Sie beschließen Gesetze, die uns alle betreffen: Bundestagsabgeordnete. Oft passiert das in Sitzungen, die am Morgen beginnen und am späten Abend oder teilweise in der Nacht enden. Wie schafft man das alles mit so wenig Schlaf?
Gestern Abend hatte Josephine Ortleb um 22 Uhr Feierabend. Zumindest konnte sie da den Bundestag verlassen – andere saßen da noch bis nach Mitternacht. Für alle war es – wie immer in Sitzungswochen – eine kurze Nacht, denn der Arbeitstag beginnt für die meisten wieder um 7.30 Uhr. Manche starten noch früher, berichtet Josephine Ortleb.
Josephine Ortleb ist die Parlamentarische Geschäftsführerin der SPD-Bundestagsfraktion. Dafür nimmt sie regelmäßig an Plenarkonferenzen teil, die teilweise bis in die Nacht hinein gehen. Das Ende der vergangen Sitzung zum Beispiel war für 3.50 Uhr angesetzt, Beginn war um 9 Uhr. Dieses mal wurden die Abgeordneten etwas früher gegen Mitternacht fertig.
"Ausgeschlafen fühle ich mich heute Morgen nicht."
Solche Marathonsitzungen, die bis in die Nacht hinein gehen, sollten eigentlich die Ausnahme sein. Nachdem Ende 2019 ein CDU-Abgeordneter bei einer Rede zusammengebrochen ist und eine Linken-Abgeordnete am gleichen Tag einen Schwächeanfall hatte, sollte eine Reform die Arbeit im Parlament verbessern.
Weniger Nachtsitzungen durch kürzere Redezeit
Und diese Reform wurde auch umgesetzt, so Josephine Ortleb. Damit Nachtsitzungen vermieden werden, wurde beispielsweise die Redezeit der Abgeordneten von 38 auf 30 Minuten verkürzt.
Das zeige Wirkung, alleine wenn die Bundestagsabgeordneten bei jedem der 40 Tagesordnungspunkt nur fünf Minuten einsparen, würden sie sie schneller zum Ende der Sitzung kommen. Auf die Qualität der Debatte macht es dagegen kaum einen Unterschied, sagt sie. Seit der Reform sei die Tagung im Plenum in der Regel zwischen 21 und 22 Uhr beendet.
Reform für Plenarwochen wirkt
Josephine Ortleb hat bislang auch nicht den Eindruck gehabt, dass der fehlende Schlaf die Entscheidungen der Bundestagsabgeordneten beeinflusst. Anstrengend sei der Job trotzdem – gerade weil sie wichtige Beschlüsse erlassen.
In der vergangen Konferenz zum Beispiel standen acht Gesetze auf dem Plan, die final beraten und beschlossen werden sollten: Vom Telekommunikationsmodernisierungsgesetz über das Kinder- und Jugendstärkungsgesetz bis hin zur Änderung des Seefischereigesetzes.
Zusätzlich sollten sie über erste Gesetzentwürfe zum Lieferkettengesetz, Cyberstalking oder einer Änderung des Anti-Doping-Gesetzes beraten. Letztere waren ursprünglich erst für nach Mitternacht angesetzt.
"Ich muss sagen, ich gehöre zu den Menschen, die schon sieben Stunden Schlaf brauchen. Ich habe ältere Kollegen, die zu mir sagen, drei, vier Stunden die Nacht reichen mir."
Für die Abgeordnete ist daher klar: Im Bundestag zu arbeiten bedeutet auch, achtsam mit sich selbst umzugehen. Das sieht sie als persönliche Aufgabe aller Abgeordneten an. Als Ausgleich zu Marathonsitzungen in Plenarwochen legt sie sich zum Beispiel ihre Termin entsprechend flexibel.