Die deutsche Sprache wird von Menschen aus anderen Ländern oft als hart und aggressiv wahrgenommen. Warum ist das eigentlich so?
François Conrad kennt sich mit der deutschen Sprache aus: Er ist promovierter Sprachwissenschaftler und wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Germanistische Linguistik an der Leibniz Universität Hannover, außerdem norddeutscher Science-Slam-Meister, Deutscher Vize-Meister des Science Slam 2019 und nicht zuletzt Autor des Buches: "Warum Deutsch bellt und Französisch schnurrt".
"Ich bin gebürtiger Luxemburger. Wir haben das Deutsche nachgeäfft oder nachgebellt. Für unsere Ohren war das hart und wie ein Hundegeräusch."
Dem Deutschen haftet zum einen die Nazi-Vergangenheit an und die typischen Nazi-Reden, sagt François Conrad. Die Charakterisierung der Deutschen in manchen Hollywood-Filmen trage dazu bei.
Deutsch hat ein Image-Problem
Der zweite Aspekt, und darum gehe es vor allem in seinem Buch: Rein sprachlich gebe es tatsächlich ein paar Gründe, die das Deutsche beim Thema "Härte" ein bisschen hervorstechen lassen.
1. Der deutsche Knacklaut
Ein deutsches Wort, das mit einem Vokal beginnt, fangen wir in der Aussprache nicht mit einem Vokal an, sondern mit einem Knacklaut, sagt François Conrad. Und der klinge wie ein Mausklick.
"Der deutsche Knacklaut klingt wie eine Computermaus: ein kleines Klicken. Das ist, wenn die Stimmbänder einmal auf- und zugehen."
Beispiel: Bei einem Satz wie "Alles ist in Ordnung" würden die meisten Sprachen die vier Wörter verbinden zu "AllesistinOrdnung". Im Deutschen werde vor den einzelnen Wörtern aber immer eine Mini-Pause gemacht. Genau diese Pause sei der Knacklaut, erklärt François Conrad. Wir sprächen ihn immer mit, um alle Wörter auch schön voneinander zu unterscheiden.
2. Die Auslautverhärtung
Und dann wäre da noch die sogenannte Auslautverhärtung. Der Begriff steht für das Phänomen in manchen Sprachen, dass sogenannte Geräuschkonsonanten am Ende einer Silbe stimmlos gesprochen werden. Beispiel: Beim Wort "Hund" etwa betonen wir das weiche "d" wie ein hartes "t", sagt François Conrad, oder beim Wort "klug" das "g" wie ein "k".
Diese Auslautverhärtung sei eine konsequente Regel im Deutschen, die andere Sprachen so nicht hätten. Wenn Deutsche dann zum Beispiel Englisch sprechen, wird bei ihnen aus dem Wort "dog", das Briten hinten weich betonen, gerne mal das Wort "dock" – was wiederum ein andere Bedeutung hat.
3. Die deutschen Silbenstrukturen
Und schließlich haben wir noch die Silben, aus denen Wörter bestehen. Die deutschen Silben sind im Vergleich zu den anderen Sprachen der Welt äußerst komplex, sagt François Conrad.
"Ich würde sagen: Die deutschen Silben sind die komplexesten Silben der Welt."
Beispiel: Das Wort "Strumpf" etwa sei für Deutsche leicht auszusprechen – aus Gewohnheit, weil sie es gelernt hätten. Es bestehe allerdings aus drei Konsonanten vor dem Vokal und dann noch mal drei Konsonanten danach – insgesamt sind das also sechs Konsonanten in einer Silbe. Im Vergleich zu den Sprachen der Welt sei das extrem selten.
Deutsch ist schwer zu artikulieren
Es gebe viele Menschen, die das Deutsche deswegen so schlecht aussprechen können, weil es im Mund so aufwendig zu artikulieren ist, erklärt François Conrad. Ein Gegenbeispiel sei das Spanische, das habe sehr einfache Silben, oft folgten Vokal und Konsonant aufeinander.
Das Buch von François Conrad, das übrigens diesen März im Duden Verlag erschienen ist, bezieht sich auf das Hochdeutsche. Alle Dialekte einzubeziehen, wäre äußerst aufwendig. Natürlich würden einige Dialekte sehr viel weicher klingen, etwa das Schwäbische. Doch selbst der schwäbische Dialekt würde im Ausland eher als hart wahrgenommen.