Batman in den Alpen Bayerns, Spirou in Berlin – Comic-Helden verlassen neuerdings auch mal ihr gewohntes Umfeld, um an anderen Orten der Welt Abenteuer zu erleben.
Irgendwo in den Tiefen der verschneiten bayerischen Alpen schart Joker eine Gruppe fanatischer Klimaaktivisten um sich, die er so radikalisieren möchte, dass sie selbst vor Mord nicht zurückschrecken. Und Batman, der ist natürlich vor Ort, um sich seinem Erzfeind und dessen neuen Gefolgsleuten zu stellen.
Mehr darf der deutsche Verlag Panini noch nicht vom neuen Batman-Comic "Rauhnacht" verraten, dessen Cover seit einiger Zeit durch das Netz schwirrt.
"Rauhnacht" heißt ein Teil der Sonderausgabe "Batman: The World", die der Comicverlag DC herausbringt. Ausgewählte Teams aus 14 Ländern haben dafür Batman-Geschichten beigesteuert – unter anderem aus Russland, Frankreich, Mexiko, Japan und Deutschland. Am 14. September 2021 wird die Sonderausgabe veröffentlicht.
Ein schmaler Grat
Geschrieben und gezeichnet wurde "Rauhnacht" vom deutschen Duo Benjamin von Eckartsberg und Thomas von Kummant. Die beiden haben bereits andere Projekte zusammen verwirklicht, wie beispielsweise die postapokalyptische Reihe Gung Ho. Anfangs sei DC die Geschichte über Batman in Bayern nicht deutsch genug gewesen, erinnert sich der Autor Benjamin von Eckartsberg. Deshalb habe er noch ein paar Sätze anpassen müssen.
Ganz unheikel empfinde Benjamin von Eckartsberg es nicht, wenn man überlebensgroße Figuren wie Batman und dessen Feinde aus ihrer Welt in Gotham City nach Bayern hole. Das könne schnell lächerlich wirken, wenn man nicht aufpasse.
"So eine Figur mit all dem, was man damit assoziiert, jetzt zum Beispiel nach Bayern zu holen, da muss man immer aufpassen. Der kann ja auch sehr schnell lächerlich wirken, wenn so ein Fledermausmann über die Frauentürme turnt oder so."
Einmal im Leben Batman zeichnen dürfen
Einmal Batman für DC zeichnen zu dürfen – für viele Comiczeichnerinnen- und zeicher ist das wie ein Ritterschlag. Auch Thomas von Kummant konnte das Angebot kaum abschlagen, obwohl er normalerweise lieber eigene Geschichten erzählt.
"Wir wollen eigentlich unsere eigenen Geschichten erzählen und wir wollen dann auch die Rechte an diesen Sachen haben. Aber jetzt kam halt Batman. Das macht man dann schon."
Traditionell hüten Verlage wie DC ihre Comic-Charaktere wie ihre Augäpfel. Dass jetzt auch internationale Teams Batman interpretieren dürfen, hat auch etwas mit Marketing zu tun, sagt Steffen Volkmer, Presse- und PR-Manager bei Panini. Fans könnten sich besser mit ihren Helden und Heldinnen identifizieren, wenn die Geschichten auch in ihrer Nähe spielen würden. Das erhöhe seiner Meinung nach im Umkehrschluss auch das Fandom.
"Wenn man etwas Gewisses mit den Helden verbindet, die eben nicht nur von drüben über den großen Teich sind, sondern die praktisch auch hier in unserer Umgebung irgendwelche Abenteuer erleben, dann identifiziert man sich mit denen viel leichter."
Lucky-Luke-Hommages, Spirou in Berlin
Ein weiterer Trend: Comics von deutschen Zeichnern und Autoren neu interpretieren zu lassen. So wurden auch franko-belgische Traditionscomics in der letzten Zeit erstmalig von deutschen Comic-Künstlern bearbeitet. Der deutsche Comic-Zeichner Mawil zeichnete beispielsweise die Lucky-Luke-Hommage "Lucky Luke sattelt um". Auch Ralf König brachte dieses Jahr zum 75. Geburtstag von Lucky Luke eine Hommage im Stil von Brokeback Mountain heraus.
2019 erschien außerdem ein Spezialband "Spirou in Berlin" vom Comiczeichner Flix. Für ihn sei Spirou ein Begleiter seiner Kindheit gewesen. Dafür nun schreiben und zeichnen zu dürfen, sei für ihn etwa so, als ob ihn jemand frage, ob er zum Mond fliegen wolle, sagt Flix.
"Und dann auf einmal die Frage zu bekommen: Möchtest du was für Spirou schreiben oder auch zeichnen? Es ist ein bisschen so, wie wenn jemand sagt, hast du Lust zum Mond zu fliegen? Ja klar!"
Die Charaktere weiter entwickeln lassen
Steffen Volkmer vom Panini-Verlag möchte sich noch nicht darauf festlegen, ob internationale Neuinterpretationen von Kultcomics ein Trend sind und in Zukunft mehr werden. Aber da die Projekte bisher sehr erfolgreich liefen, gehe er schon davon aus.
Für den Comiczeichner Flix ist das eine gute Entwicklung. Seiner Meinung nach sollten sich Charaktere weiterentwickeln dürfen und davor brauche es auch Mut von den Verlagen, ihre Charaktere neuen Zeichnern und Schreibern anzuvertrauen.
"Schaut, was eine Figur aushält! Seid mutig, lasst sie raus und lasst andere damit arbeiten, weil so wird dieser Edelstein immer wieder poliert und kann immer wieder strahlen."