Donald Trump beunruhigt die Welt mit der Ansage, die USA werden bald mit Atomwaffentests starten. Grund seien Waffentests in Russland und China. Wir klären, was dahinter steckt - und ob die Welt vor einem neuen nuklearen Aufrüstungsrennen steht.
US-Präsident Donald Trump gelingt es immer wieder, mit seinen Aussagen die Menschen in Sorge zu versetzen – seine Ankündigung, Atomwaffentests wieder durchzuführen gehört dazu. Auch Sascha Hach vom Leibniz-Institut für Friedens- und Konfliktforschung hat diese Ankündigung im ersten Moment geschockt. Seine Analyse hilft uns, die Aussage einordnen zu können – und nimmt uns am Ende vielleicht auch die Angst, es könne neue Atomwaffentests geben.
"Aktuell scheint es mir eher so, dass es nicht darum geht, Sprengköpfe wieder zu testen."
Sascha Hach hat nach dem ersten Schockmoment genauer untersucht, worauf Donald Trump sich bezogen, in welchem Zusammenhang er sich geäußert hat und welche Ereignisse vorher stattgefunden hatten. Dafür unterscheidet er die technische und politische Ebene, die davon betroffen sind.
Technische Gründe für Tests
Atomwaffentests dienen grundsätzlich der Überprüfung der Waffen, ob diese noch funktionstüchtig und verlässlich sind, aber auch der Weiterentwicklung der Waffen. Allerdings verfügen die USA über sehr viele Testdaten, denn zwischen 1945 und 1992 haben die Vereinigten Staaten über 1000 solcher Tests durchgeführt, erklärt Sascha Hach.
Mit dieser enormen Datenmenge konnten Computermodelle gefüttert werden, die Atomwaffenexplosionen simulieren können, so der Forscher. Dank der Simulationen müssen also keine Atomwaffentests durchgeführt werden. Die Trägersysteme für die Atomwaffen, Raketen und Marschflugkörper, werden ohne Sprengkopfdetonation getestet.
Mit dem sogenannten "Trinity"-Test am 16. Juli 1945 in den USA wurde zum ersten Mal in der Menschheitsgeschichte eine Atomwaffe gezündet. Diese ersten Tests wurden in der Atmosphäre durchgeführt – mit katastrophalen Auswirkungen. In den 1960er Jahren wurde ein erstes Abkommen über ein Verbot oberirdischer Atomwaffentests vereinbart, wodurch der radioaktive Fallout verringert werden konnte. Die Atomwaffen wurden dann unterirdisch getestet, vor allem im Pazifik, mit dramatischen Unterwasserschäden, erklärt Sascha Hach.
Moratorium für Atomwaffentests
Bis 1996 wurden über 2000 Atomtests von den Atommächten USA, Frankreich, Großbritannien, Sowjetunion, Indien, Pakistan und Nordkorea durchgeführt. Dann einigten sie sich auf den umfassenden Kernwaffen-Teststoppvertrag (Comprehensive Nuclear-Test-Ban Treaty, CTBT), der weltweit die Durchführung jeglicher Art von Atomexplosionen – über- und unterirdisch, in der Atmosphäre und unter Wasser verbietet. Der Vertrag wurde von vielen Staaten weltweit gezeichnet und ratifiziert, aber wichtige Atommächte wie die USA und Russland oder Staaten, die über Nukleartechnologie verfügen, fehlen. Erst wenn diese Staaten den CTBT ratifiziert haben, tritt er in Kraft.
Seit dem letzten US-Atomwaffentest am 23. September 1992 haben sämtliche Staaten mit einem Nuklearwaffenprogramm – bis auf Nordkorea – auf Atomtests verzichtet (das sogenannte Atomtestmoratorium) und sich an diese Selbstverpflichtung gehalten. Überwacht wird das Moratorium von einer internationalen Organisation (CTBTO) mit einem Überwachungssystem, das aus einem Netz von 337 Überwachungseinrichtungen weltweit besteht, von denen über 90 Prozent in Betrieb sind. Fünf der Messstationen werden von Deutschland unterhalten.
Am 30. Oktober 2025 schreibt US-Präsident Trump auf Truth Social: "Wegen der Testprogramme anderer Länder habe ich das Kriegsministerium angewiesen, mit den Tests unserer Atomwaffen auf gleicher Basis zu beginnen."
Die CTBTO kann mit seismischen Messungen, Radioaktivitätsmessungen und Spezialmikrophonen in den Ozeanen und der Atmosphäre auch geringste Spuren von Radioaktivität in der Luft erfassen. Wenn tatsächlich ein Land das Moratorium gebrochen hätte, dann müsste dieser Atomwaffentest von dem Überwachungssystem registriert worden sein.
"Es gibt keine Anzeichen dafür, dass weder Russland noch China, beide Länder hatte Trump erwähnt, solche Tests durchgeführt haben."
Würde Trump weiter bei diesem Vorwand bleiben und neue Atomwaffentests in den USA vorantreiben, dann würden diese unterirdisch in der Wüste Nevadas stattfinden, glaubt der Forscher. Doch bevor diese Tests überhaupt durchgeführt werden könnten, brauche es nach Angaben des wissenschaftlichen Dienstes des US-Kongresses eine Vorbereitungszeit des Testgeländes von 24 bis 36 Monaten.
Außerdem habe die National Nuclear Security, die mit den Tests betraut ist, seit 2010 keine Finanzmittel für Testprogramme eingeplant oder angefordert. Ein Testprogramm würde substanzielle Haushaltsmittel binden, denen der Kongress insbesondere im aktuellen Shutdown nicht zustimmen würde. "Das heißt, es gibt aktuell keine technischen Vorbereitungen für Tests", sagt Sascha Hach.
Möglicherweise bezieht sich Donald Trump aber gar nicht auf den Test von Sprengköpfen, sondern von Trägerraketen. Hintergrund könnte der Test der atomaren Langstreckenrakete Burewestnik sein, der nach russischen Angaben im Verlauf eines Manövers von Atomstreitkräften am 21. Oktober durchgeführt wurde. Bei diesem Test handelte es sich um die Erprobung eines neuen Trägersystems, "einen strategischen Marschflugkörper, der angeblich 14.000 Kilometer reichen kann, also auch die USA bedroht", sagt Sascha Hach.
Dieser Marschflugkörper ist nuklear angetrieben. "Das ist so eine Spezialität der Russen, dass sie alles Mögliche nuklear antreiben und eben auch einen atomgetriebenen Torpedo, der auch mit Nuklearwaffen bestückt werden kann", erklärt der Forscher. Deshalb glaubt er, dass Donald Trump sich auf diesen Test bezieht.
Die politische Ebene
Aber solche Tests von Trägersystemen haben die USA dieses Jahr auch durchgeführt und im September viermal Trident-Raketen von U-Booten aus abgefeuert, sagt Sascha Hach. Und ergänzt: Auch "China hat im September zuletzt eine Interkontinentalrakete im Pazifischen Ozean getestet".
Donald Trump hatte seine Äußerung kurz vor seinem Treffen mit Chinas Präsidenten Xi Jinping in Südkorea abgesetzt. Dieser hat Trump daran erinnert, dass die USA sich an ihre Zusage zum Atomwaffentest-Moratorium halten müssten. China sei gegenüber Russland und den USA im Bereich der Atomwaffen nicht konkurrenzfähig und hätten deshalb kein Interesse an einem Aufweichen des Moratoriums, glaubt Sascha Hach.
Auf dem Flug mit dem Präsidentenflugzeug "Air Force One" nach Südkorea hat sich Donald Trump gegenüber Reportern zu seinem Post auf Truth Social geäußert. Unter anderem sagte er, dass er gerne eine Denuklearisierung sehen würde. Deshalb wolle er mit Russlands Präsident Wladimir Putin darüber sprechen, ohne dass er weitere Details dazu nannte. Was möglicherweise absurd klingt, schätzt Sascha Hach anders ein: "Trumps Abrüstungspolitik würde ich tatsächlich ernst nehmen, weil sie sich konsistent durch seine zwei Amtszeiten als Thema oder Zielsetzung durchzieht, aber auch weil das ein Thema ist, dem er sich schon seit den 1980er Jahren eigentlich kontinuierlich widmet."
Trumps Äußerung, Atomwaffentests durchführen zu wollen, könnte abschreckend für andere Atommächte wirken und mit der Denuklearisierunginitiative jetzt dazu beitragen, dass wieder über Rüstungskontrolle gesprochen werde, meint Sascha Hach. Andererseits könnte aber eine Intensivierung der Tests von Trägersystemen zu einem neuen Rüstungswettlauf führen.
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