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Viele Menschen in Deutschland haben das Gefühl, ihre Meinung nicht frei äußern zu können, sagt der Politikwissenschaftler Richard Traunmüller. Das sollten wir ernst nehmen, mahnt er, und plädiert für eine neue Perspektive auf Meinungsfreiheit.

Schaut man sich die weltweiten Rankings an, ist es um die Meinungsfreiheit in Deutschland gut bestellt. Unsere Verfassung garantiert uns dieses Recht.

"Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten [...]."
Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland, Artikel 5, Absatz 1

Trotzdem glaubt ein nicht kleiner Teil der Menschen in Deutschland, nicht frei sprechen zu können, sagt der Politikwissenschaftler Richard Traunmüller mit Verweis auf eine Allensbach-Umfage (hier als PDF abrufbar), zu der es allerdings auch kritische Stimmen gibt.

Angst, frei zu sprechen – trotz Meinungsfreiheit

Wenn das zutrifft, haben wir ein Problem: Die Meinungsfreiheit ist ein Grundpfeiler einer stabilen Demokratie. Und in der Tat: Die Debattenkultur und das Diskussionsklima in Deutschland stehen vielfach in der Kritik – spätestens seit der Corona-Pandemie.

"Warum glauben die Bürger eigentlich, dass sie ihre Meinung nicht mehr frei sagen können?"
Richard Traunmüller, Politikwissenschaftler
Richard Traunmüller bei einem Vortrag. Er trägt ein weißes Hemd.
© KIT / Felix Grünschloss
Der Politologe Richard Traunmüller lehrt an der Uni Mannheim. Zu seinen Arbeitsschwerpunkten gehören Meinungsfreiheit und Zensur.

In seinem Vortrag geht Richard Traunmüller der Frage nach, warum manche Bürger und Bürgerinnen glauben, ihre Meinung nicht mehr frei sagen zu können, was möglicherweise Tabu-Themen sind und wer oder was es ist, von dem jene Menschen sich eingeschränkt fühlen.

"Meinungsfreiheit herrscht dann, wenn es relativ unwahrscheinlich ist, dass Sie sanktioniert werden, wenn Sie sagen, was Sie denken, und wenn die Kosten dafür auch relativ gering sind."
Richard Traunmüller, Politikwissenschaftler

Um das Problem in den Blick nehmen zu können, plädiert der Politikwissenschaftler dafür, den Begriff der Meinungsfreiheit weiter als allgemein üblich zu fassen: Meinungsfreiheit sollte demnach nicht nur rein juristisch betrachtet werden. Auch andere Faktoren, die von der freien Meinungsäußerung abhielten, müssten mit einbezogen werden.

"Nur, weil in einer liberalen Demokratie die Kritiker nicht gleich ins Gefängnis kommen, heißt das nicht, dass es nicht Mechanismen gibt, die genauso einen Einfluss haben können auf die Meinungsfreiheit."
Richard Traunmüller, Politikwissenschaftler

Konkret geht es Richard Traunmüller dabei vor allem um befürchtete soziale Kosten: Meinungsfreiheit herrscht dann, argumentiert er, wenn es relativ unwahrscheinlich ist, aufgrund seiner Meinung sanktioniert zu werden.

Widerspruch muss ausgehalten werden

Widerspruch darf natürlich sein und muss auch ausgehalten werden, das räumt der Politikwissenschaftler ein. Aber er betont: "Wenn Bürger sagen, ihnen ist das zu teuer, sie fühlen sich nicht frei, dann sollte man das ernst nehmen."

Richard Traunmüller ist Professor für Politikwissenschaft und Empirische Demokratieforschung an der Uni Mannheim. Meinungsfreiheit und Zensur gehören zu seinen Forschungsschwerpunkten. Er ist Mitglied im Netzwerk Wissenschaftsfreiheit, einem Zusammenschluss von Wissenschaftler*innen, die die Wissenschaftsfreiheit durch ideologische Einschränkungen in Gefahr sehen, das aber auch in der Kritik steht aus verschiedenen Gründen. 2020 entzündete sich an einer Studie zur Meinungsfreiheit an Unis, an der Traunmüller beteiligt war, eine öffentliche Debatte, der er sich offen stellte.

Seinen Vortrag mit dem Titel "Wie steht es um die Meinungsfreiheit?" hielt Richard Traunmüller am 27. Juni 2024 am Karlsruher Institut für Technologie in der Reihe Colloquium Fundamentale. Im Sommersemester 2024 stand diese Reihe unter dem Titel Was ist Freiheit?. Veranstalter dieser Reihe ist stets das Zentrum für Angewandte Kulturwissenschaft (ZAK) am KIT, das im Oktober 2024 in Studium Generale. Forum Wissenschaft und Gesellschaft (FORUM) umbenannt wurde.

Shownotes
Demokratie und Debattenkultur
Von der Angst, seine Meinung zu sagen
vom 07. Februar 2025
Moderation: 
Katrin Ohlendorf
Vortragender: 
Richard Traunmüller, Politikwissenschaftler, Universität Mannheim
  • Einführung
  • Vortragsbeginn
  • Grundlagen: Wie wird Meinungsfreiheit definiert?
  • Vorschlag eines Alternativmodells: Meinungsfreiheit als graduelles Phänomen
  • Zahlen: Empirische Ergebnisse zur (gefühlten) Meinungsfreiheit
  • Fazit
Quellen aus der Folge: