Jeder Mensch atmet anders. Das hat ein israelisches Forschungsteam herausgefunden. Dazu haben die Forschenden einen ganzen Tag lang bei rund 100 Probanden 24 verschiedene Werte gemessen. Das Ergebnis: Jeder Mensch hat ein einzigartiges Atemmuster.
Möglich wurde das mit Hilfe von maschinellem Lernen – also einer Form von künstlicher Intelligenz – und einem neuen Messgerät, das wie ein Sauerstoffschlauch unter der Nase getragen wird.
Deutschlandfunk-Nova-Reporter Tobias Blum erklärt, dass dieses Gerät gleich mehrere Details gleichzeitig erfasst – etwa die Dauer von Ein- und Ausatmung, die Menge der Luft und sogar, aus welchem Nasenloch geatmet wird.
„Das Gerät misst unter anderem, wie lange jemand ein- und ausatmet, aus welchem Nasenloch die Luft kommt und wie viel Luft es ist.“
Bei einer Studie mit rund 100 Personen wurden über 24 Atemmerkmale einen ganzen Tag lang aufgezeichnet. Laut Blum habe sich dabei gezeigt, dass ein Computer mit über 95 Prozent Sicherheit erkennen kann, welcher Mensch gerade atmet – und zwar auch über Monate hinweg.
„Schaut man sich alle 24 Messwerte an, kann der Computer mit über 95-prozentiger Sicherheit sagen, welcher Mensch da atmet – auch über Monate und über Jahre hinweg.“
Was Krankheiten mit der Atmung zu tun haben
Neben der individuellen Erkennung geht es in der Forschung auch um Krankheiten. Denn: Die Atmung verändert sich bei bestimmten Erkrankungen. Das betreffe nicht nur offensichtliche Fälle wie Asthma oder Lungenentzündungen, sagt Blum, sondern auch weniger erwartbare Zusammenhänge.
„Auch Bluthochdruck, Herzkrankheiten, Epilepsie oder psychische Erkrankungen wie Depressionen zeigen sich in der Atmung.“
Blum weist darauf hin, dass die Psyche eine Rolle spiele – und zwar nicht nur als Folge, sondern womöglich auch als Auslöser. Die Frage sei, so formuliert er es, ob eine Depression die Atmung verändert – oder die Atmung zur Depression beiträgt.
Er verweist auf die Alternativmedizin, wo Atemtherapie etwa zur Linderung von Beschwerden eingesetzt wird. Das zeige, wie eng Körper und Psyche über die Atmung verbunden sein könnten.
Atemluft als Datenspeicher
Aber nicht nur wie wir atmen, sagt Tobias Blum, sei relevant – sondern auch, was in der Luft enthalten ist.
„In der Atemluft sind rund 1500 verschiedene Stoffe gelöst. Die verändern sich je nach Tageszeit, sind teilweise geschlechtsabhängig oder zeigen, wie du dich ernährst.“
Diese Stoffe könnten Hinweise auf Krankheiten geben – etwa auf Brustkrebs oder Leberprobleme. Allerdings, so betont Blum, sei das noch kein verlässliches Diagnoseverfahren für den klinischen Alltag.
„Das ist noch keine Methode, die Ärzt:innen in der Klinik nutzen, um Krankheiten sicher zu diagnostizieren.“