Gedankenspiralen, Schwarz-Weiß-Denken, Grübeln – wer an einer Depression erkrankt ist, kann oft nachts wegen negativer Gedanken nicht schlafen. Was die Schlafforschung über den Zusammenhang von Schlaf und Depression weiß – und was hilft.
Depressionen können den Schlaf beeinflussen – das erleben fast alle Menschen, die sich in einer mittelschweren bis schweren depressiven Episode befinden. Über-Schlafen-Hörerin Michelle (Name von der Redaktion geändert) erzählt, wie es ihr ging.
"In depressiven Phasen oder Episoden war das so zwischen zehn bis zwölf Stunden, manchmal auch 17 Stunden. Und dazu habe ich auch den Großteil vom Tag oft im Bett verbracht."
Michelle beschreibt, dass sie in der Nacht oft negative Gedanken hatte. Sie beschreibt sie als "Grübelei" und "Katastrophisieren". Oft hat sie versucht, zu schlafen, erzählt sie. Aber es ging nicht und sie lag wach im Bett. Oft schlief sie erst spät in der Nacht ein.
"Und entsprechend ist dann eben auch der ganze Tagesrhythmus durcheinandergebracht und, ja, mit den entsprechenden Problemen dann am nächsten Morgen."
Dunkelheit: Ablenkung von Grübeleien fehlt
Schlafforscherin Christine Blume kennt die Studienlage zu Schlaf und Depressionen gut und erzählt, dass es vielen Betroffenen wie Michelle geht: "Einschlafstörungen sind sehr häufig bei einer Depression. Wenn man dann sehr spät erst einschlafen kann und am Morgen spät aufsteht, weil man hofft, sich durch ausreichend Schlaf erholen zu können, dann verschiebt sich auch der Rhythmus schnell etwas."
"Einschlafstörungen sind sehr häufig bei einer Depression."
Studien legen nahe, dass das Grübeln in den Abendstunden und in der Nacht mehr wird. Schlafforscherin Christine Blume erklärt, woran das liegen könnte. "Da fehlt Ablenkung, es ist dunkel, soziale Unterstützung hat man auch keine, denn alle Freund*innen, die man am Tag anrufen könnte, schlafen." Dazu kommt: Die Ressourcen, die es bräuchte, um die eigenen Emotionen und Gedanken in geordnete Bahnen zu lenken, sind am Ende des Tages ziemlich erschöpft. Wir kommen also viel schwerer aus negativen Gedankenschleifen raus, erklärt Christine Blume.
Angst, am nächsten Tag nicht fit zu sein
Eigentlich bräuchte man eine Art gedankliche Leere, um gut einschlafen zu können. Doch die Gedanken drehen und drehen sich. Und dazu kommt bei den Betroffenen oft auch noch die Angst oder Sorge, am nächsten Tag nicht fit zu sein, weil es nun nicht mehr ausreichend Schlaf gibt.
Laut Daten der Krankenkassen wurde im Jahr 2023 bei knapp 17 Prozent der gesetzlich Versicherten in Deutschland eine Depression diagnostiziert. Das bedeutet nicht, dass sie neu aufgetreten ist – die Zahlen geben also eher einen groben Überblick darüber, wie viele Menschen in Deutschland betroffen sind.
Und fast alle von ihnen haben Schlafprobleme.
"Wir wissen aus Studien: Wenn man am Schlaf ansetzt und es schafft, den etwa durch eine Insomnie-Therapie zu verbessern, dann gehen oft auch die depressiven Symptome zurück."
Es ist also sehr wichtig, dass Betroffene Hilfe bekommen. Eine Depression wird meist mit Medikamenten in Kombination mit einer Psychotherapie behandelt. Beides kann auch den Schlaf verbessern. Schlafforscherin Christine Blume sagt: den Schlaf mitzudenken sei immer eine gute Idee. Studien beweisen: Wenn Menschen am Schlaf ansetzen und es schaffen, Schlaf zum Beispiel durch eine Insomnie-Therapie zu verbessern, dann gehen oft auch die depressiven Symptome zurück.
Schlafprobleme können Ursache von Depressionen sein
Warum sich der Schlaf bei Depressionen so stark verändert und wieso auch Schlafprobleme selbst die Ursache einer Depression sein können, das besprechen Wissenschaftsjournalistin Ilka Knigge und Schlafforscherin Christine Blume in dieser Folge Über Schlafen. Wenn ihr gerade nicht mehr weiter wisst und es sich so anfühlt, als findet ihr gerade keinen Ausweg aus eurer Situation: Es gibt Hilfe.
Dieses Thema belastet dich?
Hier haben wir euch verschiedene Hilfsangebote zusammengestellt.
Wir freuen uns über euer Feedback und Themenvorschläge an ueberschlafen@deutschlandfunknova.de.
- Wie Depressionen den Schlaf verändern
- Hintergrund: Wie viele Menschen sind von Depressionen betroffen?
- Zusammenhang zwischen Schlaf und Depression
- Mythencheck: Zu viel Schlaf kann die Symptome verstärken
- Depression und Insomnie
- Was das für Betroffene bedeutet
- Was hiilft?
