"Du bist so unfähig" – diese innere Stimme, mit der wir harsche Selbstkritik üben, ist ein fester Teil von uns. In der Psychologie spricht man vom "inneren Kritiker". Wie wir ihn in die Schranken weisen können, erklärt ein Psychotherapeut.
Manchmal ist er besonders laut und vernichtend in seinen Aussagen: der innere Kritiker. Diese innere Stimme und ihre Aussagen sind oft erlernt, sagt Psychotherapeut Bastian Willenborg.
Der innere Kritiker ist ein fester Bestandteil in uns, der uns das Leben nicht unbedingt leichter macht. Oft speisen sich die Vorhaltungen, die wir uns selbst gegenüber machen, aus unseren Überzeugungen und Glaubenssätzen.
"Der innere Kritiker ist ein Anteil in uns selbst, der uns stark abwertet. Der Dinge sagt, wie: 'Das reicht nicht', 'Du musst mehr tun' oder 'Die anderen machen alles besser'."
"Das kannst du nicht", "das schaffst du nicht" oder "wie willst du das hinbekommen" – vieles davon ist erlernt, sagt Bastian Willenborg. Erfahrungen, die wir in unserem bisherigen Leben gemacht haben, führen dazu, dass wir glauben, manchen Erwartungen nicht genügen zu können oder manchen Maßstäben nicht gerecht werden zu können.
Innerer Kritiker: Die innere Stimme, die uns ausbremst
Den inneren Kritiker könne man leicht von einer gesunden Selbsteinschätzung unterscheiden. Der innere Kritiker ist der Anteil ins uns, der wirklich nicht wohlwollend ist, so der Psychotherapeut.
"Der Tonfall des inneren Kritikers ist oft hart, absolut und urteilend."
Um den ihn zu identifizieren, kann es helfen, sich selbst zu fragen: Würde ich so, wie ich mit mir selbst spreche, auch mit Freunden reden? Wenn die Antwort darauf 'nein' lautet, ist das ein guter Hinweis darauf, dass es sich um den inneren Kritiker handelt.
Mit dem inneren Kritiker umgehen lernen
Um ihn zu hinterfragen, empfiehlt Bastian Willenborg, sich zu fragen: Wo kommt diese Stimme überhaupt her? Wenn uns dieser Anteil in uns glauben macht, dass wir beispielsweise nicht in der Lage sind, eine neue Sprache zu erlernen, dann ist die Frage, ob es vielleicht eine Situation gibt, in der uns andere so etwas in der Art gesagt oder vermittelt haben.
"Ich bespreche das auch so mit den Patienten: Gab es vielleicht früher Botschaften, ein strenges Elternhaus oder Lehrer, wo solche Erfahrungen gemacht wurden?"
Auch Dinge, die uns vorgelebt wurden, können Einfluss auf unseren inneren Kritiker haben, führt er aus. Beispielsweise, dass wir gesehen haben, dass jemand viel gearbeitet und wenig auf sich selbst geachtet hat.
Wenn wir uns zurückerinnern und eine Verbindung zwischen biografischen Ereignissen und dem, was uns unser innerer Kritiker sagt, feststellen können, dann gelingt es eher, einen besseren Blick auf diese Mechanismen zu bekommen, sagt der Psychotherapeut.
Dem inneren Kritker die Meinung sagen
In seiner Arbeit als Therapeut nutzt Bastian Willenborg auch sogenannte Stuhlgespräche. Man stellt sich vor, dass man den inneren Kritiker auf einen Stuhl setzt. So kann man ihm die Meinung sagen oder auch ins imaginäre Gespräch treten.
Genauso wie beim inneren Kritiker werden in der therapeutischen Arbeit auch andere emotionale Anteile eines Patienten auf "Stühle gesetzt", um sie zu einem Gespräch einzuladen. Beispielsweise den "Verletzten-Kind-Anteil" in uns oder auch den "gesunden Anteil".
