Der bayerische Ministerpräsident Markus Söder verschickt jährlich 635.000 Geburtstagsgrüße und Hochzeitsgratulationen per Post. Damit ist er einsame Spitze unter den Ministerpräsident*innen. Aber auch Firmen schicken Grüße zum Geburtstag. Sind solche Glückwünsche schlaue PR oder schreckt uns das eher ab? Und: Dürfen die das überhaupt?
Wie viele Geburtstagsmails und Briefe oder Postkarten bekommt ihr an eurem großen Tag? Vielleicht lebt ihr in Bayern und es war auch schon mal eine vom Ministerpräsidenten dabei. Der lässt nämlich pro Jahr 635.000 Grußkarten verschicken. Damit übertrifft Söder ganz allein alle anderen Ministerpräsident*innen zusammen um mehr als das Dreifache, hat eine dpa-Umfrage bei den Staats- und Senatskanzleien ergeben.
Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann liegt auf Platz zwei, mit "nur" 80.000 Gratulationskarten im Jahr. Alle Landesregierungen haben Zahlen rausgegeben, nur die aus Schleswig-Holstein fehlen.
Söder findet mehr Anlässe
Markus Söder hat die Regeln verändert, wann Karten rausgeschickt werden: Er schickt nicht nur zum 90., 95. oder 100. Geburtstag Grüße raus, wie es die meisten anderen Minister*innen machen. In Bayern geht es schon beim 18. Geburtstag los – und später dann ab dem 70. in 5-Jahres-Schritten. Außerdem flattern auch ab dem 60. Hochzeitsjubiläum Grüße ein.
"In der Haushaltsplanung für 2020 hat Söder fast fünf Millionen Euro mehr eingeplant unter dem Punkt 'Mehrbedarf für die Erstellung und den Versand von Gratulationsschreiben des Herrn Ministerpräsidenten'."
Der bayrische Ministerpräsident hat die Anzahl an Grußkarten, die im Jahr in Bayern verschickt werden, bereits mehrfach angepasst, schreibt die dpa. Seine Vorgänger haben demnach nicht so viele Grüße verschickt. In der Haushaltsplanung für 2020 hat Söder beispielsweise fast fünf Millionen Euro mehr eingeplant unter dem Punkt "Mehrbedarf für die Erstellung und den Versand von Gratulationsschreiben des Herrn Ministerpräsidenten". Damals haben dann erstmals 18-jährige Post von ihm bekommen.
Kritik von der Opposition
Die Opposition in Bayern hatte das deutlich kritisiert: Claudia Köhler, haushaltspolitische Sprecherin der Grünen, hatte von einem “überbordenden Mitteilungsbedürfnis” gesprochen. Söder nutze Steuergelder, um Werbung in eigener Sache zu machen.
Laut Finanzministerium in München dienen die guten Wünsche der demokratischen Kultur. Sie schüfen eine persönliche Verbindung zwischen den Bürgerinnen und Bürgern und ihrer Regierung und pflegten diesen wichtigen Kontakt.
Demokratische Kultur oder Marketingstrategie
Klar ist aber auch: Geburtstagswünsche sind längst Teil von Marketingstrategien, egal, ob sie per Post oder Mail kommen. Das Netz ist voll mit Tipps, wie Unternehmen ihre Kunden am Geburtstag anschreiben sollten: Möglichst persönlich soll es sein mit einer direkten Anrede, die Mail soll festlich aussehen und es sollte ein kleines Geschenk geben, dazu dann am besten noch eine persönliche Signatur.
"Die Politik adaptiert quasi das, was auch am Markt funktioniert. Solche Mails werden sehr gerne geöffnet, hier wird auch gerne geklickt."
Aljoscha Lachmann arbeitet für das Software-Unternehmen inxmail. Er berät Firmen, wie diese am besten Geburtstagsmails verschicken. Die Politik adaptiert, was am Markt funktioniert, sagt er. Ein Geburtstag sei ja oft auch mit einem Gutschein versehen. Daher hätten solche Mails eine besonders hohe Öffnungsrate, etwa im Vergleich zu Newslettern. Geburtstagsmails sorgten für deutlich mehr Interaktionen.
"Die Beziehung verstärken, Aufmerksamkeit generieren, eine Wertschätzung aussprechen. Umso personalisierter der Geburtstagsgruß ist, umso mehr freue ich mich darüber."
Wenn also Markus Söder "Happy Birthday!" wünscht oder der Sneaker-Hersteller einen Gutschein schickt, dann ist das Ziel ein gutes Image: Du, Bürger, oder du, Käuferin, bist mir wichtig und ich habe an dich gedacht. Ministerpräsident*innen verschicken zwar keine Gutscheine – doch die Strategie funktioniert ähnlich.
Firmen müssen den Datenschutz beachten
Der eigene Geburtstag oder auch die eigene Mailadresse sind personenbezogene Daten. Die Firmen müssen daher nachfragen, ob sie die Daten zu Werbezwecken verwenden dürfen – das sind die berühmten Häkchen, die man anklicken kann, wenn man etwas bestellt.
Wenn Firmen sich nicht daran halten, also sogenannte unrechtmäßige Datenverarbeitung betreiben, dann kann das richtig teuer werden und im äußersten Fall mit einer Strafe von bis zu 20 Mio. Euro enden, sagt der Wirtschaftsrechtler Andreas Bauer im Gespräch mit Horizont.