María Corina Machado bekommt den Friedensnobelpreis 2025 – für ihren Einsatz für die Demokratie in Venezuela. Seit Jahren kämpft sie gegen den dortigen Machthaber Nicolás Maduro. Wer ist die Preisträgerin? Und hätte nicht Donald Trump den Preis verdient?
Nach welchen Kriterien das Nobelkomitee entscheidet, ist eine Blackbox. Das Komitee besteht aus fünf Personen, die vom norwegischen Parlament gewählt werden. Ganz im Sinne des Testaments von Erfinder Alfred Nobel.
"Was im Komitee passiert, ist nicht transparent. Auch die Nominierung wird nicht transparent."
Dieses Testament bestimmt auch, dass diejenige Person oder Organisation, die sich am meisten oder am besten für Verbrüderung, Friedensschlüsse und Abrüstung eingesetzt hat, den Preis bekommen soll. Wie aber nominiert und entschieden wird, ist für Außenstehende nicht klar.
Klar ist aber: Donald Trump hat den Preis nicht bekommen – obwohl er sich ganz sicher ist, dass er ihn am meisten verdient hat. Und darüber ist er alles andere als amused. Hat er Recht? Dazu später. Werfen wir zuerst einen Blick auf die Person, die ihn in diesem Jahr ausgestochen hat.
Das Komitee hat den Friedensnobelpreis dieses Jahr an María Corina Machado verliehen. Die 58-jährige Wirtschaftsingenieurin ist eine der Führungsfiguren der Opposition in Venezuela. Sie erhält den Preis "für ihren unermüdlichen Einsatz für die demokratischen Rechte des venezolanischen Volkes und für ihren Kampf für einen gerechten und friedlichen Übergang von Diktatur zur Demokratie", so die Begründung des Komitees.
Wer ist María Corina Machado?
María Corina Machado ist eine entschiedene politische Gegnerin des autoritären sozialistischen Präsidenten Nicolás Maduro, der Venezuela seit 2013 regiert, erklärt Deutschlandfunk-Nova-Reporterin Monika Ahrens.
Dem wirft sie vor, Chef einer Organisation zu sein, die dem Drogenkartell Narcos und einer terroristischen Vereinigung ähnele. Sie war auch schon Gegnerin seines Vorgängers Hugo Chavez.
"Maduro ist the head of a narco-terrorist structure corporation."
Allerdings polarisiert sie auch, ergänzt Monika. In den vergangenen Jahren hat sie sich zum Beispiel für eine Militärintervention der USA in Venezuela ausgesprochen, um Nicolás Maduro abzusetzen, was nicht nach einer sehr demokratischen Strategie klingt. Ihre Gegner*innen bezeichnen sie auch als eine Vertreterin einer wirtschaftlichen Elite, mit extremen politischen Positionen.
👉 Das ganze Gespräch zu María Corina Machado hört ihr im Podcast. Direkt ansteuern könnt ihr es mit der Zeitmarke unter diesem Artikel.
"Everybody says I should get the Nobel Peace Prize for each one of these achievements."
Wenn es nach Donald Trump und seinen Anhänger*innen geht, dann wäre Trump der einzig richtige Preisträger gewesen. Jeder sage, so der US-Präsident kürzlich vor der UN-Vollversammlung, er müssen den Friedensnobelpreis erhalten.
Dementsprechend kommentierte ein Sprecher des Weißen Hauses, Steven Cheung, die Wahl der diesjährigen Preisträgerin direkt auch kritisch: Das Nobelkomitee habe bewiesen, dass es Politik über Frieden stelle, schreibt er auf der Social-Media-Plattform X.
US-Präsident Donald Trump werde weiterhin Friedensabkommen schließen, Kriege beenden und Leben retten. Es werde niemals jemanden geben wie ihn, der Berge mit seiner schieren Willenskraft bewegen könne.
Nun kann man das als Egozentrik des US-Präsidenten und Verblendung seiner Fans abtun. Aber ist da nicht vielleicht auch etwas dran? Stefan Kroll vom Leibniz-Institut für Friedens- und Konfliktforschung (PRIF) in Frankfurt hat die Entscheidung überrascht. Der Sozialwissenschaftler leitet am PRIF die Abteilung für Wissenschaftskommunikation und arbeitet insbesondere zu Völkerrecht und internationale Institutionen.
Hätte Donald Trump eher den Friedensnobelpreis verdient?
Stefan Kroll hatte María Corina Machado als potentielle Preisträgerin noch nicht auf dem Schirm, hatte aber damit gerechnet, dass es jemand werden könnte, der nicht überall bekannt ist. Dass der Preis sich in "Richtung Demokratieförderung, Demokratisierung, gegen die Autokratisierung der Welt" richten würde, davon war er schon ausgegangen.
Dass die Wahl nicht auf Donald Trump fiel, ordnet er als ein Zeichen der Unabhängigkeit gegenüber einem US-Präsidenten ein, der den Preis für sich eingefordert hatte und der gerade auf dem Feld der Demokratie und der Demokratieförderung in der Demokratie in den USA angreifbar sei.
Bei der Frage nach dem oder der richtigen Preisträger*in findet Stefan Kroll interessant, sich anzuschauen, wofür der Friedensnobelpreis gedacht ist:
- Der Preis ist einerseits für einen positiven Frieden gedacht, erklärt er, der über das Ende von Gewalt hinausgeht. Er sei also auch für Demokratie und Meinungsfreiheit gedacht. Und das Komitee habe ja auch gesagt: Ohne Demokratie kein Frieden.
- Allerdings: Eine konservative Perspektive auf den Preis sei auch das Ende von Gewalt und Krieg, also negativer Frieden.
Im zweiten Sinne könne man die Entscheidung des Komitees auch ein bisschen kritisch hinterfragen. Denn, so der Sozialwissenschaftler, wir leben in einer Zeit, in der Konflikte in Rekordzahl auftreten. Wenn an einem bestimmten Ort, an dem ein so schrecklicher Krieg wie in Gaza tobe, Zeichen der Hoffnung auf das Ende von Gewalt entstünden, sei schon viel erreicht. Und auch das sei eben preiswürdig.
"Für mich gibt es nicht die eine richtige Wahl. Es ist eine gute Wahl. Aber es hätte auch andere Optionen gegeben."
Die Verleihung des Preises an María Corina Machado hält er für eine gute Wahl, aber es sei nicht die einzig mögliche gute Wahl gewesen. Dass es vielen absurd vorkäme, wenn Donald Trump den Friedensnobelpreis bekommen hätte, kann er dennoch gut verstehen, sagt Stefan Kroll: "Trump ist niemand, der für die Verbrüderung in der Welt steht – darum geht es ja bei diesem Preis."
"In Gaza ist sehr unzweifelhaft eine Entwicklung eingetreten, die es ohne Trump nicht gegeben hätte."
Andererseits habe sich Donald Trump – aus welchen Motiven auch immer – ja in seiner Amtszeit um das Ende von Krieg und Gewalt bemüht, etwa in der Ukraine und in Gaza.
Stefan Kroll will damit nicht sagen, erklärt er, dass Donald Trump sein Favorit gewesen wäre oder dass er den Preis bekommen sollte. "Aber hätte er ihn bekommen oder würde er ihn in Zukunft dafür bekommen, dass das, was jetzt begonnen hat, erfolgreich sein sollte, was wir alle hoffen, dann fände ich das nicht abwegig."
"Wenn der Friedensnobelpreis dafür da ist, das Ende von Krieg und Gewalt zu würdigen, dann ist es bei Trump eben so - und sei es aus purem Narzissmus, aus purer Eitelkeit: Er hat sich in seiner Amtszeit eben darum bemüht."
Der Sozialwissenschaftler erinnert auch daran, dass die Beobachter-Position, aus der das Nobelkomitee entscheidet, auch generell von einigen kritisch gesehen wird: "Es gibt schon so einen westlich zentrierten liberalen Charakter dieses Preises, den man eben auch im Blick haben sollte und der ja auch kritisiert wird", nicht nur aus den USA, sondern auch aus anderen Weltregionen.
👉 Im Podcast spricht Stefan Kroll auch darüber, wie friedlich der Nobelpreis wirklich ist und wie viel Bedeutung er hat. Außerdem geht es darum, wie die Preisverleihung die Motivation Donald Trumps, sich weiter für Frieden einzusetzen, beeinflussen könnte.
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- Wer ist María Corina Machado?, Gespräch mit Deutschlandfunk-Nova-Reporterin Monika Ahrens
- War María Corina Machado die richtige Wahl oder hätte Trump den Preis erhalten sollen?, Gespräch mit Stefan Kroll
