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Foodnoise ist, wenn wir ständig ans Essen denken. Eine klinische Diagnose ist das nicht. Noch nicht. Aber es gibt derzeit einige Beiträge dazu im Netz. Wir klären, wann diese Gedanken normal sind und ab wann sie bedenklich werden.

Es gibt kaum Studien, die den Begriff Foodnoise nutzen. Deswegen ist die Ernährungswissenschaftlerin Isabelle Mack von der Uniklinik Tübingen auch kein Fan davon: "Es ist keine klinische Diagnose. Dafür haben wir Essstörungen oder auch die Zwangsstörungen." Aber, wenn es sich um eine Art Selbstfürsorge handelt, dann ist es voll okay, diesen Begriff zu verwenden, sagt sie.

Der Ernährungspsychologe Thomas Elrott von der Uni Göttingen ist hingegen offener, was die Verwendung des Begriffs angeht. "Bei Foodnoise sind wir – sagen wir mal – noch im Betabereich von klinischer Diagnostik, es wird jetzt diskutiert, ob das eine eigenständige Erkrankung ist oder ob man dieses Symptom vielleicht zu anderen Erkrankungen dazuzählt", sagt er.

Gedanken ans Essen – okay oder krankhaft?

Forschende aus den USA haben sich etwa angeschaut, wie wir auf Essensreize reagieren. Zum Beispiel auf Gerüche oder Bilder von Essen auf Plakaten oder auf Social Media. Es gibt auch Reize unseres Körpers wie Magengrummeln. "Und unsere Gene, Stress und wie wir aufgewachsen sind, beeinflussen, wie wir darauf reagieren", erklärt Deutschlandfunk-Nova-Reporterin Julia Demann.

Es gibt viele Faktoren, die unsere Gedanken ans Essen beeinflussen – und dazu führen, dass wir darüber nachdenken: 'Was koche ich heute Abend und was muss ich dafür einkaufen?' oder: 'Hm, morgen kocht mein Partner oder meine Partnerin mein Lieblingsessen' – eben dieses Hintergrundrauschen, das immer mal wieder aufploppt.

Wenn wir jedoch so häufig ans Essen denken, dass es uns im Alltag einschränkt und wir das Gefühl haben, unser Leben deswegen nicht mehr richtig bewältigen zu können, dann könnte das darauf hinweisen, dass wir ein Problem haben.

Besonders anfällig sind Menschen mit Essstörungen wie Magersucht, Bulimie oder der Binge-Eating-Störung. Das bezeichnet, wenn man oft Heißhunger-Attacken verspürt. Aber auch Menschen, bei denen Essen eine emotionale Rolle spielt, wenn sie so aufgewachsen sind, dass Essen als Trost oder Belohnung eingesetzt wurde.

"Dann drehen sich die Gedanken auch immer darum: Was kann ich gesundes Essen oder wie kann ich verhindern, dass ich essen muss?"
Julia Demann, Deutschlandfunk Nova

Um festzustellen, ob wir ein Problem haben oder nicht, kann es helfen, ein Tagebuch zu führen. Um zu beobachten: Wann sind die Gedanken besonders laut. Und wie viel Zeit des Tages verbringen wir mit Gedanken ans Essen? Das kann auch Bestandteil einer Therapie sein.

Meist geht es aber gar nicht nur ums Essen. Die Ernährungswissenschaftlerin Isabelle Mack beobachtet, dass es oft generell an Struktur im Alltag fehlt. "Und deswegen ist es so wichtig, dass man sich damit beschäftigt: Habe ich eine vernünftige Mahlzeitenstruktur, wo ich auch meinem Körper ausreichend Energie gebe, habe ich genug Regenerationszeit. Wie gehe ich mit Stress um?", so Isabelle Mack. Sie sagt auch, dass sich vieles regelt, wenn wir einmal eine Struktur gefunden haben.

"Wenn wir in eine gewisse Grundstruktur kommen, dann sortieren sich viele Dinge teilweise von alleine. Wenn der Körper gut versorgt ist, muss ich nicht die ganze Zeit an Essen denken."
Julia Demann, Deutschlandfunk Nova

Wenn es in Richtung Binge-Eating geht, dann kann eventuell ein Medikament helfen, das auch in manchen Abnehmspritzen drin ist. Leute, die es bekommen, berichten, dass sie viel weniger an Essen denken und empfinden es als Erleichterung, berichtet Julia Demann: "Das macht auch Sinn: Denn das Medikament ähnelt einem Hormon, das Sättigung vermittelt und den Appetit verringert. Das wirkt also nicht nur im Magen-Darm Bereich, sondern auch im Hirn."

Menschen, die sich selber eher einschränken beim Essen und für sich immer mehr Nahrungsmittel ablehnen, kann eine kognitive Verhaltenstherapie helfen. Mit deren Hilfe können dann bestimmte Verhaltensmuster durchbrochen werden.

  • Kurz und Heute
  • Moderatorin: Anke van de Weyer
  • Gesprächspartnerin: Julia Demann, Deutschlandfunk Nova