Das Parlament Ugandas hat ein drastisches Gesetz gegen Homo- und Transsexuelle beschlossen. UN, USA und weitere westliche Staaten kritisieren das sehr deutlich. Nun könnten dem ostafrikanischen Land Strafen drohen. Was würde das bewirken?

UN-Menschenrechtskommissar Volker Türk nannte das Gesetz "eines der schlimmsten seiner Art in der Welt". Durch ihre bloße Existenz würden lesbische, schwule und bisexuelle Menschen in Uganda zu Kriminellen.

Kritik: "systematische Verletzung von Menschenrechten"

Das Gesetz könnte zu einer Blankovollmacht für die "systematische Verletzung nahezu all ihrer Menschenrechte und zur Aufstachelung der Menschen gegeneinander“ werden, befürchtet Volker Türk. Amnesty International spricht von einem "schwerwiegenden Angriff" auf LGBTQI+-Menschen.

"Wer anders als heterosexuell lebt, muss laut dem geplanten Gesetz mit 7 bis 20 Jahren Gefängnis oder einer hohen Geldstrafe rechnen. Bei 'schwereren Vergehen' droht die Todesstrafe."
Julian Kuper, Deutschlandfunk-Nova-Nachrichtenredaktion

Wer anders als heterosexuell lebt, muss laut dem geplanten Gesetz mit sieben bis zu 20 Jahren Gefängnis rechnen, oder zumindest mit einer hohen Geldstrafe. Bei "schwereren Vergehen" droht im schlimmsten Fall sogar die Todesstrafe. Was genau mit diesen "schweren Vergehen" gemeint ist, wurde bisher nicht präzisiert.

Aber nicht allein LGBTQI+ selbst werden mit dem Gesetzesvorhaben an den Pranger gestellt. Auch Menschen, die zum Beispiel eine Wohnung an ein schwules Paar vermieten, müssen mit bis zu einem Jahr Gefängnis rechnen.

USA denken über Strafen nach

In den USA wird deshalb über Strafen nachgedacht: Wenn das Gesetz wirklich in Kraft trete, müsse man über wirtschaftliche Konsequenzen nachdenken, sagte etwa der Kommunikationsdirektor des Nationalen Sicherheitsrats John Kirby. Die Hilfsgelder für Uganda zu streichen, hält er allerdings für sehr hart – die USA leisten dort viel Unterstützung im Gesundheitsbereich.

Das ugandische Parlament hat das Gesetz zwar beschlossen. In Kraft tritt es aber erst, wenn Ugandas Langzeitpräsident Yoweri Museveni (er ist seit 1986 im Amt) es unterschreibt. Dass er das Gesetz befürwortet, hatte der 78-Jährige aber bereits vor der Abstimmung angekündigt.

"They are the ones who are provoking. They are really… the english word is: insufferable."
Yoweri Museveni, Ugandas Präsident

Die Homosexuellen seien "diejenigen, die provozieren", sagte er in einer Rede, sie seien "wirklich unerträglich", so Museveni. Die westlichen Länder würden erreichen wollen, dass Homosexualität bejubelt würde – deswegen müsste Uganda zum Gegenschlag ausholen.

Zwei letzte Hoffnungsschimmer gibt es noch für die Gegner des Gesetzes, erklärt Julian Kuper aus der Deutschlandfunk-Nova-Nachrichtenredaktion:

  • Museveni hatte 2014 bereits schon einmal ein Gesetz in Kraft gesetzt, nach dem Homosexuelle lebenslang ins Gefängnis sollten. Dieses wurde dann vom obersten Gericht gestoppt.
  • Ein weiteres Gesetz hatte er 2020 erst gar nicht unterschrieben, weil er wohl doch Sorge vor zu viel Kritik aus dem Westen hatte - und vielleicht davor, dass dann wichtige Gelder fehlen.

Unerträgliche Lebensbedingungen für LGBTQI+

Sari lebt in Ugandas Hauptstadt Kampala. Die heute 23-jährige wurde als Mann geboren und lebt jetzt als Frau. Für sie ist die ganze Situation furchtbar, hat sie unserer Korrespondentin Antje Diekhans erzählt. Auch ohne das Gesetz seien die Lebensbedingungen für sie unerträglich. Vor einiger Zeit wurde sie schwer attackiert – jemand hatte versucht, ihr die Hoden abzuschneiden.

"Ich wurde geschlagen und getreten, sie haben mir ein Stoffstück in den Mund gestopft, damit ich nicht schreien konnte. Ich hörte, dass ein Messer aufklappte. Sie haben mir die Hose runtergezogen und versucht, mir die Hoden abzuschneiden."

Sari hat die Tat angezeigt – die Angreifer sind aber nicht verfolgt worden, sagt sie.

Homosexualität als eine Ideologie des Westens

Die meisten Menschen in Uganda sind für das geplante Gesetz, berichtet Julian Kuper. Gerade in den letzten Monaten seien viele Verschwörungserzählungen im Umlauf gewesen. Demnach würden internationale, vor allem westliche Kräfte versuchen, die Homosexualität in Uganda zu fördern. Teilweise wird diese Sichtweise auch von Politikern verbreitet: Homosexualität als eine Ideologie des Westens, die Afrika aufgedrückt werden soll.

In fast allen Ländern Ostafrikas droht Homosexuellen eine Haftstrafe, in Somalia sogar die Todesstrafe. Kenias Präsident hat Anfang März gesagt, Homosexualität habe in seinem Land keinen Platz. Seine Frau rief einen Gebetstag gegen Homosexualität aus. Und eine führende Politikerin der Regierungspartei Tansanias hat gerade erst die Kastration homosexueller Menschen gefordert.

Info: Unser Bild zeigt einen Demonstranten einer Pride-Demo im August 2014 in der Stadt Entebbe - schon damals war Homosexualität in Uganda illegal und die Demonstrierenden begaben sich wissentlich in große Gefahr.

Shownotes
Diversität
Heftige Kritik an Ugandas Anti-LGBTQI+-Gesetz
vom 23. März 2023
Moderation: 
Till Haase
Gesprächspartner: 
Julian Kuper, Deutschlandfunk-Nova-Nachrichtenredaktion