Philipp lebt seit vier Jahren in Istanbul. Er ist Ende 30 und Chemie- und Bio-Lehrer an einer deutschen Schule. Das Standing der Lehrer sei besser als in Deutschland, erzählt er. Die aktuelle politische Situation - das Referendum - spalte die ganze Gesellschaft.
Der Entschluss, als Lehrer in der Türkei zu arbeiten, ist bei Philipp gereift, als er bei Türken in Deutschland zur Miete gewohnt hat. Er ist nach Istanbul gefahren, hat sich in die Stadt verliebt, für den Job beworben und dann die Stelle sehr unkompliziert bekommen.
In Istanbul verliebt
Philipp hatte aber Glück: Er hat einfach bei der Schule angerufen und es hat geklappt. Er spricht türkisch und fühlt sich wohl in der Türkei. Die Deutsche Schule in Istanbul werde von 20 Prozent deutschen und 80 Prozent türkischen Schülern besucht, erzählt Philipp.
Lehrer haben ein anderes Standing
Ganz anders als in Deutschland sei die Stellung der Lehrer: In der Türkei sei der Beruf viel angesehener - zum Lehrertag bekomme er etwa Geschenke von der Schulbehörde. Auch das Verhältnis zu den Schülern sei anders.
"Die Schüler haben hier mehr Respekt den Lehrern gegenüber."
Es sei eine formelle, ritualisierte Wertschätzung, ohne dass die Schüler das groß hinterfragen würden. Gleichzeitig sei die Atmosphäre an der Schule wärmer als er das aus Deutschland kenne. "Wie eine Familie", sagt er. Seit dem Putschversuch in der Türkei habe sich aber vieles geändert.
Schwierige Zeiten in der Türkei
Die Menschen hätten Angst vor Anschlägen. Es herrsche eine große Unsicherheit im Land. Vor allem werde nicht mehr offen über Politik gesprochen. Vorher sei das ein zentrales Thema gewesen. Man habe sich ständig darüber unterhalten - ob mit dem Taxifahrer oder an der Bushaltestelle.
"Die Freiheit, dass man in Deutschland immer und zu jeder Zeit alles sagen kann, lernt man erst wirklich zu schätzen, wenn man hier lebt."
Mit seinen Freunden redet Philipp auch nicht viel über Poltitik oder konkret über das Referendum. Die Menschen haben Angst, sagt er. Philipp telefoniert im Moment lieber über Skype. Wenn er sein normales Telefon benutzt, fürchtet er, abgehört zu werden.
"Das Referendum spaltet die Gesellschaft - das geht durch alle Altersgruppen."
Ein Pärchen aus seinem Bekanntenkreis habe sich kürzlich sogar wegen des Referendums getrennt - sie hätten unüberbrückbar andere Meinungen dazu gehabt.
In den türkischen Nachrichten werde nicht viel über das Ausland berichtet. Das zentrale Thema sei die Türkei selbst, die Innenpolitik. Für die Außenpolitik blieben nur ein paar Sekunden übrig. Die Türken wunderten sich, erzählt Philipp, dass die Türkei in den deutschen Nachrichten einen so großen Platz einnimmt.