Der Vereidigung der ersten Bundeswehr-Soldatin am 1. Oktober 1975 gingen lange Diskussionen voraus. Die Frauen arbeiten anfangs in der Gesundheitsversorgung der Armee. Bis sie auch an der Waffe dienen, braucht es bis 2000 – und ein Urteil des EuGH.
Das Grundgesetz aus dem Jahr 1949 hatte den Dienst an der Waffe für Frauen in der Bundesrepublik Deutschland ausgeschlossen. Das führte dazu, dass viele Frauen in Schreibstuben, Küchen oder anderen nicht militärischen Einrichtungen arbeiteten.
Im Zweiten Weltkrieg waren Frauen auch an der "Heimatfront" im Einsatz gewesen – sie waren bewaffnet und wurden im Sanitätsdienst eingesetzt. Das mag den damaligen Verteidigungsminister Georg Leber (SPD, 1972-1978) dazu bewogen haben, dem Kabinett der Regierung von Helmut Schmidt vorzuschlagen, auch in der Bundeswehr Frauen zum Sanitätsdienst zuzulassen.
Seit Oktober 1975 gibt es Sanitätsoffizierinnen in der Bundeswehr
Ab dem 1. Oktober 1975 können approbierte Ärztinnen, Zahnärztinnen, Tierärztinnen und Apothekerinnen als Sanitätsoffizierinnen in der Bundeswehr tätig werden.
"Viele Frauen finden sich im Bereich des Lazaretts. Am berühmtesten ist Florence Nightingale. Sie erlebte den Krimkrieg als Krankenschwester."
Berühmt wurde die britische Krankenschwester Florence Nightingale. Sie erlebte den Krimkrieg und war über die Zustände derart erschüttert, dass sie Lazarette einrichtete und eine Reform des Gesundheitswesens Großbritanniens einleitete.
Kreil-Urteil im Jahr 2000 öffnet Frauen den Dienst an der Waffe
Die Regelung von 1975, Sanitätsoffizierinnen in der Bundeswehr zuzulassen, war ohne die Änderung des Grundgesetzes möglich.
Die Öffnung der Bundeswehr für Frauen für alle Waffengattungen hätte dagegen eine Änderung des Artikel 12a GG notwendig gemacht. Dort heißt es: "Kann im Verteidigungsfalle der Bedarf an zivilen Dienstleistungen im zivilen Sanitäts- und Heilwesen sowie in der ortsfesten militärischen Lazarettorganisation nicht auf freiwilliger Grundlage gedeckt werden, so können Frauen vom vollendeten achtzehnten bis zum vollendeten fünfundfünfzigsten Lebensjahr durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes zu derartigen Dienstleistungen herangezogen werden. Sie dürfen auf keinen Fall zum Dienst mit der Waffe verpflichtet werden."
Erst als Tanja Kreil um die Jahrtausendwende beim Europäischen Gerichtshof (EuGH) dagegen klagt und mit Urteilsverkündung am 11. Januar 2000 gewinnt, ist es Frauen möglich, jede Tätigkeit in der Bundeswehr anzunehmen und dabei auch jeden Dienstgrad zu erreichen. Ab diesem Moment ist die Bundeswehr offen für Frauen, die sich für den Dienst an der Waffe entscheiden.
Ihr hört in Eine Stunde History:
- Autorin Jasna Zajček hat sich mit Frauen in der Bundeswehr beschäftigt, nachdem ihnen alle Waffengattungen und Dienstgrade offenstanden.
- Hauptmann Nils Birk befasst sich mit Frauen in der Bundeswehr und den Auswirkungen auf die Streitkräfte.
- Historiker Christian Müller hat sich mit Frauen in der Nationalen Volksarmee der DDR beschäftigt.
- Deutschlandfunk-Nova-Geschichtsexperte Dr. Matthias von Hellfeld blickt zurück auf die Geschichte von Frauen in Streitkräften.
- Deutschlandfunk-Nova-Reporterin Sandra Doedter erinnert an die Diskussion über Frauen in der Bundeswehr Mitte der 1970er-Jahre.
Info: Unser Bild oben zeigt die ersten weiblichen Sanitätsoffizierinnen der Bundeswehr am 1. Oktober 1975.
- Jasna Zajček über Frauen in der Bundeswehr
- Hauptmann Nils Birk Auswirkungen auf die Streitkräfte
- Christian Müller über Frauen in der Nationalen Volksarmee der DDR
