WG-Zimmer für 800 Euro? In München normal. Doch wer kann sich das leisten? Patricia hat keine feste Wohnung mehr, weil zu teuer. Sie studiert, hat einen Teilzeitjob und macht Couchsurfing. Was passieren muss, damit Wohnen wieder bezahlbarer wird.
Patricia studiert in München Soziologie, das ist ihr Zweitstudium, deshalb bekommt sie kein Bafög. Die 22-Jährige jobbt nebenbei als Werkstudentin. Außerdem engagiert sie sich im Arbeitskreis der Münchner Studierenden für bezahlbaren Wohnraum. Denn im Schnitt liegt in München die Miete für ein WG-Zimmer bei 800 Euro.
Das ist eine so hohe Miete, dass von Patricias Einkommen, wenn sie alle Fixkosten abzieht, nicht mehr viel zum Leben übrig bleibt. Bei einer Miete von 800 Euro sind 70 Prozent ihres Einkommens weg, rechnet Patricia aus. Für Notfallausgaben kann sie dann nichts mehr zurücklegen.
"Da wird es Mitte des Monats schon echt eng."
Mit rund 400 Euro für Lebenshaltungskosten muss sie dann bei so einer hohen Miete auskommen. "Das bedeutet, dass eigentlich nur das Nötigste gegessen wird", sagt Patricia. Also das, was einen am längsten satt macht und die meiste Energie liefert. Und sich bei Freunden und der Familie zum Essen einladen, um möglichst wenig für Lebensmittel auszugeben.
Wenn Mieten nicht mehr bezahlbar sind
Deshalb hat Patricia ihr WG-Zimmer gekündigt und sich auf die Suche nach einem günstigeren gemacht. Fehlanzeige. Auf ihre Bewerbungen hat sie meist gar keine Antwort bekommen. Die günstigen Zimmer waren sofort weg. Und irgendwann hatte sie keine Kraft mehr. Jetzt macht sie, wie sie selbst sagt, Couchsurfing bei ihrer Mutter oder bei Freunden.
So wie Patricia geht es rund 500.000 Menschen in Deutschland – sie alle sind wohnungslos, in Wohnheimen untergebracht, leben bei Freunden oder der Familie oder auf der Straße. Menschen wie Patricia gelten auch als verdeckt wohnungslos, weil sie bei Freunden und der Familie unterkommen.
Gegen die immer stärker ansteigenden Mieten hat der Staat die Mietpreisbremse eingeführt, doch die Wirkung ist gering. Diese Mietpreisbremse soll dafür sorgen, dass die Mieten bei neuen Verträgen maximal 10 Prozent über der Vergleichsmiete liegen dürfen. Die Vergleichsmiete lässt sich über den lokalen Mietspiegel herausfinden. Liegt die Miete über dieser Grenze können Mieter*innen dagegen vorgehen.
Mietpreisbremse zeigt keine Wirkung
Doch dieses Instrument ist recht wirkungslos. Die Mieten steigen trotzdem. Ricarda Pätzold glaubt, dass die Regelungen nicht greifen, weil sie von den Aktivitäten des einzelnen Mieters oder der einzelnen Mieterin abhängig sind. Mit anderen Worten: Mieter*innen müssen mit Vermieter*innen streiten.
Die Stadt- und Regionalentwicklerin forscht beim Institut für Urbanistik zu umwelt- und sozialverträglichem Bauen und Wohnungslosigkeit. Sie kommt zu dem Schluss, dass die Regulierung durch die Mietpreisbremse ein sehr aufwendiges Instrument ist und nicht systematisch auf den Wohnungsmarkt hineinwirkt.
Der Wohnungsmarkt sei sehr komplex, sagt Ricarda Pätzold. Einfach mehr Wohnraum schaffen, im Sinne von mehr Angebot drückt den Preis, funktioniert aus ihrer Sicht nicht. Denn neue Wohnungen zu bauen, dauert. Bis es ein Überangebot gäbe, würden, wenn überhaupt, viele Jahre vergehen. Die Förderung der Bundesregierung sollte für 400.000 Wohnungen jährlich sorgen. Das Ziel wurde bei weitem verfehlt.
Aus ökologischen Gesichtspunkten ist es gar nicht wünschenswert, mehr Wohnungen zu bauen, ergänzt Ricarda Pätzold. Es gibt aber durchaus Vorschläge, die für eine Entspannung auf dem Wohnungsmarkt sorgen könnten.
Vorschlag für staatliche Maßnahme
Zum Beispiel schlagen die Juristinnen Sarah Lincoln und Mareile Dedekind auf Verfassungsblog vor, die Quote der Sozialwohnungen im Bestand zu erhöhen, statt neue zu bauen: Eine "gesetzlich verankerte Sozialwohnungsquote, die größere Wohnungsunternehmen verpflichtet, einen Anteil ihres Wohnungsbestandes in Gebieten mit angespanntem Wohnungsmarkt dauerhaft als Sozialwohnungen zu festgelegten Mietpreisen an Menschen mit WBS zu vermieten."
Klar ist, dass es auf staatlicher Seite einer Maßnahme bedarf, die die zunehmende Wohnungslosigkeit stoppt. Nach der Bundestagswahl am 23. Februar wird sich zeigen, ob die neue Regierung hierfür bessere Regelungen findet.
Aufs Land ziehen?
Für Patricia sind das alles keine schnellen Lösungen. Selbst wenn München für die 150.000 Studierenden die 8.000 Wohnheimplätze erhöhen würde, müsste sie darauf noch lange warten. Abgesehen davon habe der Freistaat Bayern die Sanierung der Wohnheime in München hinausgezögert. Jetzt seien sie marode.
Ins Umland ziehen? Das machen einige und sie hatte auch schon darüber nachgedacht, sagt Patricia. Manche würden gar täglich zwei Stunden von Augsburg nach München pendeln mit dem Zug, weil es günstiger sei als die Wohnungsmiete.
Aber Patricia möchte einfach in ihrer Heimatstadt wohnen bleiben, wo sie verwurzelt ist, Familie und Freunde hat. Außerdem sei der öffentliche Nahverkehr rund um München nicht zuverlässig, häufig fallen Bahnen aus und es komme zu Verspätungen.
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