Die Bundesregierung verlängert das Kontaktverbot bis Anfang Mai. Zum Infektionsschutz greift der Staat massiv in Grundrechte ein. So bewertet der Jurist Niko Härting den Zustand.
Ab kommendem Montag (20.04.2020) dürfen kleinere Läden wieder öffnen. Allerdings nur mit einem guten Konzept in Sachen Abstand und Hygiene. Große Versammlungen wie etwa Gottesdienste sind aber weiterhin untersagt, auch die Restaurants müssen geschlossen bleiben. Politische Demonstrationen de facto nicht möglich.
Das Kontaktverbot schränkt massiv unsere Grundrechte ein, sagt der Rechtsanwalt Niko Härting. Es sei aktuell gravierendste Grundrechtseingriff in der Geschichte der Bundesrepublik hatten.
"Einige Regeln greifen so tief in die Grundrechte ein, wie wir es seit Bestehen des Grundgesetzes, also seit 71 Jahren, nicht gesehen haben."
Auch wenn Angela Merkel von der größten Krise seit dem Zweiten Weltkrieg spricht: Sicherheit sei kein Supergrundrecht, so Niko Härting. Sie dürfe die Grundrechte nicht in den Schatten stellen. Auch Amnesty International warnt vor zu gravierenden Einschnitten.
In Deutschland gibt es sogenannte Notstandsgesetze. Sie wurden, als Ergänzung des Grundgesetzes, erst 1968 beschlossen. Darin wird auch das Szenario einer Seuche beziehungsweise einer Pandemie berücksichtigt.
Sicherheit kein Supergrundrecht
Bisher sind die Beschlüsse nur auf Papier festgehalten. Entscheidend sei, was die Bundesländer aus den Beschlüssen machen, sagt Niko Härting. Er ermutigt dazu, gegen exzessive Beschränkungen auch rechtlich vorzugehen. Dafür seien die Gerichte da. Auch das Bundesverfassungsgericht werde die andauernden Einschränkungen auf Dauer nicht nur beobachten.
Die Freiheitsrechte seien kein Egoismus, kein Gefühl und keine Befindlichkeit, sondern eine der Grundlagen unserer Verfassung, so der Rechtsanwalt. Das macht er vor allen Dingen am Beispiel der Versammlungsfreiheit fest: Minderheiten etwa, die mit den wirklich krassen Einschränkungen nicht einverstanden sind, seien zur Zeit ihres Rechtes beraubt, dagegen auf die Straße zu gehen.
"Die Einschränkung der Versammlungsfreiheit ist nicht nur auf individueller Ebene, sondern für unser gesamtes Verfassungsgefüge ein ganz grundlegendes Problem."
Derzeit sei es zwar auf dem Papier möglich, eine Erlaubnis für Demonstrationen zu beantragen. Das Recht auf Versammlungen sei aber praktisch außer Kraft gesetzt.
Auch wenn die Regierung ihn bislang nicht ausgerufen hat: Faktisch lebten wir gerade in einer Art Notstand, sagt Härting. Die Parlamente hätten sich weitgehend selbst entmachtet, im Augenblick seien ausschließlich die Regierungen am Werk.