Am 19. März 1962 besiegeln die Verträge von Evian den Waffenstillstand zwischen Frankreich und der algerischen Befreiungsbewegung. Bei der kommenden Präsidentschaftswahl könnten die Franzosen, die in der Kolonialzeit in Algerien gelebt haben, das Zünglein an der Waage sein.

Der 19. März 1962 war für Algerien ein Tag zum Jubeln. Der Vertrag von Evian beendete nach sieben Jahren den erbitterten Krieg zwischen der französischen Armee und den Truppen der algerischen Unabhängigkeitsbewegung FLN. Vorausgegangen war eine mehr als 100-jährige Besetzung Algeriens durch die Kolonialmacht Frankreich. Der algerische Befreiungskrieg ist in Algerien bis heute ein nationaler Kristallisationspunkt, auf den sich alle Algerier einigen können. In Frankreich hingegen wird der Krieg immer noch tabuisiert und als nationale Schmach am liebsten verdrängt.

"Ich kann mich nicht an entspannte, ruhige Eltern erinnern. Meine Kindheit, das ist der Krieg."
Eine Algerienfranzösin über ihre Kindheit

In einem Monat steht in Frankreich der erste Wahlgang der Präsidentschaftswahl an. Mit von der Partie ist die Chefin des Front National, Marin Le Pen. Ihr Vater, Jean Marie Le Pen, war als Angehöriger der Fremdenlegion in Algerien eingesetzt und einer der Gründer des "Front d’Algérie français - FAF" (Front des französischen Algeriens). Le Pen und andere Rechtsextremisten wollten verhindern, dass Algerien unabhängig wird, und erreichten damit in Frankreich eine millionenfache Anhängerschaft.

Bei der Präsidentschaftswahl könnten die Franzosen, die in der Kolonialzeit in Algerien gelebt haben, das Zünglein an der Waage sein. Sie und ihre Nachkommen wählen seit Jahren den Front National, weil sie in den Einwanderern, die in Toulon, Marseille oder anderen südfranzösischen Städten wohnen, die Ursache allen Übels sehen. Der FN instrumentalisiert diese Vorurteile und kann sich auf eine große Stammwählerschaft in Südfrankreich verlassen.

Außerdem hört ihr in Eine Stunde History:

  • Buchautor Bernard Schmid über den Verlauf des algerischen Befreiungskrieges und die Rolle von Jean Marie Le Pen
  • Die Verlegerin Donata Kinzelbach über Familien in Algerien, die immer noch unter den Folgen des Krieges leiden
  • ARD-Korrespondent Stefan Ehlert berichtet über den Umgang mit dem Befreiungskrieg in Algerien
  • DRadio-Wissen-Geschichtsexperte Matthias von Hellfeld über die französische Kolonialzeit in Algerien zwischen 1830 und 1962
Shownotes
Algerienkrieg
Kampf für die Unabhängigkeit
vom 17. März 2017
Moderatorin: 
Meike Rosenplänter
Gesprächspartner: 
Matthias von Hellfeld, DRadio-Wissen-Geschichtsexperte