Der Konflikt zwischen Aserbaidschan und Armenien Bergkarabach dauert seit 1918 an und ist in den vergangenen Monaten erneut eskaliert. Auch auf junge in der Türkei lebende Armenier wirkt sich der Konflikt negativ aus.

Seit gut einem Jahrhundert besteht der Bergkarabach-Konflikt schon. Zum ersten Mal trat er auf, als die Staaten Armenien und Aserbaidschan unabhängig geworden waren.

1988 flammte der Streit um die von Aserbaidschan und Armenien umkämpfte Region im Kaukasus erneut auf. Völkerrechtlich gesehen gehört das Gebiet zu Aserbaidschan, darin lebt aber eine mehrheitlich armenische Bevölkerung.

Waffenstillstand, der nicht hält

Für diese Woche war erneut ein Waffenstillstand für die seit Juli 2020 immer gewalttätiger werdenden Auseinandersetzungen geplant. Die Ruhe hielt aber auch diesmal kaum einen Vormittag lang, ab Montagnachmittag wurde bereits wieder gekämpft.

"Ich möchte ein freies und unabhängiges Armenien. Gleichzeitig möchte ich ein freies und unabhängiges Aserbaidschan. Es ist nicht schwer für mich, beides zusammen zu wollen. Aber offensichtlich sehr schwierig für die türkische Regierung."
Delal Dink, in der Türkei lebende armenische Journalistin

Der Konflikt erhitzt auch die Gemüter in der Türkei, weil das Land sich traditionell hinter seinen Verbündeten Aserbaidschan stellt.

Die Polemik der Regierung unter Recep Tayyip Erdogan wird von regierungsnahen Medien übernommen und schafft negtaive Ressentiments gegen die in der Türkei lebenden Armenier.

Armenier in der Türkei - Interview mit dem Geschichtswissenschaftler Rober Koptaş
"Fast alle Parteien in der Türkei schlagen in die selbe Kerbe: Sie stellen die Armenier als feindselig dar."

Spannungen zwischen diesen beiden Ländern lösen auch immer Ängste unter der armenischen Minderheit in der Türkei aus. Der von einem türkischen Attentäter ermordete armenische Journalist Hrant Dink nannte das die "Unruhe der Taube".

Die Taube als Zeichen des Friedens, die sich aber nicht setzen kann, die also nicht zur Ruhe kommt. Dieses Bild wird heute von vielen türkischen Armeniern wieder benutzt, zum Beispiel als Hashtag in den sozialen Medien, als Code für die Ängste und Sorgen, die sie haben.

"Erdoğan hat gesagt, Armenien sei ein Hindernis für den Frieden in der Region. Es sei ein terroristischer Staat. Das breitet sich in der Gesellschaft aus."
Rober Koptaş, Geschichtswissenschaftler

Gemeinsame Forderung nach Frieden

Aber auch auf der türkischen Seite werden Stimmen laut, die Frieden wollen. Es gibt einen türkischen Friedensaufruf. Özdeş Özbay, Journalist und Reporter des freien Sender Açık Radyo, ist einer der Unterzeichner der Kampagne.

Für Özdeş Özbay führt der Krieg zwischen Armenien und Aserbaidschan nur zu immer mehr Rassismus und Hass – und das eben auch in der Türkei.

Mit seinem Wunsch nach Frieden ist er nicht allein: Es gibt im Netz eine gemeinsame Erklärung junger türkischer, armeniescher und aserbaidschanischer Menschen auf caucasustalks.com – einer Plattform für junge Forschende und Aktivistinnen und Aktivisten, die gemeinsam – in 19 Sprachen – ein Ende des Kriegs fordern.

"Das breitet sich in der Gesellschaft aus. Auch die Medien fungieren nur als große Partei- und Propagandamaschine. Und sie haben ihren Stil erkennbar geändert: kriegerisch, rassistisch und blutrünstig."
Rober Koptaş, Geschichtswissenschaftler
  • Moderatorin:  Steffi Orbach
  • Autorin:  Hülya Avtan, Deutschlandfunk Nova