Drogen, Waffen oder Kinderpornografie - das Darknet gilt als dunkler Hinterhof, in dem sich so ziemlich alles kaufen lässt, was für Kriminelle lukrativ ist. Angesichts der Knappheit von Corona-Impfstoffen blüht dort nun auch der Handel mit diesen Substanzen, sagen Sicherheitsforschende und die BBC.

Auf der einen Seite gibt es den Luxus-Impftourismus: Da fahren manche Menschen nach Dubai in den Impfurlaub, um sich vor allen anderen gegen Corona zu schützen. Gleichzeitig steigt die Zahl der Corona-Impfdosen, die im Darknet angeboten werden, berichten Sicherheitsforschende der Firma Checkpoint und ein Team der BBC.

Steigendes Angebot nicht nur Impfstoffen

Im Vergleich zum Jahresbeginn sei eine Verdreifachung zu beobachten: Auf die mehr als 1000 Anzeigen stoße man demnach relativ leicht, wenn man über den Tor-Browser in die digitale Unterwelt einsteigt. Zu kaufen gibt es im Darknet aber nicht nur Impfstoffe, sondern auch gefälschte Impfzertifikate oder falsche negative Coronatest-Bescheinigungen.

"Der zuletzt in die Schlagzeilen geratene Impfstoff von AstraZeneca kostet im Darknet mit etwa 500 US-Dollar pro Dosis am wenigsten."
Andreas Noll, Deutschlandfunk-Nova-Netzreporter

Was eine Impfdosis im Darknet wert ist, kommt auf den Impfstoff an. Die Rangliste der Preise ist dabei nicht überraschend, sagt unser Netzreporter Andreas Noll. Der zuletzt kritisierte AstraZeneca-Impfstoff ist mit 500 US-Dollar am "günstigsten", danach folgen Johnson & Johnson, der russische Impfstoff Sputnik V und schließlich für 700 US-Dollar das chinesische Vakzin Sinopharm.

Geliefert werden sollen die Impfdosen in den USA angeblich über Nacht und in den Rest der Welt per Express ebenfalls sehr schnell. Mengenrabatte gibt es auch. Angebote finden sich von anonymen Anbietern aus ferneren Ländern, aber auch aus Deutschland, Spanien oder Frankreich.

Existieren die Impfdosen überhaupt?

Ob der Schwarzmarkt hier Handel mit real existierenden Impfdosen betreibt - oder ob hier mit Produkten geworben wird, die in Wahrheit überhaupt nicht lieferbar sind - konnten die Forschenden nicht zweifelsfrei klären. Bei einem Testkauf, den sie versucht haben, sind sie tatsächlich auf einen Betrüger gestoßen, der nicht geliefert hat. Das lässt aber nicht den Schluss zu, dass bei allen Angeboten so sein muss.

Keine Garantien

Die Europäische Polizeibehörde Europol hat bereits vergangenes Jahr vor gefälschten Impfstoffen gewarnt. Wie man sich aus der west-europäischen Perspektive auf solche Angebote einlassen kann, sei schwer vorstellbar, sagt Andreas Noll: Potenzielle Kunden bekommen weder eine zertifizierte Garantie, dass es sich auch wirklich um den bestellten Impfstoff handelt, noch eine Absicherung, dass auch beim Transport alle Vorschriften eingehalten wurden, damit der Impfstoff überhaupt noch wirksam ist.

"Welches Ausmaß die Schwarzmarkt-Aktivitäten haben, lässt sich derzeit mit den öffentlich verfügbaren Informationen nicht seriös beurteilen."
Andreas Noll, Deutschlandfunk-Nova-Netzreporter

Trotzdem: Der Corona-Impfstoff ist derzeit weltweit so begehrt, dass es sicher Schwarzmarktaktivitäten gibt, sagt unser Netzreporter. Welches Ausmaß diese haben, lasse sich mit den öffentlich verfügbaren Informationen momentan allerdings nicht wirklich verlässlich einschätzen.

Experten empfehlen länderübergreifende Dokumentation

Das gelte genauso auch für den Handel mit gefälschten Impfzertifikaten. Die Bescheinigungen sind ab circa 150 US-Dollar im Darknet erhältlich, bezahlt wird mit Bitcoin. Menschen, die sich darauf einlassen, gehen ein hohes Risiko ein. Denn für das gefälschte Impfzertifikat müssen sie ihre wahre Identität offenlegen. Dass der Leiter der Checkpoint-Forschergruppe von Käufen im Darknet - ob nun Zertifikat oder Impfstoff - dringend abrät, ist wenig überraschend.

Den Behörden, die gegen diese Darknet-Angebote vorgehen wollen, empfehlen die Sicherheitsexperten eine fälschungssichere und länderübergreifende Dokumentation der Corona-Impfungen mit QR-Codes. Nur so seien Fälschungen schnell zu enttarnen.

Shownotes
Geschäftsmodell Pandemie
Corona-Impfung aus dem Darknet
vom 25. März 2021
Moderation: 
Till Haase
Gesprächspartner: 
Andreas Noll, Deutschlandfunk-Nova-Netzreporter