zum Mörder. Bei Drogen ist das ähnlich."
Felix Feldmann, Deutschlandfunk-Nova-Reporter

Vorneweg: Eine direkte Medienwirkung gibt es nicht, sagt Deutschlandfunk-Nova-Reporter Felix Feldmann, das ist wissenschaftlicher Tenor. Die reine Darstellung von Drogenkonsum und dem Erfolg eines Rappers in einer Doku, wie eben bei dem diskutierten Haftbefehl-Film, macht uns nicht automatisch zu Nachahmer*innen, sagt er.

Denn: Zwischen einem durch Filme, Musik und Co. gesetzten Impulse und tatsächlichem Drogenkonsum stehen viele Faktoren, erklärt er. Unter anderem sind wir selbst einer davon.

Jede*r regiert anders auf die Darstellung von Drogen

Die Art, wie wir Medien konsumieren, spielt etwa eine Rolle, erklärt Felix. Aber auch wir als Person – also unser Umfeld, unsere soziale Situation, unsere Erfahrungen, Herkunft oder Werte etwa. Heißt: Der Boden, auf den die Darstellung von Drogen fällt, ist ganz individuell.

"Wir nehmen eher das auf, was unseren eigenen Vorstellungen, unseren Werten entspricht. Oder dem, von dem wir uns abgrenzen wollen – in positiver oder negativer Hinsicht."
Eva Baumann, Professorin für Gesundheitskommunikation

Dieser Boden beeinflusst wiederum den Effekt. Das hängt unter anderem damit zusammen, dass wir kognitiv eher "faul" sind, sagt Eva Baumann, Professorin für Gesundheitskommunikation: Das menschliche Denken ist so strukturiert, dass wir eher versuchen, unsere eigenen Vorstellungen zu bestätigen.

Wer also Kokain ansprechend findet, nimmt möglicherweise eher den Rockstar-Lifestyle-Aspekt in einem solchen Film wahr und fühlt sich darin bestärkt. Wer hingegen gegen Drogen eingestellt ist, könnte tendenziell eher von dem dargestellten Absturz des Rappers abgeschreckt und in seiner Anti-Drogen-Haltung bestärkt werden.

Spannend dabei: Ob ein allgemein positives oder negatives Bild von Drogen in einem Film gezeigt wird, ist für diese Effekt im Grunde egal, so unser Reporter.

Eigene Vorstellungen beeinflussen die Wirkung von Medieninhalten

Das könnte eine Erklärung für das unterschiedliche Feedback zu dem Film sein. Maximilian Pollux etwa ist eine der kritischen Stimmen in der Diskussion. Dass der Film als Präventionsangebot verwendet wird, hält er für falsch.

Er war früher Intensivtäter und ist heute Autor, Podcaster und Präventionshelfer. In seinem Umfeld hat er beobachtet, dass die Doku bei einigen Menschen wieder Suchtdruck ausgelöst hat. Er spricht von Verherrlichung des Drogenkonsums durch den Film. Max hat selbst danach "vier Tage lang heftiges Craving" gespürt, sagt er, bevor er sich "wieder eingekriegt" habe.

"Alle, die ich kenne, die ein Problem mit Konsum haben, hatten nach der Doku mehr Bock, zu konsumieren."
Maximilian Pollux, ehemaliger Intensivtäter, heute Autor, Podcaster und Präventionshelfer

Das heißt allerdings nicht pauschal, dass jemand, der suchtkrank ist oder mal abhängig war, von Konsum in den Medien selbst dazu angestiftet wird, sagt Felix, unsere Reporter: Das Dargestellte kann ein Potenzial schaffen, es muss aber nicht in ganz bestimmte Folgen münden.

"Wir sprechen nur von einem Potenzial, nicht von absoluten Folgen."
Felix Feldmann, Deutschlandfunk-Nova-Reporter, über die Folgen von Drogendarstellung in Medien

Und die, für die Drogen bislang überhaupt kein Thema sind? Wer weder entschieden pro noch anti Drogen ist, bei dem kommt es in Sachen Wirkung von Konsum-Darstellung auf Identifikation an, sagt die Gesundheitskommunikations-Expertin Eva Baumann.

"Je unsicherer man ist, desto unsicherer ist auch die Frage: Was macht den kleinen Unterschied und was fischen wir uns als Bild da raus?"
Eva Baumann, Professorin für Gesundheitskommunikation

Wer zu keiner Seite neigt, bei dem hat der Effekt stark mit Identifikationsmöglichkeiten zu tun, so die Professorin. Haftbefehl kommt in der umstrittenen Doku etwa sehr sympathisch rüber und hat sich trotz Widrigkeiten an die Spitze gekämpft.

Kritik an Haftbefehl-Doku teils berechtigt

Tendenziell werden solche Künstler*innen-Dokus oder -Biopics eher von Fans gesehen, erinnert Felix. Und insofern ist die Kritik dann auch berechtigt.

"Die Kritik an der Kokain-Darstellung in der Doku ist teilweise also berechtigt – auch wenn wir nicht pauschal sagen können, dass dadurch jetzt mehr Leute koksen werden."
Felix Feldmann, Deutschlandfunk-Nova-Reporter

Unterm Strich lässt sich sagen: Egal ob Spielfilm, Doku, Musik oder Bücher – alle prägen uns irgendwie. Sie schaffen Assoziationen. Zum Beispiel die Verbindung von heißem Sommer mit kaltem Bier. Oder Rotwein mit einem romantischen Abend. Oder eben: Rap, Geld und Kokain.

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Shownotes
Diskussion um Haftbefehl-Doku
Drogen in Filmen, Musik und Büchern: Abschreckung oder Anstiftung?
vom 28. November 2025
Moderation: 
Lena Mempel
Gesprächspartner: 
Felix Feldmann, Deutschlandfunk Nova