Christina Franzisket ist Journalistin, ihr Kumpel Nagender Chhikara ist Fotoreporter. In Nagenders Heimatland Indien haben sich die Freunde auf eine Suche begeben: auf die Suche nach der Liebe. Zwei Freunde, 7000 Kilometer, eine Motorrikscha – und ganz viele Fragen.

Was denken die Menschen in Indien über die Liebe? Was gilt dort als "romantisch", wie sieht eine Hochzeit aus und wie läuft das mit der Ehe dort? Das war sozusagen der Reiseplan des Reporterteams, das sich Culture Curry nennt. In einer Motorrikscha machten sie sich auf den Weg und hielten überall dort an, wo ihnen das Thema Liebe über den Weg lief. Der Trip führte sie zum Beispiel nach Udaipur, nach Kalkutta oder weit raus aufs platte Land.

"Das Gefühl der Liebe, das unterscheidet sich nicht – egal, von wo man herkommt auf der Welt."
Christina Franzisket, Journalistin

Unterwegs haben sie viele Paare kennengelernt, erzählt Christina, und jedes hatte etwas über die Liebe zu erzählen. "Das Gefühl der Liebe in Indien ist sicher das Gleiche", sagt sie. Doch in Indien werden die Menschen noch immer überwiegend arrangiert verheiratet, die Eltern suchen den Partner aus. Und das war für die Journalistin erst mal überhaupt nicht vorstellbar.

"Es heißt nicht per se, dass eine arrangierte Ehe schief laufen muss. Es kann schon auch gut gehen."
Christina Franzisket, Journalistin

Im Weltempfänger-Interview erzählt sie, wie sich ihre Meinung dazu änderte: Kanika, eine indische Freundin, erzählte ihr, dass sie arrangiert verheiratet werden sollte. Für Christina war das ein Schock, weil sie ihre Freundin als sehr weltoffen und emanzipiert kannte – eine arrangierte Ehe schien im Widerspruch dazu zu stehen. Sie hatte das Gefühl, ihre Freundin retten zu müssen. Nur: Die wollte überhaupt nicht gerettet werden.

Eine indische Braut
© Nagender Chhikara
Kanika an ihrem Hochzeitstag (Delhi, Indien)

Polygamie ist in Indien rechtlich verboten, wird aber praktiziert

Auf ihrer Reise begegneten ihr viele weitere Gesichter von Liebe und Beziehung, die für sie erst mal ungewohnt waren. Gleich zu Anfang schon in einem Bauerndorf im Norden des Landes: Dort traf das Reporterteam Nisha, die sich zusammen mit ihrer Schwester den Ehemann teilen muss.

In Indien ist Polygamie zwar rechtlich verboten, erzählt Christina, sie wird in der normalen Bevölkerung aber nach wie vor praktiziert. In Nishas Fall sei das Ergebnis ein Leben ohne Romantik und voller Eifersucht und Missgunst, in dem zwei Frauen um einen Mann buhlen, den sie sich wahrscheinlich selbst niemals ausgesucht hätten.

Die Liebe wird unter Sorgen begraben

Liebe, so hat sie gelernt, hat in Indien auch etwas mit Luxus und mit sozialer Schicht zu tun. Gerade in den ärmeren Familien hat das ganz pragmatische Gründe – für Intimität fehlt schlicht der Platz: "Wenn die Familie abends auf dem Sofa sitzt, dann wird da nicht gekuschelt. Das wird nicht so öffentlich ausgelebt, das passiert hinter verschlossenen Türen". Und ohne Platz könne man Liebe und Zärtlichkeit eben nicht leben.

"Allein schon die Raumfrage steht der Liebe im Wege. Wenn sich eine Großfamilie zwei Zimmer teilt, wo bleibt da der Raum für Zärtlichkeiten, die ja in der Öffentlichkeit und auch innerhalb der Familie nicht akzeptiert sind?"
Christina Franzisket, Journalistin

Angesichts der riesigen Armut in Indien würde das Thema Liebe dort häufig unter Sorgen "begraben", hat ihr ihr Kumpel Nagenda erklärt.

Aber Christina hat auch schöne Erfahrungen gemacht. Sie berichtet von arrangierten Paaren mit Schmetterlingen im Bauch, von glücklichen und respektvollen Ehen. Ihre Vorstellungen von Liebe und Beziehung, die durch die westliche Kultur geprägt sind, wurden ziemlich auf die Probe gestellt, sagt sie. Nach wie vor könne sie sich aber ein Leben im indischen System nicht vorstellen. Ihre Freiheit sei ihr zu wichtig.

"Mein Bild von Liebe wurde bei dieser Reise wirklich mehrmals auf den Kopf gestellt. Und ich habe auch ganz oft an mir selbst oder an meinen Vorstellungen gezweifelt."
Christina Franzisket, Journalistin

Im Interview erzählt Christina außerdem von der schönsten Erfahrung ihrer Reise – der Suche nach einem Mann, der aus Liebe einen Berg gespalten hat –, von einer abgefahrenen indischen Hochzeit und sie berichtet, ob die arrangierte Ehe ihrer Freundin Kanika funktioniert hat oder nicht. Das ganze Interview hört ihr, wenn ihr oben auf den Playbutton klickt.

Shownotes
Reportagereise
Auf den Spuren der Liebe durch Indien
vom 11. Januar 2020
Moderatorin: 
Anna Kohn
Gesprächspartnerin: 
Christina Franzisket, Journalistin