• Deutschlandfunk App
  • Spotify
  • Apple Podcasts
  • Abonnieren

Machosprüche bei DSDS, Bewertungen von Aussehen und Körpern bei GNTM – Die Kommunikationswissenschaftlerin Samira El Ouassil meint, diese Art Fernsehen habe ausgedient. Menschen würden so etwas nicht mehr sehen wollen.

Dieter Bohlen, Musik-Urgestein und Obermacho bei "Deutschland sucht den Superstar" (DSDS), hat in der Castingshow zuletzt mal wieder für große Empörung gesorgt. Er fragte eine Kandidatin: "Hast du nur Abi und dich durchnudeln lassen?" Damit sorgte er für große Kritik und eine Sexismus-Diskussion in den Medien und sozialen Netzwerken. Doch warum der plötzliche Aufschrei? Sexistische Sprüche gehören seit Jahren zum Repertoire des Jurors.

Die Gesellschaft hat sich geändert, DSDS nicht

Samira El Ouassil, Kolumnistin und Kommunikationswissenschaftlerin, stört sich schon länger an solchen Casting-Show-Formaten. Für den wachsenden Gegenwind macht sie Veränderungen auf drei Ebenen verantwortlich. Während Formate wie DSDS ziemlich gleich geblieben sind, habe sich die Art der linearen TV-Unterhaltung in den letzten 10 bis 20 Jahren stark verändert. Samira El Quassil beobachtet eine ähnliche Tendenz in der Gesellschaft: Es gebe beispielsweise eine neue Wahrnehmung von Themen wie Feminismus, Female Empowerment und Emanzipation.

"Die Gesellschaft hat sich verändert. Aber das Fernsehen hier an dieser Stelle in seiner Form nicht."
Samira El Ouassil, Kommunikationswissenschaftlerin

Als dritten Faktor zählt Samira die Sozialen Medien auf. Sie nennt sie ein Korrektiv, das alles begleitet, was im Fernsehen gesellschaftlich verhandelt wird. Hinzu kommt eine politischer gewordene Generation, die aufmerksam auf Ungerechtigkeiten – wie beispielsweise Sexismus – blickt und mit Instagram und Co. ein starkes Instrument hat, ihren Unmut kund zu tun.

Bohlen – ein patriarchal verkrusteter Juror

Zuletzt hatte sich mit Katja Krasavice sogar ein DSDS-Jurymitglied mit einem Song gegen Dieter Bohlen gestellt. Endlich gebe es ein Bewusstsein dafür, dass Bohlen nicht diese autoritäre Galionsfigur bleiben muss, die er lange Zeit für die Jury und das Format im Allgemeinen war, sagt Samira.

Nun folge eine Emanzipations- und Aufbruchsbewegung. Katja Krasavice wisse dies zu nutzen. Die sozialen Medien hätten ihr geholfen, sich mit ihren Followern gegen die paternalistische und patriarchal verkrustete Haltung eines Jurors stellen zu können.

Externer Inhalt

Hier geht es zu einem externen Inhalt eines Anbieters wie Twitter, Facebook, Instagram o.ä. Wenn Ihr diesen Inhalt ladet, werden personenbezogene Daten an diese Plattform und eventuell weitere Dritte übertragen. Mehr Informationen findet Ihr in unseren  Datenschutzbestimmungen.

Bis vor wenigen Jahren habe es viele TV-Konzepte gegeben, die auf Bewertung beziehungsweise Abwertung zielten. Die Shows hätten auch gut funktioniert. Das Publikum habe sich hierbei zum Komplizen gemacht. Der Abwärtsvergleich von untalentierten Menschen oder nicht normschönen Körpern habe Genugtuung verschafft und geholfen, sich besser, schöner, toller zu fühlen.

"Jetzt gibt es ein humanistisches, vielleicht sogar ethisches Verständnis darum, dass es Menschen sind, die zu unseren Unterhaltungszwecken vorgeführt werden."
Samira El Ouassil, Kommunikationswissenschaftlerin

Jetzt gebe es eine Art ethisches Verständnis davon, dass in solchen Shows Menschen zu Unterhaltungszwecken vorgeführt werden, sagt Samira. Mit diesem neuen soziale Bewusstsein, so glaubt sie, wollen die Menschen die alten Konzepte nicht mehr sehen.

GNTM – Diversity-Betonung ein Versuch, relevant zu bleiben

Auch die Castingshow "Germany's Next Topmodel", die jetzt in eine neue Staffel geht, steht immer wieder in der Kritik – beispielsweise wegen des dort transportierten Körperbilds oder des demütigenden Umgangs mit den Teilnehmerinnen.

Externer Inhalt

Hier geht es zu einem externen Inhalt eines Anbieters wie Twitter, Facebook, Instagram o.ä. Wenn Ihr diesen Inhalt ladet, werden personenbezogene Daten an diese Plattform und eventuell weitere Dritte übertragen. Mehr Informationen findet Ihr in unseren  Datenschutzbestimmungen.

Zuletzt betonte GNTM, mehr auf Diversity setzen zu wollen. Für Samira sei das nur der Versuch, noch relevant zu bleiben. Die Heterogenität der Kandidatinnen habe sich als eine fahle Hülle entpuppt, alles zum Schein und auch ökonomisch motiviert, sagt Samira. Schlussendlich seien es doch normschöne Körper oder archetypische Schönheitsideale, die bedient würden.

"Den Zuschauenden vermittelt man damit, dass sie nur gut und ein vollwertiges Mitglied der Gesellschaft sein können, wenn sie so aussehen, wie sie vielleicht nie aussehen können."
Samira El Ouassil, Kommunikationswissenschaftlerin

Das führe zu einem moralischen Problem. Den Zuschauenden werde das Gefühl vermittelt, nur ein vollwertiges Mitglied der Gesellschaft zu sein, wenn sie so aussehen, wie sie vielleicht nie aussehen können. "Deswegen halte ich es für ein inzwischen überholtes und auch langweiliges Format", sagt Samira.

Meldet euch!

Ihr könnt das Team von Facts & Feelings über WhatsApp erreichen.

Uns interessiert: Was beschäftigt euch? Habt ihr ein Thema, über das wir unbedingt in der Sendung und im Podcast sprechen sollen?

Schickt uns eine Sprachnachricht oder schreibt uns per 0160-91360852 oder an factsundfeelings@deutschlandradio.de.

Wichtig:
Wenn ihr diese Nummer speichert und uns eine Nachricht schickt, akzeptiert ihr unsere Regeln zum Datenschutz und bei WhatsApp die Datenschutzrichtlinien von WhatsApp.

Shownotes
Castingshows
Warum wir uns nicht mehr alles gefallen lassen
vom 15. Februar 2023
Moderatorin: 
Shalin Rogall
Gesprächspartnerin: 
Samira El Ouassil, Kommunikationswissenschaftlerin
  • Samira El Ouassil, Kommunikationswissenschaftlerin - über die Frage wie zeitgemäß Casting-Shows sind