Im Netz sorgt ein Video für Wirbel, in dem Bundeskanzler Olaf Scholz scheinbar einen Verbotsantrag für die AfD stellen will. Das Video wurde als Fake entlarvt und ist inzwischen teilweise gesperrt.
Hinter dem Fake-Video steht das Zentrum für Politische Schönheit (ZPS), ein Zusammenschluss von Aktionskünstlern und Kreativen. Sie sehen ihre Gruppe als eine Denkfabrik, die Menschenrechte mit Aktionskunst verbinden soll.
Das ZPS hat das gefakte Scholz-Video produziert. Die gesamte Rede wurde aus anderen Scholz-Reden von einer Künstlichen Intelligenz (KI) zusammengebaut. Mittlerweile ist das Video auf Instagram verschwunden. Die Bundesregierung hat es sperren lassen. Es liegen außerdem Löschanfragen für YouTube, X und Facebook vor.
Bundesregierung sieht Gefahr für Gesellschaft und Politik
Die Urheber des Videos sprechen von Kunst. Die Bundesregierung sieht das anders. Ein Regierungssprecher erklärt die Sperrung des Videos mit einer "großen Gefahr für die Gesellschaft und Politik". Mit dem Video könne die öffentliche Meinung manipuliert oder politische Prozesse gezielt beeinflusst werden.
Der Schritt kommt nicht überraschend, denn Regierungssprecher Steffen Hebestreit hatte schon Anfang der Woche scharfe Kritik an dem Video geübt und gewarnt, dass derartige täuschend echte bewegt Bilder Verunsicherung schüren und manipulativ sind.
"Wir nehmen das überhaupt nicht auf die leichte Schulter."
Kritik ist das ZPS gewohnt, es hat schon öfter mit umstrittenen Aktionen für Aufsehen gesorgt. 2017 hat das ZPS ein Holocaust-Mahnmal vor der Haustür des AfD-Politikers Björn Höcke errichtet.
Künstlervereinigung gegen AfD
Auch dieses Mal geht es gegen die AfD. Die Künstlervereinigung hat nicht nur das KI-Video veröffentlicht, sondern auch gleichzeitig die Website afd-verbot.de ins Netz gestellt. Dort werden etwa Beweise für die Verfassungswidrigkeit der AfD gesammelt.
Bundesregierung sieht Verstoß gegen Marken- und Urheberrechte
Nun gilt in Deutschland die Kunstfreiheit. Die Bundesregierung hat aber offenbar einen anderen Weg gefunden, um das Video sperren zu lassen. Die Kollegen von netzpolitik.org haben vom ZPS erfahren, dass die Regierung über den Umweg der Marken- und Urheberrechte gegangen ist. Denn Bundesadler und Flaggenstab, die am Anfang des Videos eingeblendet werden, sind beim Deutschen Patent- und Markenamt eingetragen.
Verfremdeter Bundesadler in Fake-Video
Der Adler in dem Fake-Videos ist allerdings ein bisschen verfremdet – ob das noch als Verstoß gilt, müsste im Zweifel dann ein Gericht entscheiden. Bei Youtube wurde das Video inzwischen auch in einer geänderten Fassung hochgeladen: dieses Mal ohne Adler und Deutschland-Fahne, aber immer noch die gleiche KI-Rede.
Die Löschanfragen der Bundesregierung könnten für den "Streisand-Effekt" sorgen, vermutet Deutschlandfunk-Nova-Netzreporter Andreas Noll. Heißt: Jetzt wird sich das Fake-Video erst recht verbreiten.
Die Sängerin und Schauspielerin Barbara Streisand hatte 2003 einen Fotografen verklagt, weil auf seinen Fotos von der Kalifornischen Küste auch ihr Haus zu sehen war. Die Leute haben sich daraufhin erst recht die Fotos angeschaut.
"Beim Scholz-Video dürfte den Künstlern der Schritt der Bundesregierung durchaus recht sein. Er sorgt ja für mehr Publicity. Und macht damit die Kunst wertvoller."
Möglich ist, dass einige Leute das Fake-Video tatsächlich für echt halten. Auch wenn die Lippensynchronisation nicht ganz optimal ist, ist der Tonfall des Fake-Bundeskanzlers in der KI-generierten Rede sehr realistisch.
"Da muss die Regierung natürlich etwas tun, denn es geht ja um ihre Glaubwürdigkeit", findet Andreas. Wenn es nun aber bei der Löschung auf einzelnen Plattformen bleibe, dann sei nicht viel gewonnen. Und einen Abschreckungseffekt habe das auch nicht.