Für Tierbesitzer ist es eine Horrorvorstellung: Ihr Hund oder ihre Katze laufen fröhlich über Wald und Wiese. Und plötzlich schießt ein Jäger auf sie. Das ist in Deutschland tatsächlich unter bestimmten Umständen zulässig. Tierschützer kritisieren es seit langem.
In Deutschland leben rund zehn Millionen Hunde und fast 16 Millionen Katzen. Hinzu kommen wohl mindestens zwei Millionen streunende Katzen. Doch die Tiere sorgen auch für Probleme, wenn sie zum Beispiel wilde Tiere jagen. In vielen Bundesländern ist es Jägerinnen und Jägern daher erlaubt, Katzen und Hunde zu erlegen, das heißt zu erschießen, sagt Klaus Jansen. Er gehört zum Team der Deutschlandfunk-Nova-Wissensredaktion und hat zu dem Thema recherchiert.
Haustiere werden als Gefahr für Wildtiere gesehen
Schätzungen zufolge werden jedes Jahr bis zu 200.000 Katzen und wohl mehrere hundert Hunde von Jagenden erlegt, sagt unser Reporter. Doch genau Zahlen liegen nicht vor, da es keine bundesweite Meldepflicht gibt. Zudem würden nicht alle Fälle von Jägerinnen und Jägern gemeldet.
"Das Gesetz macht keinen Unterschied, ob es sich um Haustiere handelt oder um Streuner ohne Zuhause."
Haustiere dürfen in Deutschland abgeschossen werden. Das regelt Paragraf 23 im Bundesjagdgesetz, erklärt Klaus Jansen. Darin heißt es, dass das Wild geschützt werden muss, eben auch vor wildernden Hunden und Katzen.
In fasst allen Bundesländern dürfen Haustiere geschossen werden
Umgesetzt werde das Gesetz je nach Bundesland. Katzen dürfen von Jägerinnen und Jägern in allen Bundesländern erlegt werden, außer in Nordrhein-Westfalen und dem Saarland. Hunde dürfen überall geschossen werden, außer im Saarland.
"Wer einen Jagdschein hat, kann sich darauf berufen und sagen: Rehe, Fasane, Hasen und ihr Nachwuchs sollen nicht von Haustieren erbeutet werden."
In einigen Bundesländern braucht man eine Genehmigung, in den meisten nicht, dort reicht es, einen Hund oder eine Katze im Jagdrevier anzutreffen, erläutert Klaus Jansen. Es gibt Abstandsregeln, mal 200, mal 300 oder 500 Meter vom nächsten Haus entfernt. Es gebe manchmal noch weitere Einschränkungen zum Beispiel, dass die Tiere "wildernd" angetroffen werden müssen. Aber das gelte nicht überall, und lasse sich im Einzelfall oft auch nicht mehr rekonstruieren, so der Journalist.
Ob Haustiere eine so große Gefahr darstellen, ist umstritten
Ob Hunde und Katzen tatsächlich eine so große Bedrohung für Wildtiere darstellen, ist umstritten, sagt der Journalist. Bei Freigänger-Katzen zum Beispiel belegen Studien, dass sie Tierpopulationen teilweise auslöschen können. Das bestätigt der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland e. V. (BUND).
Der Deutsche Tierschutzbund widerspricht dem nicht, plädiert aber für eine differenziertere Sicht. So müsse man unterscheiden, ob Katzen in Siedlungsräumen unterwegs sind oder in großen Wäldern und Naturschutzgebieten. Außerdem fordert der Tierschutzbund eine bundesweite Kastrationspflicht für Katzen, die nach draußen dürfen.
"Katzen, die kastriert sind, haben einen geringeren Aktionsradius, entfernen sich also weniger von zu Hause. Ihr Jagdtrieb ist auch etwas reduziert."
Hunde- und Katzenbesitzer sollten sich also in jedem Fall merken, ihre Vierbeiner besonders im Wald und in Naturschutzgebieten anzuleinen. So rät es der Tierschutzbund. Und Klaus Jansen fügt hinzu: Wer Vögeln und vor allem ihrem Nachwuchs im Frühjahr eine Chance geben will, denkt bei der Hauskatze am besten daran, sie im Mai, Juni und Juli nicht oder weniger rauszulassen.